Kapitel 16

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Wir kamen gerade zurück von der Konferenz, während der ich Liam die ganze Zeit beobachtet habe und versuchen musste nicht zu sabbern. Wie er selbstbewusst da vorne gestanden ist und perfekt über seine Firma und das Geschehen Bescheid wusste. Es war zum dahinschmelzen. Dennoch vermutete ich, dass es eine schwere Last war in so einem jungen Alter eine so große Firma zu leiten.

"Du hast das wirklich sehr toll gemacht. Das meiste was du gesagt hast, habe ich zwar nicht so ganz verstanden, weil ich nur auf deine Gestik und Mimik geachtet habe. Aber du hast meinen Respekt.", ich grinste und strich mit meinen Händen über seine breiten Schultern.

Seine blauen Augen funkelten und er strich mein Haar zur Seite. "Ein Kompliment von dir bedeutet mir alles.", Liam fuhr mit seinem Daumen über meine Lippen und küsste mich zärtlich. "Komm mit, ich zeig dir etwas.", meinte er und führte mich zu seinem großen Schreibtisch. "Was möchtest du mir denn zeigen?", fragte ich nach und musterte die Tischplatte. Sein Bildschirm, die Tastatur und die Maus lagen im perfekten Winkel zueinander. Ein Behälter mit Kugelschreibern stand rechts in der Ecke und ein Notizblock auf der linken Seite.

Zum ersten Mal stand ich auf dieser Seite des Schreibtischs und sah das Büro aus einer neuen Perspektive. Außerdem entdecke ich zwei Bilderrahmen neben seinen Unterlagen. Auf dem linken Bild war er zusammen mit seinen Eltern zu sehen und auf dem rechten Bild lag ich in den Armen von Liam. Bevor ich etwas sagen konnte, machte er es. "Das Bild haben wir in Island gemacht, weißt du noch?", seine Hand lag auf meiner Taille und ich nahm das Bild in meine Hände. "Natürlich kann ich mich daran erinnern.", bei dem Anblick unseres ersten gemeinsamen Urlaubs musste ich lächeln. Sofort stiegen die Erinnerungen in mir hoch.

"Weißt du auch noch was besonderes in Island passiert ist?", er stand schräg hinter mir, nah an meinem Körper und schaute ebenfalls auf das Foto. "Meinst du die Blaue Lagune?", natürlich meinte das nicht, aber ich wollte ihn ein bisschen necken. Verdutzt schaute Liam mich daraufhin an und wusste nicht was er sagen sollte. "Eigentlich wollte ich auf etwas anderes hinaus.", diskret versuchte er mich auf die richtige Fährte zu locken. "Hmm, dann weiß ich nicht was du meinst.", scherzte ich mit ernster Miene und drehte mich in seine Richtung. Er war eindeutig baff und stotterte vor sich hin bis ich ihn endlich erlöste.

"Du hättest dein Gesicht sehen sollen!", lachte ich los und stellte das Bild wieder auf seinen Platz. Liam verstand wohl immer noch nichts. "Denkst du wirklich, ich weiß nicht was du meinst oder ich hätte es vergessen?", ich räusperte mich und versuchte mein Lachen wieder unter Kontrolle zu bringen. Erleichtert hielt Liam sich an die Brust und lächelte.

"Wie könnte ich unsere erste gemeinsame Nacht vergessen?", ich sah zu ihm empor und kreuzte unsere Finger. "Ich habe dir einen Moment lang wirklich geglaubt.", gab er zu und schloss den Spalt zwischen unseren Körpern. "Niemals werde ich unsere gemeinsamen Momente vergessen.", machte ich ihm klar und besiegelte meinen Schwur mit einem Kuss.

Doch das klingelnde Telefon auf seinem Schreibtisch unterbrach uns. Liam seufzte, als wir uns voneinander lösten und drücke genervt den Knopf der Freisprechanlage. "Liam Kennedy.", sagte er und bekam auch sofort eine Antwort. "Mr. Kennedy, ein Mann steht gerade hier und möchte unbedingt zu Ihnen. Er hat keinen Termin, aber er besteht darauf Sie zu sehen.", Stacy musste wohl immer dazwischenfunken. "Wie ist sein Name?", wollte Liam wissen. Aber bevor er eine Antwort bekam, riss bereits jemand wütend die Tür auf und ich konnte nicht glauben wen ich da sah.

"Du denkst wohl, weil du stinkreich bist kannst du mit meiner Tochter anstellen was du möchtest?!", mein Vater warf die Tür hinter sich zu und kam auf uns zu. Liam und ich umrundeten den Tisch und trafen meinen wütenden Vater auf halbem Weg. "Dad!", warum führte er sich so auf?

"Mr. Thompson, ich denke Sie haben da etwas falsch verstanden.", vermutete Liam und mir schoss der Grund für den Aufstand in meinen Kopf. Der Zeitungsartikel. Mein Vater hatte ihn also wirklich gelesen.

Wie aus dem nichts holte mein Vater aus und gab Liam eine harte Backpfeife. Das klatschen tat sogar mir weh, obwohl ich nichts abbekam. Ich riss meine Augen auf und war schockiert über die Tat meines Vaters. "Was machst du denn!", mit erhobener Stimme redete ich auf meinen Vater ein. "Ich lese in der Zeitung, dass meine Tochter vergewaltigt wurde und du behauptest ich habe etwas falsch verstanden?", mein Vater hob seinen Finger und schaute Liam wütend an. Die Anspannung im Raum war beinahe greifbar.

Ich sah in die Augen von Liam, sie waren matt und spiegelten pure Wut wieder. Er war ohne Frage dazu in der Lage meinen Vater ins Koma zu schlagen. Doch er blieb ruhig stehen und hörte meinem Vater zu. "Sir, ich habe alles dafür getan, um sie zu beschützen.", verteidigte er sich nun und verzog dabei keine Miene. "Das war wohl zu wenig! Hast du keinen Anstand? Weißt du denn nicht wie man eine Frau zu behandeln hat, die man liebt?", ich wusste genau wie sehr Liam diese Worte zur Weißglut brachten, was sein angespannter Kiefer bewies.

"Mr. Thompson, ich sage das jetzt nur ein einziges Mal. Bezweifeln Sie niemals, wirklich niemals meine Liebe zu ihrer Tochter.", mit ruhigem, aber drohendem Tonfall stand er meinem Vater gegenüber, der eigentlich auf einer Geschäftsreise in Europa sein sollte. Bevor die Lage eskalierte, drängte ich mich zwischen die beiden Männer und stellte einen Sicherheitsabstand her.

"Liam hat nichts schlechtes gemacht, Dad. Er war immer für mich da, auch nach der Vergewaltigung. Er hat mich unterstützt und den Schuldigen für den Rest seines erbärmlichen Lebens ins Gefängnis gebracht. Ich kann heute hier stehen und so offen darüber sprechen, weil ich einen Mann wie Liam an meiner Seite habe.", erklärte ich meinem sturen Vater und lenkte seine Aufmerksamkeit auf mich. "Ich möchte, dass du ihn nie wieder in Frage stellst oder ihn auch nur ein weiteres Mal schlägst!", fügte ich wütend hinzu.

Plötzlich sah ich Tränen in den Augen meines Vaters und er zog mich in eine Umarmung. "Es tut mir so leid, Alice. Ich konnte nicht für dich da sein. Und der Gedanke daran, dass meiner Tochter so etwas zugestoßen ist, frisst mich innerlich auf.", seine Stimme klang verletzt und er wollte mich nicht mehr loslassen. "Gib dir nicht die Schuld dafür. Ich hatte Unterstützung und das ist was zählt.", tröstete ich ihn, obwohl es eigentlich umgekehrt sein sollte. Zögerlich löste er sich von mir und hielt mich auf einer Armlänge Abstand. "Ich bin so stolz auf dich, mein Kind.", mein Vater wischte sich eine kleine Träne weg und musterte mein Gesicht. Danach wandte er sich an Liam, der schweigend neben uns stand. Seine Wange war rot und er ballte seine Hände immer wieder zu Fäusten und ließ sie wieder locker.

"Liam, es tut mir leid. Mein Vaterinstinkt ist einfach mit mir durchgegangen und es gab keinen Grund dich zu schlagen.", entschuldigte sich mein Vater und seine Augen spiegelten Reue wider. Liam zögerte kurz und atmete tief durch. Ich schämte ich fremd für die Backpfeife und wollte am liebsten im Erdboden versinken. "Ist schon gut, Mr. Thompson. Ich kann Ihre Wut nachvollziehen.", mein Freund nahm die Entschuldigung tatsächlich an. "In ein paar Tagen muss ich wieder weg fliegen. Wenn du bis dahin etwas brauchst, lass es mich wissen. Und behandle meine Tochter weiterhin so gut.", mein Vater zog seinen Mundwinkel hoch und schaute mich an. "Ich werde nichts von Ihnen verlangen.", stellte Liam klar. Das könnte er mit seinem stolz nicht vereinbaren. Aber ihre Tochter werde ich ganz Gewiss wie eine Königin behandeln, Sir.", der zweite Satz ließ mein Herz schmelzen.

"Ich stör' dann mal nicht weiter. Alice, melde dich bei deiner Mutter. Sonst wird sie auch noch hier aufkreuzen.", er lachte und nahm mich nochmal in den Arm. Anschließend reichte er Liam die Hand und machte sich auf den Weg zur Tür. "Und Entschuldigung nochmal wegen der Backpfeife.", wiederholte sich mein Vater als er das Büro verließ. "Auf Wiedersehen, Mr. Thompson.", Liam räusperte sich und strich seinen Anzug glatt. "Tschüss Dad, bis bald.", ich winkte ihm zum Abschied zu und zog meinen Mundwinkel hoch.

You're my bright light in the darkness - Band 2 Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt