Kapitel 13

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Der Balkon des Hotels bot eine schöne Aussicht auf New York am Morgen. Ich lehnte mit den Händen am Geländer und schaute in die Welt hinaus. Doch in meinen Gedanken schwirrte nur eins herum. Meine Beziehung mit Liam. Wie wird es weitergehen? Crystal ist nun zwischen uns und versucht alles, um uns auseinander zu bringen. Sie war wie eine nervige Mücke, die herumfliegt und mitten in der Nacht in mein Ohr summt.

Mein Handy klingelte, weshalb ich es aus meiner Tasche holte und einen Blick darauf warf. Liam hatte mich ein paar mal angerufen und mir nun eine Nachricht geschrieben.
>> Alice wo bist du? Bitte melde dich bei mir, ich mache mir sorgen um dich! << schrieb er. Damon habe ich gesagt, dass ich mich bei Liam melden würde, weshalb ich ihm jetzt auch antwortete.
>> Ich bin in einem Hotel. Mir geht es gut. <<
Gut war nicht unbedingt das richtige Wort, aber sonst würde Liam keine Ruhe geben und sich den Kopf zerbrechen.
>> Wie lange bleibst du weg? << eine neue Nachricht erschien, die ich aber ignorierte. Ich wusste selbst noch nie wie lange ich weg bleiben würde. Verträumt scrollte ich durch mein Handy und sah Claires Kontakt. Sowieso wollte ich mich mal wieder mit ihr treffen und ich brauchte Ablenkung. Ich tippte auf ihre Nummer und hielt mein Handy ans Ohr.

"Das ich das nochmal erleben darf. Ein Anruf von Alice Thompson.", ihre Stimme zu hören brachte mich sofort zum Grinsen. "Es gibt viel zu erzählen. Hast du heute Zeit?", erwiderte ich und schloss die Balkontür. "Bist du etwa immer noch in New York? Ich dachte das wäre nur für kurze Zeit.", es war auch nur für eine kurze Zeit geplant. "Ja ich bin noch hier. Wie gesagt, es gibt viel zu erzählen.", wiederholte ich mich. "Um dreizehn Uhr im Andrew's Coffee Shop.", legte Claire daraufhin fest und sie klang ziemlich neugierig. "Okay, bis dann.", verabschiedete ich mich und legte auf.

"Es ist so schön dich wieder zu sehen.", ich umarmte Claire vor dem Café und betrachtete sie von oben bis unten. "Es ist zu viel Zeit vergangen!", beschwerte sich Claire und gab mir somit recht. "Komm, gehen wir rein.", schlug ich vor und sah gleich einen freien Tisch, an den wir uns setzten. Wir bestellten uns etwas zu trinken und fingen sofort an zu quatschen.

"Jetzt erzähl, was hat dich in New York gehalten?", wie früher auch schon, war sie eine sehr neugierige Person. "Die Firma, für die ich eine Zeit lang hier gearbeitet habe gehört Liam.", beantworte ich ihre Frage ohne lang drum herum zu reden. Claires Kinnlade fiel runter und sie lehnte sich nach vorne.

"Liam Kennedy?", hakte sie nach, was ich mit einem Kopfnicken bestätigte. "Verdammte Scheiße, Alice! Darf ich dich überhaupt noch duzen? Was ist dann passiert?", fragte sie quietschend weiter und schlürfte ihren Kaffee. "Wir sind wieder zusammen gekommen.", enthüllte ich und hob meine Schultern. "Du hast nen mächtigen Fisch an der Angel! Liam Kennedy.. ich glaub es nicht. Aus der High School Liebe ist wohl die wahre Liebe geworden.", schwärmte sie und lächelte. Immerhin war sie der Grund dafür, warum ich Liam näher gekommen war. Sie hatte mich immer wieder dazu gebracht ihn zu treffen. "Ja, das stimmt. Aber jetzt erzähl ein bisschen von dir. Wie läuft es mit Maik?", ich überschlug meine Beine und wartete auf eine Antwort.

"Zurzeit kriselt es ein bisschen, aber wir sind noch ein Paar. Er ist das totale Gegenteil geworden von früher. Ein totaler Gentleman und Romantiker.", und da war er, ihr Augenbrauenwackler. "Außerdem arbeitet er bei Jason im KickBox Studio.", fügte sie hinzu. "Jason hat ein KickBox Studio?", das war mir neu, weshalb ich meine Stirn runzelte.
"Ja, seit mehreren Wochen.", informierte sie mich, "Wusstest du das nicht?"
"Nein, ich hatte in letzter Zeit viel um die Ohren und habe nicht mit ihm gesprochen.", erklärte ich ihr und trank den leckeren Kaffee. "Wo arbeitest du eigentlich?", fügte ich hinzu. "Momentan arbeite ich als Kellnerin in einer Bar .. es ist nichts besonders, aber die Firma, in der ich gearbeitet habe ist Bankrott gegangen.", beichtete meine Freundin und presste ihre Lippen aufeinander.

Der Benachrichtigungston meines Handys ertönte. Ich schaute auf den Bildschirm und sah Damons Namen aufleuchten. Woher hatte er meine Nummer? Jedenfalls schrieb ich nicht zurück, sondern widmete ich mich weiterhin Claire, die gerade eine Zeitung in der Hand hielt. "Hast du schon ..", während ich sie etwas fragen wollte, bemerkte ich ihren komischen Blick. Wie erstarrt schaute sie auf die Zeitung. "Claire?", sie sah mich an und sagte kein Wort. "Was ist denn los?", wollte ich wissen und riss ihr die Zeitung aus der Hand. Ich schaute sie noch kurz an, bevor meine Augen auf die Titelseite wanderten. "Das tut mir so leid.", murmelte Claire.

Ich traute meinen Augen nicht. Es lief mir eiskalt den Rücken hinunter und meine Welt brach erneut zusammen. Alles kam wieder hoch, jede einzelne Sekunde spielte sich vor meinen Augen ab. Wie gelähmt starrte ich auf die Schlagzeile.

Die tragische Vergewaltigung von Alice Thompson.

Mein Herz blieb stehen und ich konnte nicht verstehen, wie das an die Presse gelangen konnte. Meine Beine machten sich selbstständig und ich eilte wie eine verrückte mit der Zeitung in der Hand aus dem Café. Mit schnellen Schritten lief ich den Gehsteig entlang, bis ich in eine Gasse abbog und mich mit dem Rücken an die Wand lehnte. Meine Tränen schossen heraus und ich schluchzte. Die ganze Welt wusste jetzt, was passiert war. Meine Mutter, mein Vater, jeder würde es nun erfahren. Das hatte mir gerade noch gefehlt.

"Alice?", eine bekannte Stimme zog meine Aufmerksamkeit auf sich. "Was ist passiert?", Jason stand vor mir und hielt Abstand von mir. Ich konnte mich nicht mehr auf meinen Beinen halten und sackte auf den Boden. Doch mein gegenüber hielt mich fest und bewahrte mich davor. Er nahm die Zeitung aus meiner Hand und schaute sich die Schlagzeile an. Mit einem wütenden Brummen warf er die Zeitung weg und führte mich von hier fort.

Er öffnete die Tür seines Autos und ich glitt auf den Ledersitz des silbernen BMW 4er Gran Coupé. Jason stieg ein und startete sofort den Motor. Er schlängelte sich durch den Verkehr und drückte aufs Gaspedal. Ich war wie in einer anderen Welt und konnte nicht glauben was gerade passierte. Und wo brachte mich Jason hin? Mein Kopf fühlte sich so schwer an und mein Herz war in viele kleine Stücke zerbrochen.

"Mach dir keine Sorgen, Alice. Wir biegen das wieder hin.", versuchte Jason mich aufzumuntern und schaute kurz zu mir rüber, um zu checken wie es mir ging. "Da gibt es nichts zum hinbiegen.", widersprach ich und starrte aus dem Fenster. "Wer das auch immer weiter erzählt hat wird dafür büßen.", meine Augen wanderten zu ihm und ich sah wie er sich auf die Zähne biss. "Wann wolltest du mir von deinem KickBox Studio erzählen?", wechselte ich das Thema, sonst hätte mich die Last noch erdrückt. "Du solltest eigentlich die erste sein, die es erfährt, aber dann wolltest du keine Männer in deiner Nähe haben, was ich vollkommen verstehen kann.", schilderte er mir und blieb an einer roten Ampel stehen. "Wohin bringst du mich?", fragte ich nun und blickte in seine grünen Augen. "Nach Hause.", meinte er knapp und fuhr über die grüne Ampel. "Ich will nicht nach Hause.", widersprach ich. "Was meinst du?", verwirrt sah er mich an.

"Lange Geschichte. Jedenfalls brauche ich ein bisschen Abstand von Liam und Crystal.", erläuterte ich und biss mir auf die Innenseite meiner Wange. "Crystal Nolan?", woher kannte er ihren Namen. "Ja, aber woher -", er schnitt meinen Satz ab. "Sie war bekannt an der High School bevor sie an eine Privatschule wechselte. Ich kann mir schon vorstellen was sie gesagt hat. Lass mich raten, du bist hinter dem Geld her, du bist unter dem Niveau, du gehörst woanders hin, bla bla bla.", tatsächlich hatte er recht. "Woher weißt du das?", schockiert zog ich meine Augenbrauen hoch. "Hör mal, Crystal Nolan hat das zu jedem gesagt, der ihr oder Liam zu nahe gekommen ist. Wegen so einer solltest du nicht die Beziehung zwischen Liam und dir aufs Spiel setzten.", er öffnete mir die Augen und munterte mich tatsächlich ein wenig auf. Das änderte aber nichts daran, dass nun ganz New York von meiner Vergewaltigung wusste. Und der Gedanke daran riss mich sofort zurück in die Realität.

You're my bright light in the darkness - Band 2 Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt