Kapitel 48

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Die letzten Wochen vergingen wie im Flug. Vor allem wegen der zahlreichen Vorbereitungen für die Hochzeit. Zum Glück half Mrs. Lavoie bei der Planung, sonst wäre ich wahrscheinlich an Überforderung und Stress eingegangen.

In ein paar Tagen war es soweit. Die Hochzeit. Ich erinnerte mich an meine Jugend zurück, als ich noch in Seattle lebte und niemals zu träumen gewagt hätte mit einem steinreichen Mann zu heiraten, der nebenbei auch ziemlich gut aussah. Bei meinen Gedanken musste ich schmunzeln und biss mir dabei auf die Unterlippe.

Unbeschwert saß ich auf der Couch im Wintergarten und beobachtete den Schnee, wie er vom Himmel viel. Ich fühlte mich sehr gut, es war keine Angst zu spüren oder die Gefahr von kalten Füßen vor der Hochzeit. Alles war durchgeplant und nichts stand mehr im Weg. Doch ein Gefühl ließ mich nicht los, dass irgendetwas nicht stimmte. Ich wusste bloß nicht was.

"Hier steckst du. Ich hab dich überall gesucht.", Liam stand im Türrahmen und betrachtete mich. "Gibt es Probleme?", fragte ich instinktiv. "Nein, keine Sorge. Alles wird perfekt.", legte er mir ans Herz und kam auf mich zu. "Warum hast du mich dann gesucht?", wollte ich wissen und formte meine Augen zu einem Schlitz.

"Mrs. Lavoie hat eben angerufen und gesagt, dass dein Hochzeitskleid bereit zur Abholung ist.", informierte er mich und setzte sich. Meine Augen wurden groß und die Freude in mir stieg schlagartig. "Ich werde sofort Claire anrufen und ihr sagen, dass wir es abholen können.", immerhin sollte ich das Kleid nochmal anprobieren, weil es umgenäht werden musste.

Liam antwortete mir nicht, sondern starrte mich eindringlich an. "Hallo?", hauchte ich ihm zu, "Was ist los?"
"Nichts. Du siehst nur so anders aus.", gab er zu und musterte mich konzentriert. Ich konnte mir nicht erklären, was er meinte. "Wie sehe ich denn sonst aus?", hackte ich nach und hob gespannt meinen Kopf.

"Ach, vergiss es. Du siehst wunderschön aus, so wie immer.", schleimte er nun und küsste mich, während er seine Hand auf meine Wange legte. Verwirrt erwiderte ich den Kuss und strich mit meiner Hand über seinen Bizeps, der von dem Stoff seines Hemdes bedeckt war.

Liam verlagerte sein Gewicht so, dass ich auf dem Rücken lag und er über mir lehnte. Er lächelte in den Kuss hinein, den wir keine Sekunde unterbrochen haben. "Ich muss mein Kleid abholen.", wendete ich ein und versuchte ihn von mir zu lösen. Mir war gerade wirklich nicht danach. "Das hat noch Zeit.", brummte er und vergrub sein Gesicht in meiner Halsbeuge, um dort Küsse zu verteilen.

"Liam! Ich möchte das jetzt nicht.", plötzlich war ich wütend, was ich mir selbst nicht erklären konnte. Mein Verlobter löste sich sofort von mir und sah mich verwirrt an. Seine Lippen waren einen Spalt offen und sein Atem ging flach.

"Ist alles okay mit dir?", fragte er einfühlsam und legte seine Hand auf meine. Ich zog sie aber weg und wurde durch diese Frage noch wütender. "Ob alles okay mit mir ist? Fragst du mich das gerade im Ernst, nur weil ich nicht rund um die Uhr mit dir schlafen möchte?", fauchte ich ihn an und erhob mich von der Couch. Liam war genauso schockiert von meinen Worten wie ich selbst.

"Ich gehe jetzt mein Kleid abholen.", sagte ich noch und verschwand dann aus seinem Sichtfeld. Genervt zog ich meinen Mantel und meine Schuhe an, schnappte meine Handtasche und öffnete die Eingangstür.
"Ms. Thompson, kann ich Ihnen behilflich sein?", Zack kam wie immer aus dem Nichts und stand neben mir. "Nein, danke. Ich komme zurecht.", wimmelte ich ihn ab und stieg in den schwarzen Waagen.

Mit der Freisprechanlage rief ich Claire an und sagte ihr, dass wir uns vor der Boutique treffen. Sie stimmte zu und war genauso aufgeregt wie ich. Endlich würde ich das vollendete Meisterwerk sehen.

Die Fahrt war nicht besonders lang und ich ergatterte einen Parkplatz direkt vor der Tür. Glücklich darüber stieg ich aus dem Auto und sperrte er zu. Ich sah bereits Claire, die vor dem Eingang wartete und mich lächelnd begrüßte. "Hi. Ich platze gleich vor Aufregung. Lass uns gleich rein gehen.", schlug sie vor und nahm mich in den Arm. "Was glaubst du wie es mir erst geht?", erwiderte ich und stimmte ihr zu.

"Guten Tag, Ms. Thompson. Kommen Sie gleich mit, Ihr Brautkleid ist hinten.", sagte die Blondine mit hochgesteckten Haaren. "Danke.", lächelte ich und folgte der Frau nach hinten. Sie führte Claire und mich zu der Umkleide, wo mein Kleid schon an einer Stange hing. Wow! Es sah so verdammt schon aus. Mein Traum war schon immer ein Kleid im Prinzessinnen Look und dieser Traum wurde mir erfüllt.

Das weiße Oberteil war eng und mit Glitzer besetzt. Der Herzausschnitt betonte mein Dekolleté und der Rock war aus Tüll. Ich verliebte mich aufs neue in das Kleid, doch es ging komischerweise nicht ganz zu. Meine Oberweite schien nicht den Maßen gerecht zu sein.

"Da muss uns ein Fehler unterlaufen sein, Ms. Thompson. Das tut uns sehr leid. Natürlich werden wir neue Maße nehmen und das Kleid anpassen. Keine Sorge, es wird spätestes in zwei Tagen fertig sein.", die Verkäuferin beruhigte mich und strich über meinen Arm.

Warum passte mir das Kleid nicht? Das konnte doch nicht wahr sein! Ich war wütend, enttäuscht und traurig gleichzeitig. Verdammte Scheiße!

"Ich kann mir nicht erklären woran das liegt. Aber ich danke Ihnen vielmals.", sagte ich zu ihr und presste meine Lippen aufeinander.
Kurz darauf zog ich mein Traumkleid wieder aus und war gemeinsam mit Claire auf dem Weg nach draußen.

"Mach dir keinen Kopf darüber. Sie sagte doch, dass es in spätestens zwei Tagen fertig sein wird.", wiederholte Claire die Verkäuferin und legte ihren Arm auf ihren Rücken. "Ich weiß auch nicht was mit mir los.", murmelte ich und verdrückte meine Tränen. "Den ganzen Tag lang bist du schon ... ", Claire suchte das richtige Wort, "... empfindlich."

Sie hatte völlig recht, das merkte ich doch selber. "Da hilft nur ein Schokokuchen und dazu heiße Schokolade.", meine beste Freundin wackelte mit ihren Augenbrauen. "Willst du etwa einen Zuckerschock?", kicherte ich und schaute sie schockiert an. "Ich hab meine Tage, da brauche ich Süßes... sehr viel Süßes.", erklärte sie und schürzte ihre Lippen.

Das traf mich wie ein Blitz. "Tage ..", stammelte ich, "Was für ein Datum ist heute?"
"Der sechste.", antwortete Claire mit nachdenklichem Unterton. "Mist!", stieß ich hervor und runzelte meine Stirn. "Was ist?", hackte die Blondine nach. "Ich bin drüber. Ich ... ich bin drüber. Meine Periode ... ich hab sie nicht bekommen.", mir fehlten die Worte und plötzlich wurde mir ganz heiß.

"Das erklärt so einiges.", kommentierte sie trocken und zuckte mit den Schultern. "Das erklärt so einiges?", wütend sah ich meine Freundin an, "Das liegt sicher nur am Stress."
"Es liegt doch auf der Hand. Du bist schwanger.", behauptete Claire und lächelte.

"Nein, Nein. Das kann nicht sein.", ich verdrängte den Gedanken an eine Schwangerschaft. Natürlich wollte ich ein Kind haben, aber das käme jetzt sehr ungelegen.
"Du bist launisch, hast größere Brüste bekommen und deine Periode hat ausgesetzt. Brauchst du noch ein Leuchtschild, dass du es siehst?", redete sie und öffnete mir die Augen.

Oh mein Gott.

"Alice, du solltest einen Test machen. Am besten gehst du zu deiner Frauenärztin.", legte mir Claire ans Herz und hob ihren Mundwinkel. Unerwartet schossen Tränen in meine Augen. Ich könnte schwanger sein und ein Kind bekommen, mit Liam. Apropos Liam, was würde er dazu sagen? Er hat bestimmt nicht die Geduld für ein Kind bei dem ganzen Stress zurzeit. Die Sache mit Richards Firma, die er jetzt besitzt, die Hochzeit und so weiter. Sein Kopf ist tausend mal voller als meiner.

"Ich begleite dich, wenn du das möchtest.", schlug sie einfühlsam vor und nahm mich in den Arm. "Alles wird gut.", hauchte sie mir zu und beruhigte mich ein wenig.

Auch wenn ich es nicht wahrhaben wollte, musste ich wissen ob ich schwanger war oder nicht. Deshalb entschloss ich mich dazu, meine Frauenärztin aufzusuchen. Kaum sagte man den Namen Kennedy, war ein Termin am selben Tag frei. Liam hatte wirklich sehr viel Einfluss. Wie wird er reagieren, falls ich schwanger wäre und würde ich reagieren? Hunderte, oder gar tausende Fragen schwirrten in meinem Kopf umher. Und die Ungewissheit brachte mich beinahe um.

You're my bright light in the darkness - Band 2 Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt