8.

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Als ich wieder klar denken konnte, saß ich kerzengerade in meinem Bett in meiner Hütte. Tyson schnarchte, wie in jeder Nacht. Ansonsten war es still.

Aber da war doch noch ein Geräusch, ein ganz leises Ticken. Ticktack, ticktack. Irritiert von dem neuen Geräusch, drehte ich mich zu meinem Nachttisch um.

Meine Uhr lag nicht mehr dort. Ich hätte schwören können, dass ich sie dorthin gelegt hatte. Doch woher kamen dann diese Uhrtöne, wenn meine Uhr verschwunden war? Da ich sowieso keinen klaren Kopf fassen konnte, versuchte ich gar nicht erst, das alles zu verarbeiten.

Sofort wurde ich wieder müde, die restliche Nacht verblieb den Göttern seid Dank traumlos.

Meine Nase war warm und kribbelte, deshalb wachte ich am nächsten Morgen auf. Die Sonne schien mir genau ins Gesicht. Tyson schlief noch. Im Camp war es noch ruhig.

Noch!

Ein Muschelhorn erklang oben auf dem Halfblood-Hill und alle Halbblute schienen sofort auf den Beinen zu sein, zumindest hörte es sich so an. Ich hörte, wie sich manche mit ihren Rüstungen einkleideten, wie Speere aneinander klirrten oder wie ab und an jemand hinfiel.

Ehrlich gesagt wollte ich nicht rausgehen, die ganze Hektik bereitete mir jetzt schon Kopfschmerzen, ebenfalls hektsiche Camper konnte ich momentan nicht gebrauchen. Doch dann kam Tyson mit seiner Rüstung angewatschelt und machte meine Überlegungen zunichte, einfach den Aufruf zu ignorieren und so zu tun, als hätte ich, erlaubter Weise, während des Hornes geschlafen.

Er sprang von dem Metall klirrend von einem Fuß auf den anderen und klatschte in die Hände, während ihm seine viel zu enge Rüstung allmählich unter die Gürtellinie rutschte.

„Juhu, endlich wird's spannend!" Augeregt hatte er schon durch das Fenster geguckt und war offensichtlich davon überzeugt, dass wir heute die Flagge eroberten.

Noch nie war er dabei gewesen und das hatte auch seine Gründe. Erstens hatte er etwas zu viel Kraft für alle anderen und zweitens heulte er los, sobald ihm jemand aus Versehen auf den Fuß trat.

Bis jetzt hatten wir ihn immer erfolgreich ablenken können, bevor das Spiel anfing. So war er erst mit seiner Aufgabe fertig, wenn wir auch fertig waren. Ich weiß, das klingt gemein, doch es ist das Beste für uns alle.

Aber zum Glück oder auch unglücklicherweise war heute nicht der Flaggeneroberungstag, stattdessen hatten wir Besuch. Hohen, nervigen, ätzenden, ach, ihr wisst schon wie ich das meine, Besuch.

Naja, von einem Besuch konnte man ja nun nicht mehr sprechen, eher von einem verpflichtenden Erscheinen. Seit der ersten Klasse hatte ich nie verstanden, warum Lehrer immer noch, und das freiwillig, zur Schule gingen. Aber seitdem mein Hasslehrer/-gott im Camp aufgetaucht war, war auch diese Frage aufgeklärt worden: Damit sie ihre Lieblingskinder vergöttern und ihre Hasskinder quälen konnten. Das arme Würstchen überlebte kaum den Unterricht eines menschlichen Lehrers, wie sollte es dann nicht von einem Gott als Lehrer gegrillt werden? Vor allem, wie sollte ichdas aushalten, wo Ares mich doch am liebsten in den Tartarus chauffiert hätte?

Nun ja, ich hatte ehrlich gesagt schon genug Erfahrung mit mythischen Lehrern. Vor ein paar Jahren hatte sich meine Matheleherin, Mrs Dodds, in eine der Rachegöttinen, auch genannt als die Furien, verwandelt und wollte mich in einem Museum für griechische Grabkunst umbringen.

Gute Erfahrung mit Lehrern gab es für mich nicht. Doch, einen Lehrer gab es und dieser Lehrer ist zur Hälfte ein Pferd, isst Salat und ist der beste Lateinlehrer, den es überhaupt gibt, außerdem hing mein Leben von ihm ab, solange ich nicht sterben wollte.

Zum zweiten Mal erscholl das Signal zum Antreten und ich setzte mich in Bewegung. Das Letze, was ich jetzt brauchte, war, zu spät zu einer Unterrichtsstunde zu kommen, die vom Gott des Krieges geleitet wurde.

Percy Jackson - Der Feind des Halbgottes, inspiriert von Rick RiordanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt