35. Rückwärts und vorwärts

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Unsere Gruppe hatte sich von fünf auf drei reduziert. Denn nachdem Artemis uns völlig aus der Fassung zurückgelassen hatte, hatte Hannah sich abseits von uns dreien auf die Wiese gesetzt. Da ich sie mittlerweile schon länger beobachtet hatte, glaubte ich, sie allmählich richtig einschätzen zu können. Sie wollte in diesem Moment alleine sein.

Den Platz neben Annabeth hätte sie allein schon aufgrund ihrer Angst nicht eingenommen und um sich zwischen Clarisse und mich zu setzten, war sie von den letzten Vorkommnissen zu eingeschüchtert. Also gab ich ihr die Zeit, die sie benötigte, um sich zu sammeln.

Hannah saß still auf ihrem Fleckchen und aß nur das, was Clarisse ihr in die Hand drückte, wenn sie zu ihr ging und trotzdem waren ihre Lippen fest aufeinander gepresst, damit keiner von uns aus ihren Gesichtsausdrücken schlau werden konnte.

Es war seltsam, doch ich konnte ihre Gefühle und die Entscheidung, sich abzusondern, nachvollziehen. Zwar hasste ich es, alleine zu sein, aber ich kannte auch die Vorzüge, die Einsamkeit mit sich bringen konnte und manchmal wusste ich auch, sie zu nutzen.

„Glaubst du, ihr geht es gut?", fragte mich Annabeth so plötzlich, dass ich meinen Blick von Hannah zu ihr riss und sie mich erschrocken ansah, als hätte sie nicht mit meiner sofortigen Aufmerksamkeit gerechnet.

„Was?" Meine Stimme muss gelangweilt geklungen haben, denn Annabeth zog genervt ihre linke Augenbraue nach oben. Entschuldigend zuckte ich meine Achseln bis über meinen Hals, um ihr zu zeigen, dass ich nicht wirklich ihren Worten gefolgt war, sondern mich ihr zugewandt hatte, weil mich ihre Stimme mehr als alles andere interessierte.

„Ich meine Rachel", fügte Annabeth zu, ehe ein noch größeres Schweigen entstehen konnte. „Sie sah übel zugerichtet aus."

Ja, das hatte sie wirklich und ich fragte mich, ob Artemis sie wohl behalten ins Camp bringen konnte, bevor es Rachel noch schlechter ging.

„Artemis ist wie eine Mutter zu den Mädchen, denen sie hilft", murmelte Hannah unerwartet und unsere Köpfe richteten sich auf sie. „Ihr wird es bald besser gehen, das verspreche ich."

Mich überraschte, wie bewusst Hannah sich uns stellte, wie sie ihre Meinung wiedergab. Sie saß gerade und ich sah, dass sie sich darauf vorbereitete, aus eigenen Stücken zu uns zu kommen.

Sie atmete tief durch, schloss ihre Augen und trat dann langsam auf uns zu. Ich schwieg. Wartete. Wenn ich jetzt etwas sagte, könnte ich sie verschrecken und das wäre nicht zu unserem Vorteil, denn ich wusste, dass Hannah sich etwas von der Seele reden wollte.

Ich rutschte näher an Annabeth heran und schob ihre Hüfte leicht zu Seite, damit ich ihr nicht wehtat. Meine Hand ließ ich jedoch an ihr liegen.

Hannah biss sich verlegen auf den Lippen herum, doch sie nahm meinen stillen Rat an, sich zwischen mich und Clarisse zu setzen. Dann gab sie sich selbst nach, senkte ihren Kopf und sprach in leiser, aber dennoch aufklärender Stimme:

„Vor ein paar Jahren, hat sie mir auf die Beine geholfen. Und um ehrlich zu sein,", sie hielt kurz inne, bevor sie weitersprach, „hat sie mich seit meiner Geburt aufgezogen."

Stille. Jeder verarbeitete diese Information in seinen Gedanken. Das war also die Erklärung für die familiäre Vertrautheit zwischen ihr und der Göttin. Hannahs Geschichte war zu lange ihr Geheimnis gewesen, als dass sie sie uns länger verschweigen könnte. Neugier packte mich, als ich sie weiterhin beobachtete. Ihr Blick veränderte sich, er schweifte in eine längst vergangene Zeit, die Ereignisse mit sich brachte, die sie zusammen zucken ließen. Es würde sehr interessant werden, da war ich mir sicher.

„Es ist seltsam, sich schon als kleines Kind fragen zu müssen, wer man eigentlich ist. Woher sollte ich es denn auch wissen? Artemis wusste es nicht, oder sie erzähllte mir nie die Wahrheit darüber.

Percy Jackson - Der Feind des Halbgottes, inspiriert von Rick RiordanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt