Ein Mann, den ich mit vollem Recht Schlafrock getauft hatte, irrte mit aufgeregtem Blick über den Platz. Sein heute blauer mit Sternen übersähter Morgenrock wehte bei dem kräftigen Wind gefährlich in die Höhe und seine Zipfelmützte drohte jeden Moment von seinem blanken Kopf hinunterzustürzen.
Der von seiner Weisheit überzeugte, zudem wahnsinnige Mann, quatschte jeden an, dem er über den Weg lief. Ich beobachtete, wie er manchen sogar nacheilte, um sie unsanft an ihren Armen festzuhalten. Nach einer Weile brachen sie alle, die er angefallen hatte, in Tränen aus.
Sogar aus weiter Entfernung konnte ich sein irres Lachen hören, als er gerade einen Triumph bei einem Mädchen erzielt hatte, das jetzt völlig verzweifelt mit dem Gesicht in den Händen auf dem Boden saß. Ich sah der Wahrheit ins Auge. Annabeth würde warten müssen bis ich diesen Quälgeist aus dem Camp katapultiert hatte. Gerade ihn musste ich ihr vom Hals halten, wenn ich daran dachte, wie sehr sich die beiden bei ihrer letzten Begegnung angekeift hatten. Nicht zu vergessen, wie sehr er ihr weht getan hatte.
„Der Kerl macht mich wahnsinnig!", knurrte eine mufflige Mädchenstimme neben mir und riss mich zurück aus meinen Träumereien.
„Er ist wirklich das Letzte, allerdings ist er auch echt gut. Sieh dir Kira mal an, die ist völlig fertig." Clarisse lachte. Eine mir unbekannte Mischung aus einem Schweinegrunzen und einem Krähen drang aus der sonst versteinerten Luke in ihrem Gesicht, die ihren Mund darstellen sollte. Wäre sie nicht so von Morgenrock abgeneigt, hätte sie sich ihm bestimmt angeschlossen, damit sie ebenfalls jeden runtermachen konnte, der hier war. Aber sie kannte ihn wie ich.
„Verdammt, er kommt auf uns zu." Ich suchte nach einem guten Ort, um mich vor Sokrates Wortkampf zu schützen, doch er kam geradewegs auf Clarisse und mich zugewatschelt.
„Was machst du denn für einen Aufstand, der alte Krüppel hat doch hier nichts zumelden", knurrte sie mich an, als ich versuchte, sie mit mir mit hinter den nächsten Baum zu zerren. Doch gegen ihre Sturheit hatte ich keine Chance.
„Wie du meinst." Ich ließ sie los und betrachtete schlicht weg meine Füße, vielleicht würde Sokrates mich nicht erkennen. „Du hast doch sicherlich auch keine Lust, wieder in die Nähe dieses Typen zu kommen oder etwa doch?", fragte ich sie.
„Was heißt hier wieder? Ich habe diesen Kerl nur ein paar Minuten beobachtet und er nervt mich jetzt schon in den Himmel hinein. Wird Zeit, dass der den Weg nach draußen wiederfindet. Keine Sorge, das regle ich." Sie schob mich weiter nach hinten, renkte sich ihren Nacken krachend ein und knetete ihre Finger.
Mit einer Fresse, die jeden Welpen sofort unter das Sofa gescheucht hätte, trat sie auf Schlafrock zu. Seine Augen vergrößerten sich um die Hälfte, doch es war nicht wegen Clarisse. Er starrte mich an, so wie ich ihn anstarrte.
Jetzt war es zu spät, um sich zu verstecken. Ich musste mich ihm wohl oder übel stellen. Entgeistert warf ich die Hexenflügel auf den Boden und schlenderte auf Schlafrock zu.
Wenn es einen Weg gab, sich von diesem Kerl nicht provozieren zu lassen, dann war es pure Ignoranz seiner Worte. Ich zwang mich zu einem gelangweiltem Blick, meine Hände lässig in der Hosentasche und um das Bild zu vervollständigen tat ich, als hätte ich ein Kaugummi im Mund, auf dem ich mit geöffnetem Mund herumkaute.
So stellte ich mich neben ihn. Ohne ihm auch nur in die Augen zu schauen, murrte ich: „Was geht, Clarisse." Ich hatte meinen Arm auf Schlafrocks Schulter gestemmt und spürte, wie er unter mir vor Zorn und Aufregung bebete.
„Wenn du mir nicht sofort aus den Augen gehst, Percy, dann scheuere ich dir eine."
„Hast du heute schon was vor?"
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Percy Jackson - Der Feind des Halbgottes, inspiriert von Rick Riordan
FanfictionNach dem Krieg gegen den Titanenherrscher Kronos glaubt Percy, endlich einen gewöhnlichen Sommer im Camp Half-Blood verbringen zu können. Doch kaum ist er in seinem zweiten Zuhause angekommen, wird seine Hoffnung zunichte gemacht. Irgendetwas stimmt...