„Lethe, auf meinen Befehl, bleib stehen!", brach plötzlich eine tiefe, dröhnende Stimme aus der kleinen schwarzen Obsidiangasse.
„Nein! Ich lasse mich nicht so einfach von meinem Vorhaben abbringen!", erwiderte eine motzige, aufgebrachte Frauenstimmme.
„Ich, dein Gebieter, befehle dir, sofort stehen zu bleiben, oder deine Strafe wird noch größer sein als du sie dir jetzt schon vorstellen kannst!" Erebos klang zwar überzeugt, jedoch schwang auch etwas Sorge in seinen Worten mit, denn obwohl er die Worte „Dein Gebieter" stärker betonte als alles andere, schien Lethe nichts von alledem wissen zu wollen. Schwarzer Nebel quoll aus der Eingangsnische und schlich sich langsam über den Sandboden.
„Ich warne dich, komm nicht näher. Diese Höhle ist zu meinem Nutzen gebaut. Folgst du mir hinein, das schwöre ich dir beim Styx," Der Donner grollte und ein Blitz fuhr von der Höhlendecke krachend in den Fluss. „Dann wirst du jede noch so kleine Erinnerung verlieren. Wie du siehst, berühre ich so viel von dem Stein wie nur möglich, damit kein Fleckchen nicht unverflucht bleibt!", donnerte Lethe aus der Höhle.
„Kann es sein, dass wir uns in einem Irrenhaus befinden?", zischte Clarisse mir zu, während sie sich mit ihrem Schwert beschäftigte und mit einem beiläufigen Blick auf Mnemosyne deutete, die sich in eine Ecke geflohen hatte und dort, auf dem Boden sitzend, hin und her wippte, das verängstigte Gesicht tief in den Armen verborgen.
„Wenn du mich fragst, hätten wir sie einfach in ihrem Geplapper aus der Höhle ziehen und zu diesem Gott bringen sollen. Dann wäre der mit der Heilsuse fertig geworden und wir hätten uns um die da kümmern können." Ihre Stimme wurde härter, mit der Speerspitze zeigte sie nun auf die Gasse, aus der Lethe sprang, die mit einem irren Blick umherschaute.
Gierig starrte sie über die Beete hinweg. Ihre Finger knoteten sich ineinander, in der Hoffnung, sie aufzuwärmen.
„Wo ist sie? Wo ist sieeeeee?", knurrte sie, ihre Füße scharrten über den sandigen Boden, mit kratzenden Geräuschen drehte sie sich um die eigene Achse.
Lethe würdigte mich keines Blickes, rannte an Clarisse und ihrer bebenden Schwertspitze vorbei, hopste weiter, den Fluss entlang und begann plötzlich zu sprinten und laut zu kreischen, als sie Mnemosyne entdeckte.
Clarisse, so trocken wie sie war, setzte sich auf dem Boden und stemmte ihren Kopf auf ihre Faust.
„Das kann jetzt lange dauern", knurrte sie und beobachtete, wie sich Lethe weiße Handschuhe über die Figer zog. Das grelle Weiß brannte in meinen Augen, wie zwei Lichter tanzten die nun mit Stoff bedeckten Hände in der sanft duklen Höhle.
Ich konnte von dort, wo ich stand, Mnemos Wimmern hören, als Lethe sie packte und in unsere Richtung zerrte. Zwar wehrte sie sich mit Händen und Füßen, doch Lethe war kräftiger und viel selbstbewusster, als die kleine, vor Angst schreiende Göttin der Erinnerung.
„Sollten wir vielleicht jetzt eingreifen?" Meine Hände fingen an zu zittern, als könnten sie nicht tatenlos zusehen, wie Mnemo panisch um Hilfe schrie.
„Die macht doch nur 'ne Show, aber wenn du meinst." Sie drückte sich stöhnende wieder vom Boden auf, klopfte sich gemächlich die Beine ab und stürmte dann, ohne den kleinsten Hinweis, auf die Göttinnen zu. Ich machte, dass ich ihr nachkam, drehte Springfluts Kappe und stürmte hinter ihr her.
„Bleibt gefälligst zurück, dann geschieht keinem etwas!" Lethe krallte ihre Arme fest um Mnemos kleine Gestalt und drohte uns, ihre Handschuhe auszuziehen.
Eigentlich hatte ich geplant, wie ein spatanischer Krieger auf Lethe zu stürzen und Mnemo zu befreien, doch Lethe hatte sich flink umgedreht und rannte mit Mnemo im Schlepptau zum Fluss. Und noch ehe ich in ihre Nähe kommen konnte, sprang sie zusammen mit Mnemosyne in den Lethe.
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Percy Jackson - Der Feind des Halbgottes, inspiriert von Rick Riordan
FanfictionNach dem Krieg gegen den Titanenherrscher Kronos glaubt Percy, endlich einen gewöhnlichen Sommer im Camp Half-Blood verbringen zu können. Doch kaum ist er in seinem zweiten Zuhause angekommen, wird seine Hoffnung zunichte gemacht. Irgendetwas stimmt...