Das Monster wand sich um sich selbst und schlängelte mit einem Schwanz die Wand hinunter. Der lange, schwarze Schwanz half ihm, sich fortzubewegen.
Es war schnell. Sie war schnell. Wie eine Schlange kurvte das Monsterweib auf Hannah zu. Wir waren alle wie erstarrt, als sich das Biest um die Knöchel des Mädchens wickelte.
Die riesigen Fangzähne ragten aus dem menschlichen Mund des Hexengesichts hinaus. Die großen, befiederten Flügel schlugen schwer rauf und runter, während der schlangenähnliche Schwanz hin und her peitschte und mit der weiblichen Oberfläche des Monsters verschmolz.
Ich beobachtete gebannt, wie sich die spitzen Krallen in Hannahs Seite bohrten, und Hannah unvorstellbarerweise dem Biest die kalte Schulter zeigte. Der pure Hass, der in ihren Augen loderte, erstaunte mich. Ein schon ewig gehegter Groll, purer Hass.
„Hallo, mein Schätzchen", zischte die Schlangenfrau, während sie mit einem heiseren Lachen in ihrer Kehle um Hannah herumkroch.
„Lamia!", fauchte Hannah. Auch wenn ich entfernt von ihr stand, so blieb mir Hannahs widerspenstige Stärke nicht verborgen. Ihre Augen verengten sich zu kleinen Schlitzen, anstatt sich mit ihren Armen zu schützen und ihren verwundbaren Brustkorb zu verdecken, ballten sich ihre Hände zu Fäusten, die sie kampfbereit vor ihrem Körper hielt.
„Du hast mir aber zwei süße Leckerbissen mitgebracht", säuselte das Monster und die blutroten Augen funkelten vor unzähmbaren Hunger nach uns.
„Die stehen heute nicht auf der Speisekarte, ich brauche die nämlich noch, du Monster!" Ich folgte ihren sich verkrampfenden Bewegungen und wunderte mich über die Schärfe in ihren ironischen Worte. Beinahe wäre ich darauf vorbereitet gewesen, wie sie mit einem flinken Satz aus der Schlinge des Schlangenschwanzes sprang und ich unwillürlich bei dem doch unerwarteten Zug zusammenfuhr.
Lamia knurrte, aber sie bekam Hannahs Knöchel nicht mehr zu fassen, ihr Schwanz zog sich im Leeren zusammen. Sofort setzte sie zur Verfolgung an. Der kleine Vorsprung, den Hannah aufgebaut hatte, verringerte sich innerhalb eines Flügelschlages.
„Lauft!", brüllte uns Hannah entgegen und griff nach unseren Händen. „Percy, Clarisse, ihr lauft um die Ecke, da ist eine Treppe hinter dem Vorhang versteckt, die aufs Dach führt. Ich regel das hier noch!" Sie war so entschlossen, dass ich ihr zum ersten Mal zutraute, ein Monster alleine zu erledigen. Und trotzdem sollte ich sie nicht alleine lassen...
„Vorsicht!", schrie Clarisse und riss mich um die Ecke zur Treppe hin. Hannah wich von der Schlangenhexe getrieben auf die andere Seite aus, sodass uns kein anderer Weg blieb, als den Weg einzuschlagen, den Hannah uns befohlen hatte. Wie hatte Hannah es geschafft, diese Treppe vor uns zu verbergen, besonders, wo ich selbst noch nach etwas wie ihr gesucht hatte?
Ich sprang die steinernen Stufen hinauf, achtete darauf, dass ich Clarisse nicht mit meinen Bewegungen in die Hacken trat, um uns beide vor einem Sturz zu bewahren. Nur im Augenwinkel sah ich, wie die Flügel des Monsters beinahe lässig schlugen, während Hannah vor Anstrengung, ihre Geschwindigkeit zu halten, bis zu mir schnaubte. Clarisses und meine knallenden Schritte hallten an uns vorbei, die Treppen hinauf, es dauerte einige Augenblicke, bis sie verklangen.
„Nein!" Der Schrei setzte meine Bewegung auf Eis, ein Schauer puren Schreckens jagte mir vom Nacken bis in die Fesseln hinunter und dann sprang ich gleich drei Stufen zugleich empor. Plötzlich machte ich auf dem Absatz kehrt, sodass mich mein Schwung zum Falllen drohte, gerade noch so schaffte ich es, das Gleichgewicht wiederzufinden und Clarisse nach oben zu drücken, damit sie nicht auf mich stürzte.
Mein Atem zitterte, in meinen Ohren rauschte das Blut, aber meine Augen starrten in Hannahs erschrockenes Gesicht. Vor Angst starrte sie zuerst zu mir, dann aber wanderte ihr Blick weiter hinauf und über meinen Kopf hinaus.
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Percy Jackson - Der Feind des Halbgottes, inspiriert von Rick Riordan
FanficNach dem Krieg gegen den Titanenherrscher Kronos glaubt Percy, endlich einen gewöhnlichen Sommer im Camp Half-Blood verbringen zu können. Doch kaum ist er in seinem zweiten Zuhause angekommen, wird seine Hoffnung zunichte gemacht. Irgendetwas stimmt...