Plötzlich träumte ich. Ich musste träumen, denn ich sah Hannah vor einer kleinen Gruppe von Kindern stehen. Sie waren alle jünger, als sie es eben noch gewesen waren. Sie lauschten Hannah gespannt, aber kritisch. Viele hatten misstrauisch die Arme vor der Brust verschränkt, was Hannah sichtlich verunsicherte. Aber Hannahs Stimme blieb weiterhin stabil und ich lauschte so gespannt wie die Kindern ihrer Geschichte, von der ich den Anfang noch nicht mitbekommen hatte.
„Meine Mama wurde von einer gewaltigen Flutwelle verschlungen, die Poseidon geschickt hat, um sie dem zu nehmen, der sie am meisten liebte. Mein Dad konnte davon natürlich nicht umgebracht werden, aber sein Herz starb mit dem Tod meiner Mutter.
Wieso müssen die Götter immer eifersüchtig auf das sein, was ihreVerwandten besitzen? Umbringen ist dann für sie die einzige Lösung oder verwünschen oder verbannen. Doch der Gott der Meere konnte das kleine, auf dem Boden liegende und weinende Baby nicht mit in die Fluten reißen, sie,das war ich, hatte das gleiche Gesicht wie meine verstorbene Mutter, und das war es schließlich gewesen, was Poseidon zu seiner Tat bewegt hatte.
Aber er verfluchte mich. Wenn ich mich eines Tages verlieren sollte, wie auch immer er das meinte, werde ich mich ihm vollkommen unterwerfen. Ich würde dann für immer Poseidon gehören. Aber dafür bin ich noch zu jung. Also packte er mich und brachte mich in das Jagdgebiet der Artemis, wo ich geweint haben sollund von der Göttin selbst gefunden und aufgezogen wurde. Ende! Seid ihr jetzt zufrieden?",fragte sie mit den Augen rollend. „Ich habe sie euch schon so oft erzählt, ihr müsst sie doch schon auswendig können."
„Aber wir wissen immer noch nicht, wer deine Eltern sind", rief Laura, eine der jüngsten und wohl auch offenmundigsten Campmitgliederinnen.
„Weil ich es selber nicht weiß!", schrie Hannah schon fast. Ich konnte sehen, wie ihr vor lauter Wut ganz komischwurde. Ihre Augen suchten nach einem Punkt, an dem sie sich orientieren konnte, doch sie fand keinen. Sie musste sich an ein anderes Halbblut klammern, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren.
Dann wurde mir komisch. Ich wurde Hannah und vergaß mich.
Plötzlich schrie jemand um Hilfe. Die gesamteGruppe setzte sich in Bewegung. Schon fingen alle an aufgeregt durcheinander zu plappern. „Es geht um Liv!",„Bewusstlos" und „Gedächtnisschwund" wirbelten um mich. Was war denn los? Wieso liefen sie überhaupt? Moment, wer war ich überhaupt?Ich blieb stehen und die mir unbekannten Kinder rempelten gegen mich und maulten mich an, nie wieder plötzlich stehen zu bleiben. Doch dann trat ein älterer Junge vor mich und hielt mich fest an meinen Armen. Kurz fühlte ich mich sicher, er würde mir immer Halt geben.
„Hannah?" War das mein Name, den er da sagte? „Was ist mit dir, geht's dir nicht gut?"
Ich hörte nur noch wie er um Hilfe schrie, dann verlor ich das Bewusstsein.
Als ich wieder zu mir kam, war ich wieder ich. Mann, war das merkwürdig gewesen. Doch als ich mich umschaute, als ich mich versuchte zu orientieren, wurde alles noch merkwürdiger. Ich musste immer noch träumen.
Das Land war spröde, verdürrte Olivensträucher standen mal hier und mal dort und ein vertrockneter Fluss schlängelte sich bis zum Horizont durch das ganze Land. Und was machte ich hier? Im Land der Dürre, der Sohn des Poseidon, ich meine, da sieht man ja sofort, dass diese Kombination nicht miteinander harmoniert.
Ach was soll's, ich geb's auf, Träume bestimmen immer. Dann war es wohl so, obwohl ich ehrlich gesagt lieber wieder bei Hannah im Camp gewesen wäre. Nein, Hannah war...
Wartet mal...da bewegte sich etwas. Ein bunter Fleck wuselte durch das Land und trompetete. Er raschelte mit seinen langen Schwanzfedern und rollte sie zu einem Rad aus. Der für meinen Geschmack zu groß geratene Pfau taumelte hin und her und schrie, nein krächzte: „Wenn ich dich erwische, mein Lieber", er lachte verrückt, falls Pfauen lachen konnten, „dann wird dir Hören und Sehen vergehen." Nun gluckste der Pfau.
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Percy Jackson - Der Feind des Halbgottes, inspiriert von Rick Riordan
FanfictionNach dem Krieg gegen den Titanenherrscher Kronos glaubt Percy, endlich einen gewöhnlichen Sommer im Camp Half-Blood verbringen zu können. Doch kaum ist er in seinem zweiten Zuhause angekommen, wird seine Hoffnung zunichte gemacht. Irgendetwas stimmt...