28. Unerwartet

45 6 0
                                    

Für einige Augenblicke stand ich einfach nur da. Seit einigen Tagen hatte ich mir den Kopf darüber zerbrochen, ob wir nicht doch ohne eine Prophezeiung verloren waren, bloß durch die Welt irrten, ohne unsere Ziele je zu erreichen und jetzt? Es war, als wären alle unsere Entscheidungen vorherbestimmt gewesen.

„Percy, ich glaub du musst-" Bevor Rachel mir sagen konnte, was ich anscheinend machen musste, hörte ich, wie sie zusammebrach. Ihr ohnmächtiger Körper rutschte an meinem hinunter. Ich schlang meine Arme um sie, damit sie nicht direkt auf dem Boden aufschlug. Vorsichtig ließ ich sie auf den Boden gleiten umd klopfte ihr auf die Wangen, ohne dass sie darauf reagierte.

„Clarisse, gib mir das Ambrosia, das müsste im Rucksack sein", sagte ich mit nervöser Stimme. Darauf hätte ich vorbereiten müssen, ich hätte sogar wissen müssen, dass Rachel noch mit der Kraft des Orakels zu kämpfen hatte, aber meine Gedanken waren wie so oft woanders gewesen.

„Denkst du, ich finde das so schnell in der Dunkelheit?", motzte Clarisse zurück, ihren Arm tief im Rucksack verborgen. Es wurde allmählich heller.

„Kipp den doch einfach aus! Es ist bestimmt nicht so toll, hier rumzuliegen."

„Ach halt doch die Klappe!" Sie schüttete den gesamten Inhalt unter Gepolter aus und verstreute ihn auf dem staubigen Boden. Kurz darauf klaschte sie mir ihre Hand ins Gesicht.

„Hier!", knurrte sie und öffnete ihre geballte Hand, damit die kleine Dose voller Ambrosia in meine Hand fallen konnte. Waren wir nicht ein Spitzenteam?

Vorsichtig zerbrach ich das Heilmittel in mehrere kleine Stücke, eins davon zerbröselte ich bis nur noch eine Fingerspitze davon übrigblieb.

„Rachel", warnte ich sie vor, falls sie mich hören konnte, „Ich lege dir jetzt Ambrosia in den Mund, damit solltest du schnell wieder auf die Beine kommen." Ein Gramm zu viel und ihr Inneres würde von dem göttlichen Mittel verbrennen, aber das was ich ihr unter die Zunge legte und mit Wasser spühlte, würde sie nicht umbringen.

„Wow, so krass war's ja noch nie", war das erste, was Rachel sagte, als sie ihre Augen aufschlug. Noch bevor sie aufstehen konnte, begann sie, ununterbrochen zu reden, uns nach der Prophezeiung auszuquetschen und auch, ob diesmal ihre eigene Stimme aus ihrem Mund herausgekommen war.

Erst nachdem ich all ihre Fragen beantwortet hatte, richtete sie sich wieder auf, eine kleine Macke aus Trotz, die sie des öfteren mal zeigte.

Es gab zu viele Fragen, die sie nicht stellte, zu viele Fragen, von denen wir bereits wussten, wie die Antworten lauteten. Obwohl das Licht der Sonne allmählich einen Weg durch die kleinsten Ritzen in den Wänden und auch durch das Loch, das wir durch unseren Sturz hinterlassen hatten, fand, trieb uns die Erkenntis Dunkelheit in die Augen. Es würde Opfer geben.

Ich wusste nicht, wen das Orakel mit dem Feind meinte, der Spruch war mir ein Rätsel, doch ich wusste, was das Liebste in meinem Leben war. Ich wusste es, nur wusste ich nicht, wie ich es verhindern sollte.

„Was hast du?" Hannahs Schreck geweitete Augen starrten mich an, ihre Hand ruhte auf meiner bebenden Schulter. War ich wieder herumgeirrt? Starrte ich so ängstlich umher, wie es sich anfühlte? Waren meine sonst kampfgewappneten Augen durch die einzige Vorstellung, vor der ich mich fürchtete, geweitet?

Es war nicht meine Absicht, Hannahs Hand abzuschütteln, auch wollte ich nicht, dass jedes Wort, das sie sprach von mir abprallte, mir blieb bloß der Gedanke im Kopf, dieser eine Gedanke. Es waren alles Vorwarnungen.

„Verdammt, es waren Vorwarnungen!", brüllte ich sie einem nach dem anderen an. „Wir müssen zurück! Ich muss sie holen! Ich muss-"

„Wir können nicht zurück!", schrie Hannah panisch. „Wir haben einen Auftrag!"

Percy Jackson - Der Feind des Halbgottes, inspiriert von Rick RiordanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt