12. Kapitel

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Es ist 20.38 Uhr. Ich lieg in meinem Bett, starre an die Decke. Ich habe die Leuchtsterne von meinem Kinderzimmer mitgenommen, sie in meiner neuen Wohnung wieder über das Bett an die Decke geklebt. Solche, die sich tagsüber mit Licht aufladen und dann die Nacht über strahlen. Ich hab sie schon immer geliebt. Das ist mein privater Himmel.

Es klingelt. Und, verdammt, ich freu mich. Manu verdeckt sein Gesicht, reicht mir nur meine Handtasche, die ich bei ihm vergessen hatte. Ich nehme sie, und er geht wieder weg.

„Warte", sage ich leise.

Er dreht sich auf der Stufe um und blinzelt mich an. „Waaas?"

Ich mach die Tür weit auf und gehe zurück in mein Bett. Ich höre, wie er die Tür schließt und zu mir kommt. Ich zeige an die Decke, an meine Sterne.

„Sieht geil aus." Er wirft seine Jacke in die Ecke und sieht mich fragend an. Ich nicke, er legt sich neben mich. Er auf der Decke, ich unter der Decke. „Ist alles gut?"

„Ja. Bei dir?" Ich sehe ihn an, er mich.

„Auch, glaub ich." Wir schweigen eine Weile, bis er fragt: „Wo sind deine Eltern eigentlich?"

„Weg." Ich ziehe an der Decke um mich mehr zuzudecken, Manu macht sich kurz leicht und gibt die Decke frei.

„Wohnen sie nicht hier?"

„Nein."

Er nickt. Wir schauen noch immer an meine Sterne. Und irgendwie ist es schön, nicht allein zu sein. „Ich hab so krassen Hunger", unterbricht er die Stille.

Ich drehe mich auf den Bauch und schau ihn an. „Ich hab nur noch Bier."

„Du bist cool", er lacht. „Das nehm ich aber auch."

Also steige über ihn herüber, berühre dabei mit meinem Bein seine Hüfte. Ich murmle eine Entschuldigung und merke wie er mir hinterherguckt, als ich den Raum verlasse um zwei Bier zu holen. Als ich wieder im Zimmer bin, öffnet er die Flaschen und gibt mir eine. Er räuspert sich, macht den Anschein, als ob er was sagen möchte, macht es aber nicht und trinkt stattdessen. „Ich weiß, es ist mies mit mir abzuhängen", sage ich.

„Das stimmt nicht." Er nimmt sein Bier zwischen die Hände und sieht mich fest an. Der Blick. Oh Gott, der Blick.

Ich lege meine Hand über die Augen und unterdrücke mit Anstrengung die Tränen. Mit zitternder Hand stelle ich das Bier weg und lege mich unter die Decke, mit dem Gesicht zur Wand, weg von ihm. Ich höre wie Manu sich neben mich legt, an mich heranrückt. Ich spüre seine Finger an meinem Nacken, wie er mich streichelt.

Und ich lasse es zu.

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