9. Kapitel

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Manu schaut mich an, als ich meine Augen wieder öffne. „Hast du nochmal geschlafen?", frage ich ihn.

„Etwas, ja."

„Pass auf", ich lasse ihn los und steige über ihn, er steht nach mir auf, reibt sich die Augen. Ich beobachte ihn. Er sieht zu mir auf, unsere Blicke treffen sich. „Ich hab noch immer nichts eingekauft", sage ich, merke wie mein Bauch knurrt.

„Hast du Geld?", fragt er.

„Nein."

Er zieht sein Portemonnaie aus der Hosentasche und reicht mir einen Fünfziger, den ich gar nicht erst annehme. „Nimm das, bitte. Es wäre mir eine Ehre."

Ich schüttle meinen Kopf. Auf keinen Fall.

„Oder du kommst mit zu mir, da hab ich noch was im Kühlschrank", er steckt das Geld wieder ein und hält mir dafür seine Hand hin. „Komm schon", er nimmt mich an der Hand und zieht mich zur Tür. Ich ziehe mir kurz was Ordentliches an und geh dann mit ihm mit raus. Mit der Straßenbahn fahren wir ins Szenenviertel der Stadt. Er lässt mich vor einem Tattoo-Studio stehen. Manu sagt, dass er noch Brötchen holen geht und ich währenddessen schon mal hochgehen soll. „Frag drinnen einen Mann mit tätowierter Glatze, der zeigt dir wo mein Loft ist."

Na alles klar, Manu. Ich betrete das kleine Tattoo-Studio, sehe den glatzköpfigen Mann hinter dem Tresen stehen, und sag, dass ich zu Manu gehöre und dass er mich zu seinem Loft bringen soll. Er stellt sich mir als „Bobby" vor. Fröhlich pfeifend geht er durch die Hinterräume des Studios, öffnet eine schwere Eisentür zum Treppenhaus und deutet mit dem Zeigefinger zur Treppe. „Du gehst hoch, dann ist links und rechts eine Tür, du nimmst die rechte Tür. Schlüssel hast du?"

„Ja, danke, habe ich", ich klimpere mit den Schlüsseln vor seiner Nase rum und verschwinde im Treppenhaus. Oben probiere ich einen Schlüssel nach dem anderen, bis die Tür endlich aufspringt. Ich betrete das Loft. Es ist kleiner als ich es mir vorgestellt hätte und so im Fabrik-Style, mit den Stahlträgern an der Decke und als Stütze mitten im Raum. Wie es für ein Loft gewöhnlich ist, ist es ein großer Raum, in dem sich Küche, Schlafzimmer und Wohnzimmer befindet, nur das Bad ist durch eine extra Tür betretbar. Hier ist es nicht sehr luxuriös, auch nicht wirklich ordentlich, aber durch diesen offenen Raum macht es schon einiges mehr her, als meine drei Zimmer Wohnung.

Ich steh noch immer im Eingangsbereich, als es klingelt und Manu wieder vom Bäcker zurück ist.

„Setz dich darüber", sagt er und zeigt zum Esstisch. Er zieht seinen Pullover über den Kopf aus und legt ihn auf den Stuhl, die Brötchen auf den Tisch und kocht Kaffee. Er hat ganz schön breite Oberarme, hätte ich nicht gedacht. „Ich habe beschlossen", sagt er, „dass wir Nutella essen, yeah." Er wirbelt, total aufgedreht, mit dem Essen herum, wirft mir Teller und Besteck zu. Ich nehme mir ein Brötchen aus der Tüte und schneide es auf. Manu setzt sich neben mich auf einen Stuhl.

„Meinst du nicht, dass du mir mal endlich deinen Namen sagen könntest?", fragt er.

Ich lächle ihn an und esse.

„Hey und, wegen gestern, du wärst nicht zu mir gekommen, wenn da nichts wäre", er hat die Hände unterm Tisch in seinem Schoß, sieht mich freundlich an. „Komm, du musst zugeben, dass ich von voll scheiße auf ganz okay gestiegen bin", er grinst.

„Ganz okay", lächle ich und esse auf. „Aber, du kannst nicht davon ausgehen, dass du jemandem hinterherläufst und diese Person dich sofort mag, Sierra."

„Sofort nicht", lacht er und verschwindet im Bad. Als er wieder zurückkommt, sagt er: „Ich hätte wetten können, dass ich dich dabei erwische wie du meine Sachen anguckst, aber du sitzt immer noch da, als hättest du dich keinen Zentimeter bewegt."

„Ich habe mich keinen Zentimeter bewegt."

„Ich dachte immer, ihr Frauen seid so neugierig", er schlendert rüber zum Sofa und setzt sich hin.

„Ich interessiere mich nicht für deine Sachen", sage ich und setz mich neben ihn. Die Couch ist so weich, dass ich gefühlte dreißig Zentimeter einsinke.

Er schaut mich an, zieht eine Augenbraue hoch. „Laber nicht."

„Was?", ich mach eine fragende Geste mit meinen Händen.

Er schüttelt seinen Kopf, sieht wieder weg. „Du bist so kalt."

Ich weiß ehrlich nicht was ich darauf antworten soll.

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