3. Kapitel

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„Wohnst du allein hier?", fragt er. „Weil die Wohnung sieht ziemlich groß aus, draußen waren ja noch vier Türen."

„Ja, ich wohne allein hier. Die anderen Räume sind Bad, Schlafzimmer, Arbeitszimmer und Abstellkammer."

„Mit was finanzierst du das?"

Ich nehm noch ein Schluck, es brennt kurz in meiner Kehle, dann ist es weg, dafür ein Stich in meinem Kopf, kurz bleibt alles stehen, dann komm ich wieder klar. „Was wird das? Quiz Duell?"

„Beantworte doch einfach meine Frage, Schwartz."

Ich schau ihn an, seh nur seine Silhouette. Vom Flur dringt etwas Licht ins Zimmer, sonst brennt keine Lampe, es ist dunkel. „Meine Eltern bezahlen das, zufrieden?"

„Wie alt bist du? Sicher nicht älter als ich, hab ich Recht?"

„Ja, hast du."

Er kommt mir bedrohlich nahe, ich spüre seine Wärme auf meiner Haut. Ich weiß nicht was er vorhat. Instinktiv nehm ich ihn am Hals und schiebe ihn zurück auf seinen Platz. „Komm mir nicht näher als du solltest."

Mit zwei Fingern reibt er seinen Hals, ich sehe ihn lächeln. Ich krieg fast Schnappatmung, so verrückt macht mich das.

„Ich hatte nicht vor, dir was zu tun", sagt er ruhig, fast verletzt. „Es ist alles okay, wo ist das Problem, wenn wir miteinander reden? Ich mach nichts." Er dreht sich zu mir, stützt sich auf seinem Ellbogen ab und legt den Kopf schief. „Ich bin nicht so, wie du denkst."

„Was denk ich denn?", ich bin mit ihm überfordert. Ich will nur trinken, mehr will ich doch nicht.

Manuel atmet tief durch und sagt dann: „Du denkst sicher, dass ich voll der Macho bin. Ich mein, so Gangster Rapper. Dass ich eingebildet bin. Dass ich jede Frau kriege, und das auch ausnutze."

„Weswegen sonst, bist du mir hinterhergelaufen?"

„Du hast was."

„Ja, einen gebrochenen Zeh, dank dir."

Er lacht leise. Ich kann nichts machen, ich bekomm eine Gänsehaut. „Genau das mein ich", haucht er.

„Du redest wirres Zeug, trink weniger."

„Machen wir die Flasche noch leer?", er nickt zu der halbvollen Flasche Schnaps.

„Bah, aber nicht mehr pur." Ich steh auf und lauf zum Kühlschrank, hole eine Flasche Cola heraus und schütte es zusammen.

„Weichei."

„Wetten, ich vertrag mehr als du?", ich lache. „Bier auf ex, wer schneller ist."

Er hält mir seine Hand hin, ich schlage ein, die Wette gilt.

Ein zweites Mal laufe ich zum Kühlschrank und hole zwei Bier, bevor wir das exen, schütten wir uns noch den Mix rein, und legen dann los. Manu öffnet mit den Zähnen das Bier, was schon sehr geil ist, und hält mir eins hin. Ich schließe meine Hand um die Flasche, sehe ihm in die Augen, wir setzen an und trinken. Man muss nicht mehr machen, als die Flasche festhalten und viel schlucken. Verdammt. Ich bin ungeschlagene Meisterin im Bier-exen, aber dieser Junge ist tatsächlich fertig, als ich mit meinen letzten zwei Schlucken zu kämpfen hatte. Verdammt. Punkt an ihn, verdient.

„Ich hab was gewonnen", freut er sich.

„Von einem Wetteinsatz war nie die Rede", keuche ich, als ich die Flasche einfach auf den Boden lege. Zum Aufräumen ist immer später Zeit.

„Du musst dir eingestehen, dass du mir jetzt echt ein paar Fragen beantworten könntest."

„Können ja, wollen nein", sage ich völlig fertig und lege mich nach hinten, sehe blaue Vögel um Manus Kopf fliegen. Ich lache, presse mir die Hand auf meinen Mund und schließe die Augen.

„Na, zu tief ins Glas geguckt", Manu lallt aber auch schon.

„Du auch", ich kichere immer noch wie ein Teenager und könnte mich dafür schlagen, aber diesen Kerl seh ich eh nie wieder. „Ich geh pennen, besser du gehst jetzt."

Manu steht auf, schwankt nach hinten und kracht vor meine Dachschräge. Aus Erfahrung weiß ich, wie weh das tut. „Fuck Mann", flucht er und hält sich seinen Kopf.

„Kannst du noch gerade laufen?"

„Seh ich so aus als könnte ich noch gerade laufen?", fragt er mich mit etwas gereizter Stimme.

„Ist ja gut, meine Fresse. Bleib einfach hier auf der Couch. Wenn du kotzen musst, da ist das Fenster", ich zeige zum Fenster rüber und verlasse den Raum. Mann, jetzt schläft der auch noch hier. Nicht beherrschen kann er sich, der Junge.

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