Mir wird warm. Ich weine, während ich meine Hand in die Sonne halte. Dieser Moment ist so kindisch und so normal, aber es bedeutet mir die Welt.
Ich entschließe mich dazu, der Verkäuferin durch die Glasscheibe hinweg zu winken. Sie grinst und winkt zurück. Ich wische die letzten Tränen von meinen Wangen und laufe zurück zu meiner Wohnung.
Manu ist wach, sitzt auf dem Sofa, trällert irgendeine Melodie vor sich hin. „Hey“, sagt er, als ich in die Wohnküche komme. Ich lege die Brötchen auf dem Tisch ab, zieh einen Pullover aus und setze mich an den Tisch.
„Kommst du?“, rufe ich ihm zu.
Er setzt sich mir gegenüber, schaut mich an. „Hast du geweint?“
„Ja. Ist egal, alles wieder gut“, beantworte ich gleich das Warum.
„Du wirst es mir eh nicht sagen, oder?“
„Nein“, lächle ich und klekse Marmelade auf mein Brötchen, beiße ab. Er schaut mich ganz genau an, ich bilde mir ein, dass er weiß, was mir durch den Kopf ging. Dass es sicher was voll Banales war.
„Kannst du über Isi sprechen? Oder geht das noch nicht?“, fragt er.
„Gerade kann ich es.“
„Wie ist sie gestorben?“
„Sie hat sich umgebracht. Die Pulsadern aufgeschnitten. Ich wusste, sie würde es irgendwann tun. Im Rückblick, war es nur eine Frage der Zeit. Sie war wie eine tickende Bombe. Es war klar, dass sie irgendwann hochgeht.“
„Was war mit ihr?“
„Ich weiß es nicht. Ich kann es mir nicht anders erklären, als dass sie schon so traurig geboren ist. Wenn sie aus der Schule zu mir nach Hause kam, hat sie sich immer auf meinen Schoß gelegt und geweint. Ich wusste nie, was los ist. Als ich nachgefragt habe, sagte sie immer, dass alles super ist, eigentlich. Sie hat mir nie die ganze Wahrheit gesagt, immer nur so viel, dass es nicht ganz gelogen ist.“
Ich war mir sicher, dass ich dieses Gespräch packe, aber es geht nicht. Ich breche zusammen. Liege auf dem Boden. Weine in meine Hände. Keuche nach Luft.
Diese Zusammenbrüche. Sie sind am schlimmsten. Wenn man weiß, es muss weitergehen, aber es geht nicht. Diese innere Blockade. Diese Leere, die nur ein Mensch füllen kann. Und dieser Schmerz, wenn einem bewusst wird, dass es niemals wieder so kommen wird, wie es mal war.