fourty one➹

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Schon seit zwei Wochen lebe ich nun in China und ganz ehrlich, mir geht es gut. Ich bin mittlerweile auch echt gut mit Xinxin, Han und Minho befreundet. Spaß habe ich auch. An zu Hause denke ich so gut wie gar nicht. Nur wenn ich Abends mal nicht schlafen kann, muss ich an Amerika zurückdenken. Wie es Jackson geht weiß ich nicht, wirklich wollen tue ich es aber auch nicht. Ich habe zwar seine Nummer und seine Snapchat- und Instagramaccounts geblockt, aber er könnte durch die anderen Kontakt zu mir aufbauen oder es wenigstens versuchen. Ich werde ihm also eher weniger bedeuten, aber damit komme ich klar. Zumindest einigermaßen. Mir tut es immer noch weh, dass ich ihm so egal zu sein scheine, aber ich werde hier gut abgelenkt.

Gerade warte ich darauf, dass Xin zu mir kommt und wir zusammen zu einer Mall fahren. Ich habe mich hier in einem Restaurant beworben und wurde sofort genommen. Drei mal in der Woche arbeite ich dort also für vier bis fünf Stunden, dementsprechend habe ich einen kleinen Eigenverdienst. Durch mein Stipendium muss ich weder für meine Unterkunft noch für meine Verpflegung sorgen, das alles kann also für meine kleinen, nebensächliche Bedrüfnisse ausgegeben werden.
Seit zehn Uhr heute morgen liege ich im Bett, schaue irgendwelche Filme und Serien auf Netflix und esse all meine Naschereien weg. Mittlerweile ist aber drei Uhr Nachmittags und eigentlich sollte Xinxin jeden Moment hier ankommen. Heute ist sein kürzester Unitag, wo er nur von acht bis vierten vor drei dort sein muss. Das wollen wir ausnutzen und deswegen in die Mall fahren.

,,Hey Milo!", werde ich plötzlich aus meinem Fokus gerissen und gleich aus meinem Bett gezogen. ,,Xin.", quengel ich laut und schließe gespielt leidend meine Augen. ,,Los! Mach dich fertig! Ich will hier raus!", murrt er und wuschelt durch meine Haare. Augenrollend bekleide ich mich neu, ehe wir uns auf den Weg zur nächsten Bushaltestelle machen. ,,Sag mal, wann ziehst du nochmal in deine Wohnung?" ,,Eh- in zwei Wochen ungefähr.", erwider ich sofort, darauf das Gesicht des jungen Chinesen ein wenig ineinander fällt. Traurig nickt er und seufzt leise, ehe er seinen Kopf auf meine Schulter legt und die Augen schließt. ,,Ich werde dich vermissen.", murmelt er leise, ,,Du bist mir echt ans Herz gewachsen." ,,Wir bleiben doch Freunde und zur gleichen Uni gehen wir auch.", versuche ich ihn aufzumuntern, was allerdings nicht wirklich meine Stärke ist, weswegen das ganze recht wenig bringt. Dennoch zwingt Xinxin sich ein lächeln auf und nickt mir zu. ,,Ich hab dich echt gerne.", sagt er leise. ,,Pass auf, Xin. Sonst verliebst du dich noch in mich.", versuche ich mich an Humor und bringe meinen Sitznachbarn tatsächlich zum Kichern. ,,Ich habe da doch eher ein wenig mehr Interesse am Mädchen.", murmelt er trotzdem eindringlich worauf ich bloß abwehrend meine Hände hebe und nicke. ,,Aber nur ein wenig.", flüster ich trotzdem noch, kassiere dafür aber einen leichten Schlag auf den Oberschenkel.

Eine halbe Stunde später stehen wir bereits in dem ersten Laden, welcher nur für Schuhe gedacht ist, und probieren uns durch das gesamte Sortiment. ,,Du solltest die auf jeden Fall nehmen!", sagt Xin überzeugt, als ich ein weißes paar Nikes wieder in das Regal stelle. ,,Bist du dir sicher?" ,,Ja! Die 950 Yuan lohnen sich!", erklärt er sofort und holt einen der Verkäufer zu uns. ,,Können Sie die schon mal an die Kasse bringen?", fragt er freundlich und fügt noch irgendwas hinzu, was ich allerdings nicht verstehe, da etwas anderes meine Aufmerksamkeit auf sich zieht.

,,Jackson?", flüster ich leise und renne wie besessen aus dem Laden. Das kann doch nicht wahr sein! Er kann nicht hier sein! Mit benebelten Sinnen spurte ich hinter dem Jungen her, von dem ich denke, dass es Jackson ist und greife so ungeplant nach seinem Handgelenk, dass ich kein Gleichgewicht mehr halten kann, mit dem Gesicht voran auf den Boden falle und den Jungen halb mit herunter ziehe. ,,Jack-", fange ich, stoppe aber sofort und spüre das Blut in meine Wangen schießen. ,,Oh mein Gott, es tut mir so leid.", entschuldige ich mich sofort, als ich das Gesicht des Manne erblicke, dem ich so bescheuert gefolgt bin. ,,Ich dachte, Sie wären jemand anderes...", hauche ich und verbeuge mich mehrmals, als ich wieder auf den Beinen stehe, ehe ich mit hochrotem Kopf verschwinde und mich so schnell es geht an Xinxin drücke, als ich ihn wieder sehe. Die aufkommenden Tränen versuche ich wegzublinzeln, doch ich schaffe es nicht. Ich kann nicht leugen, wie sehr ich mir gewünscht habe, dass das wirklich Jackson ist und dafür könnte ich mich ohrfeigen. Ich dachte es wäre alles okey und ich würde Jackson einfach nur ein wenig vermissen. Er bedeutet mir eben doch so viel, dass ich ihm mein erstes mal geschenkt habe, ohne wirklich zu zögern. Im Nachhinein war das wohl ein Fehler...

Xinxin spannt sich zwar unter meiner Berührung an, erwidert meine Geste dennoch, als er meine Verfassung bemerkt. ,,Lass uns was essen gehen.", sagt er leise und streicht kurz durch meine Haare. ,,Und dann shoppen wir deinen Frust weg." ,,Danke...", schniefe ich leise und entferne mich langsam wieder, ,,Tut mir leid...", murmel ich dann noch und wische kurz mit meinem Ärmel unter der Nase her, ehe ich diese Schuhe bezahle, die Tüte nehme und mit Xinxin nach ganz oben fahre, um etwas zu essen.

,,Was ist gerade passiert?", fragt er leise, während er Pommes in seinen Mund stopft und mich fast schon bemitleidenswert ansieht. ,,Na ja... I-Ich habe da jemanden verwechselt...", erkläre ich leise, ohne zu viel zu verraten, doch mein Freund scheint sich damit nicht zufrieden zu geben. ,,Und wen sollst du so sehnsüchtig vermissen, dass du dir einbildest ihn zu sehen? Du hast nicht einmal ein Wort über deine Familie verloren und alles was du sonst von dir gibt ist den Namen Jackson,  wenn du unruhig schläfst..." ,,Du beobachtest mich beim schlafen?", frage ich lachend, obwohl mir nicht danach zu mute ist. ,,Ich habe einen leichten Schlaf.", rechtfertigt er sich sofort. ,,Ist ja gut.", gebe ich nur von mir und schweige dann kurz, um mir nachdenklich auf die Lippe zu beißen. ,,Du hast recht... mit Jackson... I-Ich dachte er ist es..." ,,Kann es sein, dass du ihn mehr magst als du willst?", fragt er geradewegs heraus und sorgt dafür, dass mir jegliche Farbe aus dem Gesicht weicht. ,,I-Ich- Eh- ich weiß nicht genau...", flüster ich leise und hoffe diesmal, dass er es dabei bestehen lässt. Das tut er zum Glück auch. Dennoch sieht er mich die nächsten zwanzig Minuten immer wieder prüfend an und scheint zu versuchen, so mehr herausfinden zu wollen.

nerdy ass ➹Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt