Kapitel 53 - Elbenmagie und blaue Glühwürmchen

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Alec stockte der Atem, als die Krone in einem gleisend hellblauem Licht aufflammte und ihn kurz blendete.
Er hatte sich natürlich etwas in dieser Richtung erhofft, doch das das tatsächlich funktionierte und dann auch noch so gut, damit hatte er ganz und gar nicht gerechnet.

Ihm fiel auf, dass die Krone und mit ihr Magnus -er glich gerade einem hellblauen Glühwürmchen- in diesem Licht pulsierte wie ein lebendiges Herz. Auch gingen in kurzen Abständen hellblaue Lichtwellen von der Krone ab, wie sichtbar gewordene Schallwellen.

Als Alec von der ersten Lichtwelle überrollt wurde, überkam ihn ein tiefes Gefühl der Ruhe, seine Nervosität schwand und machte einem Gefühl tiefsten Friedens Platz. Er war die Ruhe selbst und fühlte sich dabei auch leicht benebelt, aber vor allem friedlich und glücklich.

Das muss Elbenmagie sein, überlegten seine trägen Gedanken, die zähflüssigem Honig glichen.

Aber nicht nur er war von der Elbenmagie berauscht, der ganzen Menschenmenge unter ihm schien es ähnlich zu ergehen. Die Soldaten gähnten und senkten ihre Waffen, manche Adligen legten einen Arm um einen der einfacheren Bürger und alle hatten ein seliges Lächeln auf dem Gesicht.

Lediglich Magnus schien nichts von diesem berauschendem Gefühl mitzubekommen, denn er sah durch umd durch verwirrt aus.

~Was ist hier los?~, fragte er Alec.
~Elbenmagie.~, antwortete er lächelnd.

Magnus zog eine Augenbraue nach oben und trat näher zu ihm heran. Sanft legte er eine Hand an Alecs Wange und strich darüber.

Diese eine Berührung riss Alec zurück in die Realität, als ob er nach einem langen Tauchgang wieder durch die Wasseroberfläche brach und alle zuvor verschwommenen Geräusche nun überdeutlich wahrnahm.

Er blinzelte verwirrt.
~Alles ok?~
~Jetzt wieder. Elbenmagie ist stark.~, antwortete er nur leicht verlegen.

~Das ist ja kaum zu übersehen~, meinte er lächelnd, während seine Hand in Alecs Nacken wanderte und seinen Kopf langsam zu sich herab drückte,~Ich hab dich vermisst.~
~Und ich dich erst. Ich hab schon das schlimmste befürchtet.~
~Und trotzdem bist du hier.~, flüsterte er gegen Alecs Lippen.

Er musste ihm nicht in die Augen sehen, er konnte die Rührung bereits aus seiner Stimme heraushören.

~Nicht trotzdem, gerade deswegen. Hast du etwa geglaubt, ich lass dich hier einfach den Heldentod sterben?~
~Küss mich einfach, Alexander.~, bat er leise und Alec gewährte ihm diesen Wunsch nur allzu gerne.

Es war zwar bei weitem nicht ihr erster Kuss, aber er gehörte auf alle Fälle zu den intensivsten.

Er war von den unterschiedlichsten Gefühlen geprägt, Sehnsucht, Angst, Erleichterung, Sorge, Zuneigung, Freude, Traurigkeit und Liebe.
Alec hatte sich so nach Magnus' unverkennbaren Lippen gesehnt, dass seinen Körper sofort eine Gänsehaut überzog, als er diese nun endlich wieder spürte.

Behutsam legte er seine Hände auf Magnus' Hüften ab und zog in näher zu sich heran, um den Kuss zu vertiefen. Seine Knie drohten unter lauter Glücksgefühlen einzuknicken, denn er schmolz förmlich dahin.

Magnus schien es nicht anders zu gehen, denn er krallte sich wie ein Ertrinkender in Alecs Haare, als hätte er Angst, all dies sei nur eine Illusion.
Da er den Kopf nach oben gestreckt hatte, rutschte die Krone etwas nach hinten, sodass sie etwas schief auf seinem Kopf saß, doch das störte keinen so wirklich.

Aber so schön diese Wiedervereinigung auch war, irgendwann brauchten beide wieder Luft und so lösten sie sich voneinander, wenn auch widerwillig.

Das erste, was ihm neben Magnus' Augen, dessen warmes Braun noch eine Spur weicher geworden war, auffiel, war, dass die Leuchtkraft der Krone zurückgegangen war.
Sie blendete nicht mehr jeden, der sie direkt ansah oder stieß auch nicht mehr diese berauschenden Harmoniewellen aus, sondern leuchtete nur noch in einem geheimnisvollem blauen Licht.

~Zum Glück magst du auffallende Dinge.~, überlegte Alec lächelnd.
Auch Magnus grinste kurz, bevor er sich der erstaunten Menschenmenge zuwandte.

Alec wurde schlagartig klar, dass er sein wahres Ich gerade vor ganz Alicante preisgegeben hatte und wurde sofort tiefrot im Gesicht. So war das ganze nicht geplant gewesen, aber so umging er zumindest das Gespräch mit seinen Eltern, die ihn ebenfalls perplex anstarrten, als säße irgendein bunter, exotischer Vogel auf seinem Kopf.

Hilfesuchend sah er zu Magnus, doch der war schon längst wieder  hinter seiner Fassade aus Autorität und leiser Belustigung verschwunden. Er schien in keinster Weise verunsichert oder beschämt zu sein, sondern wirkte so selbstsicher wie eh und je.
Alec beneidete ihn darum.

~Es tut mir leid, dass ich euch alle im Stich gelassen habe und vor meinen Pflichten davongelaufen bin. Damit habe ich wohl alle ziemlich enttäuscht und ich werde das auch nie wieder gut machen können, dass ihr alle der Tyrannei der Lightwoods ausgesetzt wart, aber ich habe jetzt begriffen, dass dies hier mein Schicksal ist und man nicht davor davonlaufen kann. Aus diesem Grunde werde ich dieses Schicksal nun endlich akzeptieren und die Krone Idris' nun endlich an mich nehmen.
Ich bin nicht wie mein Vater, der mit einer beeindruckenden Milde und Weitsicht geherrscht hat, und ich wage es auch nicht, mich mit ihm zu vergleichen. Ich werde nicht mit Milde regieren, sondern mit Gerechtigkeit, denn jeder soll bekommen, was er verdient, ob reich oder arm, gut oder böse. Doch nur weil ich mit Gerechtigkeit herrsche, heißt das nicht, dass ich keine Fehler machen werde, denn selbst ich bin nicht perfekt. Doch gerade deswegen gibt es schließlich einen Mitregenten, der einen unterstützt oder einem auch direkt ins Gesicht sagt, dass die Idee völliger Schwachsinn ist -meine Freunde werden wissen, wovon ich rede.
Wie es das Gesetzbuch von Idris verlangt, werde ich einen Mitregenten bestimmen müssen, mit dem ich das ganze Chaos und die Ungerechtigkeit, welche momentan hier vorherrschen, beseitigen werde. Allerdings stimme ich keiner Heirat zu, da eine Hochzeit ohne Liebe in meinen Augen nichts wert ist. Und laut dem Gesetz ist noch nicht einmal eine Heirat erforderlich.
Ich muss zugeben, dass das alles hier mehr als spontan geschieht, ich also auch nicht weiß, ob er zusagt oder mich vor euch allen blamiert. Dennoch frage ich dich hier und heute vor ganz Alicante:
Alexander Gideon Lightwood, willst du mit mir alles Unrecht beseitigen und endlich wieder Ruhe in diesen Laden bringen, als gleichgestellter Partner?~

Malec-Der Prinz von IdrisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt