~Aber warum hat er es mir nicht gesagt?~, fragte Alec nun.
Noch immer war er verzweifelt und überwältigt von den Erkenntnissen, die aus der Geschichte hervorgingen, doch nun war er größtenteils verletzt. Er hatte Magnus vertraut, warum vertraute er ihm dann nicht?
~Ich glaube, du hast das Zuhören verlernt~, seufzte die alte Dame,~Er hat dir den Grund selbst genannt, lediglich in einem anderem Zusammenhang.~
~Die Liebe macht einen nunmal zu einem egoistischem Lügner.~, murmelte er.~Da hast du nicht ganz unrecht, aber ich frage mich, warum du dann noch hier sitzt und mit mir redest, statt deinen Traumprinzen zurückzuholen.~
~Ihr habt es doch schon selbst gesagt, er wurde gefangen genommen und liegt wahrscheinlich schon tot in irgendeiner Ecke, allein.~Er konnte nicht verhindern, dass ihm bei diesen Worten die Tränen kamen.
Er hatte gedacht, sein Inneres sei leer, doch der Schmerz war so real, dass er sich erst davon überzeugen musste, dass wirklich nur seine Seele so schmerzte und er nicht gerade in der Mitte durchgerissen wurde.Alec war es zwar unsagbar peinlich vor dieser fremden Frau zu weinen, doch auf irgendeine verdrehte Weise vetraute er ihr.
~Er ist noch nicht tot.~
~Wie wollt Ihr das wissen? Nur weil Ihr eine Hexe seid?~
Eigentlich störte es Alec nicht im geringsten, mit einer Hexe zu sprechen, doch wie sollte sie verstehen wie er sich fühlte? Wie sollte sie wissen, was ihre Worte bei ihm auslösten?
Nämlich einen winzigen Funken Hoffnung in einem Meer aus schwarzer Verzweiflung und Leere, ein Licht am Ende des Tunnels.
Das konnte sie unmöglich wissen.~Sicherlich habe ich meine Mittel, um an Informationen zu gelangen, doch hier kann ich sagen, dass es nur logisch ist, dass er noch lebt. Die Morgensterns werden ihn erst Morgen, unmittelbar vor der Hochzeit umbringen lassen, um erst ihren erbittertsten Feind sterben zu sehen, um dann ihren größten Triumph zu feiern. Sie werden ihren Sieg vollkommen auskosten wollen.~
~Magnus lebt also noch?~Der Hoffnungsschimmer wuchs zu einem kleinen Feuerwerk heran.
Er ist noch da.
Er lebt noch.~Bis Morgen Mittag, ja~, stimmte sie ihm zu,~Das sollte genug Zeit sein, um ihn zu befreien, findest du nicht?~
Alecs Hoffnung schwand genau so schnell wie sie gekommen war.
~Wie denn?~~Dass man dir auch wirklich alles auf die Nase binden muss!~, zetterte sie genervt,~Hol seine Freunde mit an Bord, macht einen Plan und rettet ihn vor aller Augen vor dem Galgen. Ihr kommt zwar nicht leicht in den Palast, doch vor Alicante sollte es möglich sein, im Schutz des Publikums nahe genug an ihn hranzukommen.~
~Also vor aller Augen?~
Er verkniff sich klugerweise die Frage, warum, denn die Hexe sah schon jetzt so aus, als würde sie ihm sehr bald an die Gurgel springen.Sie seufzte und fuhr mit der Stimme fort, die man immer bei Kleinkindern benutzte, wenn man ihnen etwas zum wiederholtem Male erklärte~Ja, ihr habt schließlich noch immer das Ziel, die Hochzeit zu verhindern. Das kann man miteinander verbinden und somit zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Verstehst du das?~
~Es ist gerade nur etwas viel.~, gab er zu, während er sich die Schläfen massierte.
Der Blick der Hexe wurde weich.
~Das kann ich durchaus verstehen. Gerade noch ein gebrochenes Herz, dann eine neue, naive Hoffnung und dann ein absolut verrückt genialer Plan, bei dem man entweder alles gewinnt oder verliert. Das ist vielleicht wirklich etwas viel für einen so jungen Mann wie dich.~, überlegte sie,~Aber dass ich eine Hexe bin, scheint dich überhaupt nicht zu schockieren.~~Wisst Ihr, in den letzten Tagen ist mir so viel wiederfahren, dass das beinahe schon das normalste ist. Was mich aber wirklich interessiert, ist, warum Ihr mich gerettet und mir das alles erzählt habt? Warum tut Ihr das?~
~Das Schicksal geht verworrene Wege, aber wenn du es unbedingt wissen willst ... Ich kenne die Familie Bane schon lange und ich habe einen Narren an Magnus gefressen. Außerdem sollte er sich zumindest die Mühe machen, einen anständigen Tod zu sterben und sich nicht einfach umbringen zu lassen.~
~Ich glaube, Hexen gehen auch auf verworrenen und komplizierten Wegen.~, grummelte Alec.Die Hexe lachte leise und rau, sodass die Falten sich in ihrem Gesicht noch weiter vertieften und eher Burggräben glichen als natürlichen Altersfalten.
~Da könntest du natürlich recht haben~, stimmte sie zu,~Aber so geniese ich auch einen anderen Blick auf die Welt als du und das ist manchmal hilfreicher als du denkst. Und jetzt komm, du hast immerhin noch etwas vor.~
Mit diesen Worten stand sie auf und schlurfte schwerfällig zu einem kleinem Tisch in der Ecke.
Alec wollte ihr folgen, doch eine plötzliche Welle der Mutlosigkeit schwappte über ihn hinweg und er ließ sich leise seufzend aufs Bett zurückfallen.Als hätte sie es bemerkt, wirbelte sie zu ihm herum und fixierte ihn mit einem genervten Blick.
~Was ist jetzt schon wieder?~~Die anderen werden mir doch noch nicht einmal zuhören~, maulte er deprimiert und ihm war es gerade herzlich egal, dass er wie ein fünfjähriges Kind klang,~Immerhin ist es meine Schuld, dass er im Kerker sitzt. Wie sollen wir es denn schaffen, ihn zu befreien, wenn er von dutzenden von Soldaten bewacht wird? Wir sind doch nur so wenige! Und selbst wenn wir es schaffen, ihn zu befreien und dem Volk die Wahrheit zu sagen, wer wird uns denn glauben? Wir haben keine Beweise. Es ist hoffnungslos!~
Das alles war einfach so aus ihm herausgesprudelt, ohne dass er wirklich darüber nachgedacht hatte. Er rang nach Atem, als sich sein Herz schmerzhaft zusammenzog.
Er wollte Magnus nicht verlieren, aber er hatte doch kaum eine Chance, ihn zu retten, oder?~Bei Gott, wenn die Ägypter so pessimistisch und lahmarschig gewesen wären wie du, hätten sie die Pyramiden niemals fertiggestellt! Niemand hat gesagt, dass es ein Kinderspiel wird, aber ich habe dich wirklich als hartnäckiger eingeschätzt. Wenn sie dir nicht zuhören, dann musst du sie eben dazu bringen und sie überzeugen! Es bringt nichts, wenn du dir die gesamte Schuld selbst zu schiebst und Trübsal bläst.
Du brauchst nur einen Plan und schon bist du jeglichen Soldaten weit voraus! Außerdem glaube ich langsam wirklich, du hast verlernt zuzuhören,~, herrschte sie ihn an,~Ich dachte, du kennst die Legenden von König Asmodeus? Dann schalt endlich dein hübsches Köpfchen ein und denk nach!~Es versetzte Alecs Herz einen Stich, als er daran dachte, dass bisher nur Magnus seinen Kopf als hübsch bezeichnet hatte.
Er war rot geworden und hatte nicht recht gewusst, was er darauf erwidern sollte, doch Magnus war gerade nicht hier.Dennoch konnte er sich die nächste Frage nicht verkneifen~Wer sind die Ägypter?~
~Gott, der Junge bringt mich noch ins Grab!~, stöhnte sie aufgebracht.Alec zuckte nur die Schultern, begann aber tatsächlich nachzudenken -der alten Frau und ihrem Leben zuliebe. Plötzlich fiel es ihm wie Schuppen von den Augen.
~Die Glaskrone der Elben!~
~Ja, endlich hat es dein eingerosteter Verstand kapiert!~, stimmte sie euphorisch zu,~Zufällig befindet sich diese Krone in der Schatzkammer des Palastes und wird zur Hochzeit aus ihrem Tresor geholt.~Er nickte aufgeregt, der Pessimismus war vorerst vergessen, denn langsam formte sich ein Plan in seinen Gedanken zusammen. Ein verrückter, aber auch irgendwo genialer Plan.
~Da wir das nun geklärt haben, solltest du dich langsam auf den Weg machen. Du hast einen langen Weg vor dir.~, sagte sie nun, schnappte sich ein Hemd und einen gefütterten Mantel, die beide auf dem Tisch lagen, und warf ihm beides zu.
Er schlüpfte in Windeseile hinein und sprang aus dem Bett.
Doch die Dame war noch nicht fertig. Sie reichte ihm noch zusätzlich einen Bogen aus Eschenholz und einen passenden Köcher.~Ich glaube, du könntest das gebrauchen.~
Er hängte sich beides lächelnd über die Schulter und sagte~Ich bin Euch zu ewigen Dank verpflichtet.~
~Nicht der Rede wert. Mir reicht es, wenn du deinen Freund vor dem Galgen bewahrst. Und jetzt hau schon ab.~, antwortete sie kurz angebunden, doch ihre dunklen Augen funkelten vor Belustigung und Dankbarkeit.Sie würde sich bestimmt wunderbar mit Magnus verstehen, überlegte er, als er sich verabschiedete und in die Dunkelheit hinaustrat.
Er würde Magnus retten, er musste lediglich noch in Erfahrung bringen, wie er das am klügsten anstellen sollte.
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Malec-Der Prinz von Idris
Fanfic[Abgeschlossen] -Kurzer Textauszug- Man sagt, im Augenblick des Todes sieht man sein ganzes Leben nochmals vor seinem innerem Auge vorbeiziehen, all die schönen und auch unschönen Momente, doch bei Alec passierte etwas anderes. Bei ihm machte es Kli...