Kapitel 3 - Auf nach Alicante

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Nach seinem Rundgang mit Lydia kam er wieder zurück in sein Zimmer, um sich auf das Abendessen vorzubereiten. Er war allerdings alles andere als überrascht, als er seinen besten Freund und Leibwächter Jace in seinem Zimmer vorfand.

Als er eintrat, bemerkte er sofort Jace' bekümmerte Miene und fragte vorsichtig~Dein Vater?~
Jace nickte nur traurig.

Seine Eltern waren gestorben, als er noch ein Kind gewesen war. Ein Mann Namens Michael Wayland hatte ihn daraufhin aufgenommen und ihn großzogen. Durch Michael, der im Palast als Mundschenk gearbeitet hatte, hatten sich Alec und er kennengelernt und schon bald angefreundet. Jace wurde zu seinem Leibwächter erhoben, aber sie verhielten sich eher wie Freunde als wie Vorgesetzter und Angestellter.
Doch dann war Michael unheilbar krank geworden und Jace musste sich um ihn kümmern. Also schleußte ihn Alec regelmäßig mit Heilkräutern aus dem Palast, damit er seinen Vater pflegen konnte.

~Wie geht es ihm?~, fragte Alec teilnahmsvoll, während er sich neben Jace auf der Bettkante niederließ und ihm einen Arm um die Schulter legte.
~Es geht ihm unverändert. Ich bin mit meinem Latein am Ende, Alec! Was soll ich denn jetzt machen? Die Kräuter helfen ihm nicht!~, beklagte er sich kraftlos.
~Hast du die Kräuter richtig verarbeitet?~
~Verdammt, Alec, hab ich! Ich habe sie klein gestampft und sie in den Tee gegeben, aber es hat nicht funktioniert!~

Jace war mit Izzy der einzige, der ihn so ankeifen durfte und normalerweise keifte Alec auch gerne zurück, aber jetzt empfand er nur tiefes Mitgefühl für seinen Freund.
Jace liebte Michael, als wäre er sein echter Vater und der Gedanke, ihn zu verlieren, machte ihn wahnsinnig vor Angst.

~Könnten ihm vielleicht andere, stärkere Kräuter helfen? Oder ihm zumindest den Schmerz nehmen? Was hat Bruder Zachariah dazu gesagt?~, fragte Alec.
Bruder Zachariah war der Heilkundige des Hofes, aber man fand ihn beinahe nur in der Bibleothek oder in seiner Kammer. Er war zwar stets freundlich, sagte aber nicht besonders viel und bewegte sich beinahe lautlos, was viele grußelig fanden.

~Er kann kaum noch etwas für ihn tun. Es gibt zwar noch eine Mixtur, die wir noch nicht ausprobiert haben, aber diese kann er nur bekommen, wenn er die Zustimmung des Königs hat. Und du kennst ja deinen Vater ...~
~Ich könnte euch die Erlaubnis erteilen, immerhin bin ich in wenigen Tagen sowieso König. Da wird niemand nervige Fragen stellen.~, wandte Alec ein.
~Das würdest du tun?~

~Selbstverständlich! Du bist mein bester Freund! Aber ... könntest du mich mitnehmen?~
~Nach Alicante? Wieso?~
~Ich bin beinahe König und habe noch nicht einmal die Gegend außerhalb der Mauern gesehen. Das würde ich gerne nachholen.~, erklärte Alec verlegen.
~Da draußen ist es aber gefährlich.~
~Ich bin ja nicht alleine. Bitte Jace!~, flehte Alec und setzte seinen besten Hundeblick auf.

Der musste wohl urkomisch aussehen, denn Jace begann heftig zu lachen. Man konnte schon die Lachtränen in seinen Augen sehen und obwohl Alec das alles andere als lustig fand, musste er auch mitlachen. Jace' Lachen war einfach zu ansteckend.

~Na schön, aber nur, wenn du diesen Blick lässt. Du siehst aus, als hätte dir jemand in die Weichteile getreten!~
~Von mir aus!~, schnaubte Alec gespielt beleidigt.
Die beiden machten aus, sich nach dem Abendessen auf den Weg zu machen, bevor Alec in den Speisesaal hinabging.

Seine Familie und Lydia saßen bereits an der Tafel, hatten aber noch nicht zu essen begonnen, weshalb er sich still auf den einzigen noch freien Stuhl niederließ, neben Lydia. Sie hatte sich anscheinend umgezogen, denn nun trug sie ein weniger bequemes, eher pompöses, blaues Kleid mit viel Tüll.

Seine Eltern unterhielten sich über irgendeinen Ball, den sie demnächst veranstalten wollten, doch Alec hörte nur mit halben Ohr zu. Er dachte viel lieber über die kommende Nacht und seinen ersten Besuch der Außenwelt nach. Bisher hatte er Alicante immer nur aus einem Fenster betrachtet und sich immer gefragt, was sich wohl in den unzähligen Straßen abspielte und jetzt stand er kurz davor, es selbst zu sehen, zwar bei Nacht, aber immerhin.

Malec-Der Prinz von IdrisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt