Kapitel 49 - Weiß, die Farbe des Friedens, der Unschuld und des Todes

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Der Ort, an dem die Trauung stattfinden würde, war kaum zu übersehen.
Ein riesiger, rechteckiger Platz war von kleinen Säulen umzäunt, auf denen kunstvolle Vasen standen, die vor roten und weißen Rosen nur so überquollen. Ein roter Teppich, an dessen Rändern ebenfalls Rosen in kleinen bunten Glasgefäßen steckten, war über die ganze Wiese ausgerollt worden und erstreckte sich vom Eingang bis zum Traualtar, der auf einer erhöten Plattform unter einem offenem, weißen Pavillion stand. Über den Pavillion waren lange Bänder gelegt, die die unterschiedlichen Wappen der Adelsfamilien zeigten. An den Seiten des Podiums standen mehrere Stühle, wahrscheinlich für die Hauptrollen dieser politischen Heirat gedacht.

Hinter dem weißen Pavillion, dessen Stoffwände in der leichten Brise etwas von einem verwunschenem Märchenort hatten, stand ein weiteres, erhötes Podest, bei dem einem die Galle hochkommen konnte. Dort war der Galgen, der passend zu der restlichen Dekoration mit weißen und roten Rosen geschmückt war. Der vorgebundene Strick tanzte sacht im Wind, als wolle er sich von dem Holzbalken losreißen, um ein Leben als Pseudo-Herbstblatt zu führen.

Weiß, die Farbe des Friedens und der Unschuld, dachte sich Alec bitter, denn ihm wurde bei diesem Anblick schlecht.

Dennoch ging er mit den anderen -die Pferde hatten sie an die Äste einer noch kahlen Eiche gebunden- zum Eingang, durch den ein stetiger Strom Besucher floss.
Dort warf er erst Camille, Luke und Maia einen Blick zu, woraufhin sie nur nickten und sich von der Gruppe trennten. Sie würden sich um den Beweis kümmern.

Dann sah er zu Ragnor, Raphael und Simon, die ebenfalls nickten und sich von ihnen abspalteten. Sie würden für die gröbste Ablenkung sorgen.

Alec hakte sich daraufhin bei Clary und Lydia unter und, gefolgt von Catarina, betraten sie das "Festgelände".
Im hinterem Teil war noch nicht allzu viel los, doch je näher sie dem Pavillion kamen, desto mehr Menschen drängten sich ihnen entgegen.
Alle drückten sich Richtung Galgenpodest, denn dort würde der erste Teil der Veranstaltung stattfinden und jeder wollte einen besondes guten Blick auf die baldige Hinrichtung haben.

Sie quetschten sich durch die Menschenmenge und je weiter sie vorankamen, desto edler waren die Kleider der Menschen und desto mehr Soldaten konnte man sehen. Sie standen einerseits am Rande des Feldes und andererseits um das Podest herum, damit die Menschen ihm nicht zu nahe kamen. Alle Soldaten, die sich um das Galgenpodest positioniert hatten, hielten lange, gefährlich aussehende Speere in den Händen, um die Menschen vom Nähertreten abzuhalten.

Viele murrten empört auf, als sie sich so unhöflich vorbeidrängten, doch als sie einen Blick auf die Kleider der Frauen erhaschten, schwiegen sie abrupt wieder. Das war nicht verwunderlich, denn sie trugen teuer aussehende Kleider, die Macht und Reichtum repräsentierten -einige von Magnus' letzten Kreationen mit einigen praktischen Funktionen.
So kamen sie fast bis in die erste Reihe, wo sich nun auch Clary und Lydia verabschiedeten, denn sie hatten ihre ganz eigenen Aufgaben.

Catarina blieb bei ihm und nahm den Arm, den er ihr anbot, dankend an. Sie strich beruhigend über seinen Ärmel, doch Alec achtete kaum darauf.

Viel zu sehr war er damit beschäftigt, dem Soldaten vor ihm nicht in die Augen zu sehen. Er wollte nicht, dass ihr fein ausgeklügelter Plan auf den letzten Metern doch noch fehlschlug.

Während er wartete, gingen seine Gedanken wieder auf Wanderschaft. Und sie wurden es nicht müde, an Magnus zu denken. Dass Alec regelrecht besessen von diesem Mann war, war ihm so ziemlich egal.

Mit einem bittersüßem Stich im Herzen, dachte Alec an die Nacht zurück, in der Magnus' Mauer zum ersten Mal gefallen war, sodass er sehen konnte, was er wirklich dachte und fühlte.
Ihm lief ein Schauer über den Rücken, als er an die zarte Zuneigung dachte, die er in diesem Braun hatte erspähen können. Ein Lächeln zierte Alecs trockene Lippen, als er an Magnus' Lachen dachte und es in seinem Kopf in Dauerschleife abspielte. Und sein Herz schlug unwiderruflich schneller, als er an die liebevolle Weichheit in seinen Augen dachte, wenn er ihn betrachtete.
Magnus konnte so schnell von einer zur nächsten Stimmung wechseln, doch Alec gegenüber war er stets gleich, liebevoll, verständnisvoll, aber auch verunsichert und verletzlich.

Malec-Der Prinz von IdrisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt