~Alec! Jetzt steh schon auf!~, rief Isabelle und hämmerte mit beiden Fäusten gegen die Holztür.
Alec gab nur ein Murren als Antwort. Er war einfach noch zu müde und sein brummender Kopf war dabei auch keine Hilfe. Er hasste die Feste seiner Eltern, vor allem weil er, als Thronfolger, immer dort erscheinen musste. Viel lieber hatte er es, wenn man ihn einfach in Ruhe ließ, aber das ging ja leider nicht.
~Alec! Die Branwell's kommen gleich!~, rief Isabelle wieder.
Alec stand grummelnd auf, denn er wusste, es war seine Pflicht, bei diesem Empfang dabei zu sein, vor allem heute.Die Branwell's waren eine reiche, adlige Familie mit viel Ansehen und gute Freunde seiner Eltern. Normalerweise freute er sich immer, sie zu sehen, aber dieses Mal war es anders.
Dieses Mal freute er sich nicht, denn seine zukünftige Königin wäre unter den Besuchern.
Seine Eltern hatte diese Ehe arrangiert, denn eine Verbindung zwischen Branwell und Lightwood würde ihre Macht in Idris stärken, vor allem zu dieser Zeit.Alec wusste nicht viel über die Gegend um den Palast, er hatte diesen ja auch so gut wie nie verlassen, aber er wusste, dass es Unruhen im Volk gab. Es war unzufrieden, das war ihm klar, aber er wusste nicht, warum.
Das einzige, was er von der Küchenbelegschaft aufgeschnappt hatte, war, dass eine Gruppe von Leuten, die Unterweltler genannt, im Königreich ihr Unwesen trieb und reihenweise die Fürsten ausraubte.
Auch hier wusste Alec nicht, warum sie das taten. Waren es einfache Taugenichtse, die so an Geld kamen oder steckte mehr dahinter?
Was würde er dafür geben, das einmal herauszufinden, aber er bezweifelte, dass sich ihm jemals die Chance dazu bieten würde.Also zog er ein edles, dunkelblaues Gewand an und versuchte seine wilden schwarzen Haare irgendwie zu bändigen, wobei er kläglich versagte.
Nachdem er einen Dolch in seinem Stiefel versteckt hatte, trat er zu seiner Schwester auf den Flur, wo sie ihn schon ungeduldig erwartete.Isabelle trug ein -für ihre Verhältnisse- schlichtes, rotes Kleid und hatte ihre Haare zu einem kunstvollen Knoten hochgesteckt. Sie sah viel mehr aus wie einen Adlige als Alec, der zwar nicht hässlich, aber auch nicht übermäßig schön war.
~Da bist du ja endlich, großer Bruder!~, begrüßte sie ihn, während sie ihn fest umarmte.
~Ja, Izzy, aber wenn du mich bitte ...~
~Achso, entschuldige!~, unterbrach sie ihn und löste sich schnell von ihrem Bruder. Alec war kein Freund von Körperkontakt, im Allgemeinem zog er es vor, seine Zeit mit Büchern zu verbringen, nur hatte er in letzter Zeit keine Gelegenheit dazu gefunden.~Dann komm, wir wollen die Branwell's schließlich nicht warten lassen!~
Dann stöckelte sie in ihren hohen Schuhen los und Alec hatte Mühe, mit ihr Schritt zu halten, obwohl er um einiges größer war als sie.~Freust du dich schon auf Lydia?~
~Geht so. Wenn sie nicht meine Verlobte wäre, wäre es wohl einfacher.~
~Du weißt, dass du das nicht tun musst?~, warf seine Schwester mitfühlend ein.
Nur ihr hatte er erzählt, dass er sich unglaublich davor fürchtete, Lydia zu heiraten und es auch eigentlich gar nicht wollte.Doch er war zu feige, um dies auch seinen Eltern gegenüber zuzugeben und die Verlobung aufzukündigen. Auch befürchtete Alec, dass, wenn er es nicht tat, Izzy vielleicht zu einer Heirat gezwungen wurde, und das wollte er nicht. Sie sollte jemanden heiraten, den sie über alles liebte und nicht, weil es politisch von Vorteil wäre.
~Ich weiß, aber ich muss enfach.~Dann traten sie durch die imposante Flügeltür und standen auf dem obersten Absatz der geschwungenen Treppe, die in einen kreisrunden Vorhof führte. Neben ihnen standen bereits ihre Eltern und auch ihr kleiner Bruder Max, die sie schon erwartet hatten.
Max klammerte sich beinahe sofort an Alecs lange Beine und sah mit seinem rundlichem Kindergesicht zu ihm hoch.
~Freust du dich schon?~, fragte er neugierig.
Alec strich ihm liebevoll über das braune Haar.
~Und wie.~, log er und sah auf, als er die Zugbrücke rattern hörte.Sie wurde heruntergelassen, sodass zwei elegante Kutschen darüber fahren konnten. Sie fuhren eine Runde um den Springbrunnen, der den Mittelpunkt des Hofes darstellte, und kamen vor der geschwungenen Treppe zum Stehen.
Der Kutscher der ersten Kutsche sprang vom Bock und öffnete die Tür, um dann einer jungen Frau hinauszuhelfen. Aus der zweiten kletterten zwei Dienstmädchen und eilten dann zu ihrer Herrin, um hinter ihr stehen zu bleiben.
Die Frau aus der ersten Kutsche war groß und blond, besaß eine porzellanweiße Haut und wirkte in ihrem weit ausfallendem, violetten Kleid wie eine wunderschöne Blume. Ihr Gesicht jedoch war von tiefer Ernsthaftigkeit geprägt und ihre grünen Augen verrieten keinerlei Gefühlsregung.
Lydia Branwell war schön, keine Frage, aber Alec empfand keine Liebe für sie. Er sah sie als eine gute und verlässliche Freundin, mehr aber auch nicht.Dennoch ging er die Treppe hinab und deutete vor ihr eine kleine Verbeugung an.
~Lydia, schön Euch endlich zu sehen. Die Boten haben keinesfalls untertrieben, als sie mir sagten, Eure Schönheit suche Ihresgleichen.~, merkte er höflich an.
Diesen Satz hatte er zwar aus einem Roman gestohlen, aber er bezweifelte, dass das irgendwem auffallen würde. Außerdem würde es seinen Eltern gefallen, wenn er sich Lydia gegenüber so vornehm benahm und ihr Komplimente machte.Auch Lydia deutet einen Knicks an, als sie antwortete~Und die Boten haben auch nicht untertrieben, als sie sagten, wie belesen Ihr doch seid.~
Nun war Alec wirklich überrascht.
Lydia hatte seinen sprachlichen Diebstahl also bemerkt, was hieß, dass auch sie ihre Zeit gerne mit Büchern verbrachte.
Das machte sie ihm umso sympathischer.Galant bot er ihr den Arm an und führte sie die Treppe hinauf.
Dann löste sie sich von ihm, um Isabelle zu umarmen und vor dem König und der Königin zu knicksen.~Wo habt Ihr eure Eltern gelassen, Lydia?~, fragte Maryse, Alecs Mutter.
~Sie müssen sich um einen ihrer Edelmänner kümmern, der von den Unterweltlern ausgeraubt worden war. Sie werden pünktlich zur Hochzeit hier sein.~Bei dem Wort Hochzeit zuckte Alec leicht zusammen, aber glücklicherweise schien das niemandem aufzufallen.
~Mein Beileid. Ich hoffe, die Soldaten werden diese ehrenlosen Banditen bald einfangen.~, sprach Robert, Alecs Vater, ernst.
~Ich danke Euch, mein König. Dürfte ich nun etwas Zeit mit meinem Verlobten verbringen?~
~Gewiss. Bis zum Abendessen werdet ihr ungestört bleiben.~, versprach die Königin und warf ihrem Sohn einen auffordernden Blick zu.Schnell bot Alec ihr wieder den Arm an und daraufhin verschwanden sie in den Tiefen des Palastes.
DU LIEST GERADE
Malec-Der Prinz von Idris
Fanfic[Abgeschlossen] -Kurzer Textauszug- Man sagt, im Augenblick des Todes sieht man sein ganzes Leben nochmals vor seinem innerem Auge vorbeiziehen, all die schönen und auch unschönen Momente, doch bei Alec passierte etwas anderes. Bei ihm machte es Kli...