Ich könnte jetzt einfach so aus meinem Zimmer gehen. Aber, neeeiiinn. Ich laufe, wie auf der Hut, zu dem Mülleimer, in der Ecke meines Zimmers, und wage einen Blick hinein. Ich kann nicht genau sagen, was es in mir auslöst, wenn ich das benutzte Kondom sehe und mag auch gar nicht erst versuche zu erklären warum ich das hier mache. Vielleicht um wirklich sicher zu gehen, dass es tatsächlich passiert ist?
Kaum habe ich mein Zimmer verlassen, kommt die ganze Rasselbande von oben hinunter gelaufen. Einschließlich Paddy. Wie von einem Magneten angezogen bleibe ich vor der Treppe stehen und durch Zauberhand bildet sich ein Lächeln auf meinem Gesicht. Naja, wohl eher durch Paddy. Sie reden alle durcheinander allerdings in einer angenehmen Lautstärke. Sie bringen, egal wo sie hinkommen, Schwung in den Raum. Diese Energie die man von ihnen auf der Bühne vermittelt bekommt, leben sie durch und durch. Das sind die Kellys. So sind sie! Naja, ein Teil davon. Der andere Teil von ihnen ist auch mal angespannt und einfach nur schlecht gelaunt. Zudem tragen sie nicht immer diese typischen Kelly-Klamotten.
Apropo Klamotten. Paddy sieht einfach mal wieder super aus! Wie er so verträumt die Treppe hinunter kommt, mit dem Blick nach unten gesenkt. Ein blau, weißer Strickpullover im irischen Look, dazu eine braune Stoffhose. Und wenn ich mal so darüber nachdenke ist er eigentlich immer ziemlich gut angezogen. Erst einmal habe ich ihn in ganz "normalen" Sachen gesehen. Kurze Hose und ein altes T-shirt. An diesem Tag wusste keiner von uns, dass wir den jeweils anderen sehen werden. Ich habe ihn praktisch überrumpelt. Naja, eigentlich war es seine Schwester Maite.
Angelo, Patricia, Jimmy, Paddy, Johnny, Barby, Joey, Kathy, Maite. Alle laufen sie an mir vorbei und ich schaue jedem einzelnen nach. Jedem, bis auf Paddy. Der bleibt nämlich wie angewurzelt vor mir stehen und beobachtet mein Gesicht. ,,Do you come outside with me?" bricht er die Stille zwischen uns. Ich schaue nochmal in die Richtung in der seine Geschwister verschwunden sind und deute mit meinen Daumen in den Gang zum Musikzimmer. ,,Musst du nicht mit?" frage ich vorsichtig nach. ,,They can wait some minutes" antwortet er und läuft zur Garderobe. ,,Okay" zögere ich, doch folge ihm. ,,For you" lächelt er, streicht meine Haare beiseite und setzt mir, mit einer schnellen Handbewegung, eine Kappe auf. Eine Kappe? So sehr strahlt die Sonne jetzt auch nicht vom Himmel, Paddy...
Er schaut mir tief in die Augen, so dass ich das Gefühl habe, er saugt meine Seele auf. Langsam nähert er sich meinem Gesicht und setzt mir, schon fast wie in Zeitlupe, einen zarten Kuss auch meine Nasenspitze.
Was ich an seinen Küssen besonders mag, ist es den warmen Atem dabei auf meiner Haut zu verspüren.
Ich folge ihm die Tür hinaus und irgendwie ist es eine ungewohnte Situation mit Paddy zusammen das Haus zu verlassen. Und wenn ich jetzt mal genauer darüber nachdenke, habe ich erst 3 mal dieses Grundstück verlassen.
Zusammen laufen wir rechts ab, in den großen Schlossgarten hinein. Habe ich schon einmal erwähnt, dass dieser Garten wunderschön ist? Und groß? Es ist ein wenig traurig, zu wissen, dass der Herbst all das hier langsam aber bald vernichten wird. Wir entfernen uns immer mehr von dem Schloss und wandern den ungeteerten Weg entlang. Das einzige was zu hören ist, sind dir Kieselsteine die unter unseren Schuhen knirschen und irgendwie ist mir diese Stille zwischen uns, anders als sonst, unangenehm.
,,Let us sit here" sagt er leise und ich spüre seine Hand an meinem Rücken. ,,What do you think know?" fragt er mich und lässt sich ebenfalls auf der kleinen Holzbank nieder. Ich schaue geradeaus, hinein in die Natur. ,,Schöne Blumen" antworte ich ihm. ,,Schöne Blumen?" lacht er. Ich schmunzel ihn an und kann nicht mehr von ihm absehen. Ich verliere mich jedes mal in sein lachendes Gesicht. ,,Do you remeber yesterday?" fragt er und wird plötzlich wieder so ernst. Er scheint sehr verstrickt in seinen Gedanken zu sein. Denn wenn er mich mal anschaut, ist es ein Blick, der alles andere als 100 Prozent zufrieden und unbeschwert aussieht.
Ob ich mich an Gestern erinnern kann? Natürlich! Wie könnte ich nicht? Jetzt bin wohl ich die, die in ihren Gedanken gefangen ist, so sehr, dass ich ihn nur anstarre ohne ihm eine Antwort zu geben. ,,What I told you" fügt er hinzu und durchleuchtet mein Gesicht mit seinen Augen. Natürlich weiß ich auch noch ganz genau was er zu mir sagte! ,,Its the truth" sagt er leise. ,,Meine Antwort war auch ernst gemeint". Ich könnte schwören, dass wenn ich nicht auf dieser Bank sitzen würde, meine Beine vor Aufregung zittern würden, als hätten wir den tiefsten Winter. Aber ist es überhaupt die Aufregung? Vielleicht eher Freude? Oder Angst? Wohl eine Mischung aus allem. Er lächelt mich an wie ein verliebter 10 jähriger Junge. Dann wendet er seinen Blick wieder von mit ab und schaut hinunter auf seinen Füße. Seine Augen haben den gleichen Ausdruck wie zuvor. Hat er auch Angst?
,,Listen Amelie". Gespannt liegt meine Aufmerksamkeit auf seinen Lippen. ,,If this goese on, and I really don't want to end it here, I have to trust you. You would be one of the people in my life I have to trust the most". ,,Das kannst du" sage ich so leise, dass es beinahe schon geflüstert ist. ,,I have to trust the two parts of you" sagt er und jetzt sticht dieses verletzliche in seinen Augen mehr heraus als zuvor. Beschämt schaue ich auf meine Oberschenkel und weiß nicht ganz was ich sagen soll.
,,Für mich warst du von Anfang an Paddy und nicht der Kelly. Ich weiß, dass du Angst hast, dass ich dich ausnutze..." beginne ich ihm zu antworten doch Paddy unterbricht mich. ,,No I don't" sagt er. Ich blicke ihm tief in die Augen. ,,Doch" flüster ich. ,,Oder deine Familie. Sonst würden wir hier nicht sitzen" sage ich ruhig. ,,Wir sitzen hier, weil der Tag kommen muss an dem wir darüber reden" entgegnet Paddy. Ich atme die warme Sommer-Luft ein während ich dabei bin mir die Worte im Kopf zurecht zu legen um meine Gedanken und Gefühle ansatzweise richtig erklären zu können.
,,Jeden Tag mehr den ich mit dir verbringe verschwindet dieser Paddy Kelly in meinem Kopf. Er wird ausgetauscht durch das "echte Bild". Durch den Menschen der du wirklich bist. Es ist komisch zu erklären.". ,,You are an amazing girl. You have something that fixed me on you" sagt er ziemlich ernst aber liebevoll. ,,Ich bin ganz normal" antworte ich geschmeichelt. Ich bin solche Art von Komplimenten einfach nicht gewöhnt. ,,Für andere vielleicht" antwortet er.
,,Vielleicht habe ich gestern doch gelogen" sage ich und bringe meinen Puls zum rasen. Nun ist es seine Aufmerksamkeit, die auf meinen Worten liegt. ,,Ich fange nicht an dich zu lieben, weil ich es schon längst tue. Irgendwie. Naja. Is ja auch nicht so wichtig. Wollen wir? Naja. Also. wollen wir wieder rein?".
Warum muss ich eigentlich immer in so peinliche Situation hinein geraten? Hätte ich es nicht bei dem Gespräch belassen können? Ungeschickter meine Liebe zu erklären ist auch nicht möglich. ,,Das war peinlich" sage ich mich glühenden Wangen und stehe auf, bereit zum gehen. ,,War es nicht" sagt Paddy und greift nach meinem Handgelenk. Ich drehe mich zu ihm und schaue in sein grinsendes Gesicht. ,,Okay, maybe a little bit". Will er mich aufziehen? Falls ja, hat es super geklappt. Schmollend klopfe ich ihm auf die Brust.
Jetzt einfach ganz schnell und so cool es geht, ins Schloss zurück.
,,Amelie" ruft er mir hinterher. Nein, einfach weiter! Oder? Ach komm, egal! Ich drehe mich um, in der gleichen Sekunde in der er vor mir stehen bleibt. Mir bleibt keine Sekunde mehr, bevor seine Lippen auf meinen liegen.
Er schmunzelt mich an und betrachtet mein Gesicht, ehe er mir wieder die Kappe überzieht. Und je näher wir der Tür kommen, fange ich langsam an zu verstehen warum. Ein Weg, unbedeckt von Bäumen, führt direkt zum Tor. An dem Tor an dem sie alle stehen. Zwar sind es mehrere Meter aber dennoch nah genug für all die verrückten die jedes bisschen an Informationen aus dem Privatleben der Kellys hinaussaugen wollen.
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i just wanna feel you
Teen FictionZwei Seelen, die sich von Anfang an völlig zueinander hingezogen fühlen