"Die Akademie des BVBs zeichnet sich durch ihre hohe Erfolgsquote aus und gilt als einer der besten Fußballschulen des ganzen Landes" las ich laut von dem Display meines Laptops vor, während ich irgendwo in einem Meer aus Kisten in unserer neuen Wohnung in Dortmund saß. Wir haben uns dazu entschieden, dass ich zunächst bei ihnen einziehen werde, bis wir alle Fuß gefasst haben. Mir war es recht, so konnte ich meine Mutter am besten unterstützen. später wenn es an der Zeit war, konnte ich schließlich immer noch ausziehen. Mein Bruder, der mir eh nur mit einem halben Ohr zuhörte, versuchte die unzähligen Kisten ihren Räumen zu zuordnen und warf mir einen skeptischen Blick zu: "Du sollst nicht blöd da herum sitzen und mich zulabern Yve. Du sollst helfen! Hier!" Er warf mir einen Edding zu, den ich so schnell nicht auffangen konnte. Also sammelte ich ihn natürlich augenverdrehend vom Boden auf und warf Lennard einen Todesblick zu, der mich aber nur schadenfroh angrinste: "Bald bringe ich dir endlich mal das Fangen bei. Beschriften! Der Karton da neben dir gehört in die Küche." befahl er mir. Ich kräuselte meine Stirn, verwundert über seinen plötzlichen Kommandantenton. Dennoch half ich ihm dabei, sämtliche Kisten zu beschriften und sie in die Räume zu bringen.
"Man, dass hätten wir echt vorher machen sollen!" seufzte ich erschöpft, als wir fertig waren. Lennard nickte und ließ danach seinen Kopf in den Nacken fallen: "Boah echt. Ich zieh nie wieder um. Das ist ja total anstrengend." murrte er dann, eigentlich eher zu sich selbst. Ich räusperte mich, bereit dafür mich wie eine große Schwester aufzuführen: "Dann solltest du kein Profifußballer werden. Die ziehen nämlich im Schnitt alle drei bis vier Jahre um." Lennard warf mir einen genervten Blick zu: "Natürlich werde ich Profifußballer. Weißt du eigentlich, wie sehr du nervst seitdem du alles über Fußball aufsaugst was du finden kannst? Ich lebe dann halt einfach aus Kisten. So einfach ist das." erklärte er beinahe schon trotzig, als er sich neben mir auf die Couch fallen ließ und seine Arme wie ein Kleinkind vor seiner Brust verschränkte. "Na die passenden Manieren scheinst du ja bereits zu haben." lachte ich provokant. Er zahlte es mir gleich heim indem er mich mit einem Kissen abwarf. Es wurde still zwischen uns und ich hatte etwas Ruhe, um unsere neue Wohnung zu begutachten. Mama hatte sich echt ins Zeug gelegt. Sie brauchte keine drei Wochen, um eine schöne und vor allem moderne Wohnung für uns drei zu finden. Wir hatten alles was man brauchte, eine große offene Wohnküche, ein Bad. Die Schlafzimmer fielen zwar etwas kleiner aus, aber was brauchte ich schon an platz. Mein großes Bett passte hinein, ein Schrank, ein Schminktisch. Dafür hatte es ein bodentiefes Fenster mit Anschluss zur Terrasse und zum Garten. Bei Lennard war es ähnlich, sein Zimmer lag direkt neben meinem. Mama übergaben wir das größte Zimmer. Sie brauchte schließlich auch mal etwas Zeit für sich und für die Arbeit hatte sie einen riesigen Schreibtisch, den sie nicht aufgeben konnte. Das war kein Problem für uns und wenn ich ausziehen würde, sobald ich eine neue Stelle gefunden hatte, hatten die zwei noch mehr Platz. Ich seufzte laut und wusste nicht, ob es voller Zufriedenheit war oder eher voller Zweifel, ob das alles was ich mir so vorstellte auch klappen würde. Lennard legte seinen Kopf auf meiner Schulter ab: "Was ist los? Ist es wegen deiner Trennung von Leon?" fragte er dann plötzlich. "Ne eigentlich nicht, aber danke, dass du mich daran erinnerst." lachte ich. "Bereust du, Schluss gemacht zu haben?" fragte er dann wieder neugierig-empathisch und schaute mich mit den gleichen braunen Kulleraugen an, wie ich sie hatte. "Ne, also weiß ich nicht. Ich glaube es war richtig so. Schließlich wollte er keine Fernbeziehung führen und ständig drei Stunden hin und her zu fahren wäre niemals das gewesen, was uns glücklich gemacht hätte." erklärte ich ihm. Leon und ich hatten uns vor fast zwei Jahren während der Arbeit kennengelernt und sind relativ schnell ein Paar geworden. Ich wusste aber, dass es ihn nicht glücklich machen würde, dieses ständige Hin und Her, weil er schon einmal eine Fernbeziehung hatte, die dann zerbrach. Es war besser so und auch sind wir im Guten auseinander gegangen. Lennard seufzte neben mir: "Man, mir tut das so leid. Ihr beide habt so viel für mich aufgegeben, nur damit ich meinen Traum verwirklichen kann." an seinen gläsernen Augen erkannte ich direkt, dass es ihm wirklich nahe ging: "Quatsch, dass war doch unsere eigene Entscheidung. Mama hat hier einen viel qualifizierteren Job gefunden und ich werde ganz sicher auch etwas gutes finden hier. Schließlich kann man als Einzelhandelskauffrau überall etwas finden." lächelte ich zuversichtlich und legte meinen rechten Arm um die Schultern des Neunzehnjährigen, um ihn an meine Seite zu drücken. Als ich ihm dann beherzt durch seine Haare wuschelte knurrte er unzufrieden und entfernte sich wieder von mir, was ich mit einem amüsierten Lachen kommentierte. Den Kommentar über die Eitelkeit von Fußballspielern gegenüber Haaren, den ich auch vor Kurzem noch gelesen hatte, verkniff ich mir lieber. "Was hältst du davon, wenn wir jetzt erstmal den Kühlschrank auffüllen gehen und dann etwas kochen und es dann gemeinsam essen, wenn Mama wieder da ist?" fragte ich ihn daraufhin optimistisch. Er nickte begeistert, also waren wir keine zwei Minuten später ihn unsere Sneaker und Regenjacken geschlüpft, um uns dem kurzen Fußmarsch durch den Regen zum nächsten Supermarkt zu stellen. Es war ein kalter Januar Nachmittag. Der eiserne Wind peitschte uns regelrecht entgegen und brannte sogar in den Augen. Lennard und ich kamen völlig unmöglich-aussehend und durchnässt in der großen Supermarkt-Kette an. "Also ich habe total Bock auf Nudeln mit Tomatensoße." sagte er überzeugt, als er einen der Einkaufswagen aus der langen Reihe herauszog. "Bestimmt weil du, wenn du erstmal anfängst beim BVB, mehr auf deine Ernährung achten musst, dass habe ich nämlich-","Ja ja, das hast du auch gelesen, schon klar." unterbrach er mich Augen verdrehend. Grinsend stampfte ich ihm dann hinterher, um ihn nicht zu verlieren. Obwohl ich ihn im ganzen Laden durch seine vor Wasser triefenden - quietschenden Sneaker kilometerweit hätte hören können. Endlich als wir die passende Abteilung, durch das total hilfreiche und vor allem riesige Nudel-Schild, erreichten. Stand eine einzige Person im Raum. Ein blonder, schlanker Mann dessen Alter ich kaum einordnen konnte in jünger- oder älter als ich. Lennard schaute mich plötzlich mit großen Augen an. Ich runzelte irritiert meine Stirn und wollte ihn gerade fragen, was sein Problem sei, da hielt er mir sobald ich den Mund geöffnet hatte, diesen auch wieder zu und schob mich zurück in den Gang, aus dem wir gekommen waren.

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Schmetterlingseffekt
FanfictionKann man alles einfach so stehen und liegen lassen für die Profikarriere des eigenen Bruders? Genau dafür entscheiden sich die 26-Jährige Yve Kühnert und ihre Familie. Obwohl sie in ihrem Alter schon für sich selbst sorgt lässt sie gemeinsam mit ihr...