"Was soll das? Ich dachte wir wollten Nudeln essen?" fragte ich irritiert und rieb mir den Hinterkopf, nachdem mich mein Bruder so unfassbar sanft gegen das Knäckebrotregal schubste. "Mensch Yve bist du minderbemittelt?" fuhr Lennard mich plötzlich so leise wie es ihm möglich war an. Ich riss meine Augenbrauen überrascht in die Höhe: "Wenn du keine Nudeln willst dann sage es mir doch einfach?" bat ich ihn und stemmte erwartungsvoll meine Hände in die Hüfte. Lennard schüttelte augenrollend den Kopf: "Doch, aber hast du denn nicht ge-" ich unterbrach ihn ungeduldig: "Nein habe ich nicht und jetzt komm! Ich bin völlig durchnässt und habe total Hunger. Du musst auch was essen, wenn du morgen vernünftig spielen willst. Ich habe gelesen, dass du eine ausgewogene Nährstoffzufuhr einhalten musst." Während ich selbstbewusst wieder in den Gang stolzierte, trottete Bruder mir langsam, beinahe schon zögerlich mit dem Einkaufswagen hinterher. "Entschuldigen sie bitte, aber ich müsste kurz an das Regal, dass sie gerade eine halbe Stunde lang blockieren." sprach ich den Blondschopf nach geschlagenen drei Minuten, die ich auf ihn wartete, an. Schon wieder hatte ich meine Hände in die Hüften gestemmt und starrte ihn unerschrocken an. Er musterte mich von meinen durchtränkten Sneakern bis zu meinen nassen Haaren und lächelte dann: "Natürlich, kein Problem." und ging einen Schritt zur Seite. Ich nickte ihm zu und wendete mich dann an Lennard: "Los, komm doch oder soll ich die Nudeln drei Kilometer weit werfen?" fragte ich grinsend. Er schlug beschämt die Hände über seinen Kopf zusammen und schob nach zwei Sekunden die er so verweilte, den Einkaufswagen zu mir herüber: "Lieber nicht, wer weiß wo das noch endet."brummelte er. Als ich die zwei Nudelpackungen in den Wagen schmiss, räusperte sich Blondie neben uns und starrte meinen Bruder an. Der lief deshalb plötzlich an wie eine Tomate, die beinahe vor Reife platzte. "Bist du nicht das junge Talent, unser neuer Transfer? Lennard Kühnert?" fragte er plötzlich. Mein Bruder nickte und schüttelte die Hand, die ihm entgegen gestreckt wurde. Ich schaute zwischen den beiden hin und her, checkte aber nicht die Bohne. War der Kerl ein Fußballfan oder was? "Und du bist seine Freundin?" fragte er mich plötzlich. Lennard und ich schüttelten gleichzeitig angeekelt den Kopf: "Nein, nur seine alte Schwester. Yve." lachte ich. "Alt? So siehst du aber nicht aus." zwinkerte er mir zu: "Ich bin Marco Reus." er lächelte während er meine Hand schüttelte. Ich beobachtete ihn daraufhin zum ersten Mal richtig und dabei fügten sich in meinem Hirn die Bilder und Artikel zu einem roten Faden zusammen. "Jetzt sehe ich's. Ich kenne dich von den ganzen Artikeln die ich gelesen habe." redete ich drauf los und handelte mir einen unauffälligen Tritt gegen meinen Knöchel ein. Marco schaute uns fragend an: "Echt? Das habe ich ja noch nie gehört. Eigentlich kennt man mich eher durch den Fußball." lächelte er nett. Als ich antwortete, wurde es Lennard aber anscheinend zu bunt und sein Fluchtreflex setzte ein: "Ja also wir müssen jetzt auch los. Bis, äh, morgen dann." und zog mich hastig hinter sich her. Marco winkte uns noch kurz hinterher. "Man Yve, du bis so peinlich." raunte er mir dann zu. Ich schaute ihn fragend an: "Wieso?" er schüttelte bloß schockiert den Kopf. Ich ließ diese durchaus komische Begegnung Revü passieren und wehrte mich dann den Vorwürfen meines kleinen Bruders: "Ich war peinlich? Dieser Reus schien doch ganz nett zu sein und ich habe mich vernünftig mit ihm unterhalten. Ich finde, dass du eher peinlich warst so rot wie du wurdest und so wie du gestammelt hast." Für Lennard schien dieses Thema aber beendet zu sein, denn er redete kein Wort mehr mit mir auf dem Fußmarsch nach Hause.
Trotz unserer Differenzen schafften wir es irgendwie ein Essen für unsere Mutter zu kochen und den Tisch vernünftig zu decken bevor sie kam. In ihr Gesicht schlich sich umgehend ein Lächeln, als sie die Wohnung betrat: "Da habe ich meine zwei Großen ja perfekt erzogen." grinste sie und küsste nacheinander unsere Stirn. "Wie war's denn auf der neuen Arbeit?" fragte ich, um von der schlechten Stimmung abzulenken die zuvor zwischen meinem Bruder und mir herrschte. "Super, das sind echt tolle Menschen da. Bin ich froh, diese Stelle gefunden zu haben." Ich nickte. "Ich muss mich auch unbedingt umschauen.","Das wird schon große." lächelte meine Mutter und rieb fürsorglich meinen Arm. Als wir uns an den Tisch setzten bemerkte sie natürlich doch die Blicke zwischen Lennard und mir: "So ihr zwei und was ist jetzt zwischen euch vorgefallen? Kann man da noch etwas retten?" fragte sie skeptisch, während ihr Blick zwischen uns zwei hin und her wanderte. Lennard, der sich gerade mal wieder als würde er verhungern das Essen in die Futterlucke stopfte, verdrehte direkt seine Augen. "Yve ist eben so peinlich gewesen. Wir haben Marco Reus im Supermarkt um die Ecke getroffen und-","Und ich habe mich total nett mit ihm unterhalten." unterbrach ich den aufgeregten Neunzehnjährigen gelassen. "Total nett? Eher komplett peinlich." brummte er beinahe unverständlich und stopfte sich die nächste Fuhre Spaghetti in den Mund. Mama und ich beobachteten ihn für eine kleine Sekunde angeekelt, bevor sie sich wieder fing und mich mit diesem fragenden Mutterblick durchlöcherte. Ich seufzte: "Lennard war plötzlich total aufgeregt, also habe ich ein bisschen mit diesem Fußballprofi gequatscht. Ansonsten wäre es desaströs gewesen." erklärte ich. Lennard schüttelte sofort den Kopf: "Stimmt ja gar nicht. Du immer mit deinem" er räusperte sich, bevor er mit viel höherer Stimme weiter sprach: "habe ich gelesen!". Ich runzelte meine Stirn: "Was ist denn das Problem? Ich interessiere mich doch nur für dich.","Dann mach das diskreter." Mama klopfte plötzlich mit der flachen Hand auf den Tisch, so dass wir zwei Streithähne aufschreckten und sie schockiert anblinzelten. "Jetzt lasst es doch endlich sein! Lennard, hör auf deine Schwester als peinlich zu bezeichnen und Yve, du bist demnächst einfach diskreter." schimpfte sie. Wir zwei nickten bloß hastig, grinsten uns danach auch sofort wieder an. "Seht ihr? Da ist man nicht mal einen ganzen Tag in Dortmund und ihr trefft die Kicker schon beim Einkaufen." scherzte sie dann, um die Stimmung aufzulockern. Ich musste grinsen. Ja, mein Bruder schien ein echter Fußballmagnet zu sein.
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Schmetterlingseffekt
FanfictionKann man alles einfach so stehen und liegen lassen für die Profikarriere des eigenen Bruders? Genau dafür entscheiden sich die 26-Jährige Yve Kühnert und ihre Familie. Obwohl sie in ihrem Alter schon für sich selbst sorgt lässt sie gemeinsam mit ihr...