Nach ein paar weiteren Wochen war es endlich so warm, dass ich mir ein Glas Cola alleine, auf der Terrasse, in der Sonne gönnen konnte. Ich hatte immerhin mal genügend Abstand von allem bekommen, um mich mit der ganzen Misere Auseinandersetzen und eventuell auch ein kleines bisschen Abfinden zu können. Das mit Marco und seiner Ex verdrängte ich einfach, genauso wie ich seine Anrufe ignorierte. Für so etwas hatte ich keinen Nerv. Für ihn, so schien es mir, waren wir wenigstens Quitt was die Ex-Beziehung anging. Dabei lief bei mir und Leon nichts und ich wollte mir gar nicht vorstellen, was bei Marco und Scarlett lief oder gelaufen ist. Gerade als ich das warme Prickeln, das die Sonne auf meiner Haut hinterließ genoss, meldete sich mein Smartphone zu Wort und störte meine gerade geschaffene Ruheoase.
"Jaha" murmelte ich als ich abnahm. Jennys Stimme ertönte am anderen Ende: "Warum so gereizt?" Ich sah ihr verschmitztes Grinsen förmlich vor meinem inneren Auge: "Gereizt? Ich? Niemals." antwortete ich lächelnd. Sie lachte am anderen Ende. "Jetzt mal zum Thema. Kannst du für die Gartenparty einen Salat mitbringen?" fragte sie glücklich. Am liebsten hätte ich mir in diesem Moment selbst auf die Stirn gehauen. Ich hatte ganz vergessen, dass Jenny und Marcel heute ihre alljährliche Gartenparty feiern wollten und ich mich angeboten hatte bei den Vorbereitungen zu helfen. Zum Glück hatte ich Urlaub, aber Lust zu feiern hatte ich in der Tat nicht. Wer hatte das schon nach solch strapaziösen Wochen. Um nicht dumm dar zustehen und womöglich noch aufzufliegen antwortete ich schnell: "Ja klar, ist schon fertig." während ich mir schnell im Haus einen Zettel und Stift schnappte, um das nötigste zu notieren, was man für einen Salat brauchen würde. "Welchen denn? Damit wir etwas Abwechslung da haben." fragte sie dann auch noch. Ich klemmte mein Smartphone zwischen Ohr und Schulte und kratzte mich am Hinterkopf. Ein schneller Blick in den Kühlschrank half mir auch so gar nicht weiter. "Na der mit Rucola und getrockneten Tomaten und Käse - du weißt schon.","Super, wir sehen uns dann später Süße." "Ja bis gleich." Nachdem ich auflegte schlüpfte ich schnell in meine Sneaker und eilte zum nächsten Supermarkt. Wieder Zuhause angekommen schmiss ich den Salat zusammen, verfrachtete ihn in den Kühlschrank und sprang unter die Dusche. Es dauerte mal wieder Ewigkeiten bis ich darunter wegkam und endlich meine Haare stylen konnte. Beim Make-Up ging es bei mir wenigstens um so schneller. Dann schlüpfte ich in einen dunkelgrauen Jeansrock und steckte mir ein beiges sehr lockeres Shirt in den Bund, bevor ich in meine schwarzen Chucks schlüpfte und in meinem Zimmer wie bescheuert nach meiner Sonnenbrille suchte. Mit der konnte ich meine Lustlosigkeit wenigstens überspielen. Dann platzte auch schon Lennard in mein Zimmer: "Wo willst du denn hin?" Ich kroch mit meiner Sonnenbrille auf der Nase unter meinem Bett hervor und grinste ihn irritiert an: "Zur Gartenparty von Jenny und Marcel." Lennard richtete lachend meinen Scheitel: "Die hatte ich ja ganz vergessen." gab er daraufhin zu und schaute an sich herunter. Wenigstens sah er vernünftig aus in kurzen Jeans und dem schwarzen Shirt: "Wir haben aber jetzt keine Zeit mehr.","Aber meine Haare!","Lennard die waren dir sonst auch total egal." lachte ich. Er zuckte mit den Achseln und gab sich geschlagen. Da die Schmelzers nicht allzu weit von uns entfernt wohnten und Lennard ein kleiner Spaziergang gut tat, beschlossen wir uns dazu, zu laufen. Gut für mich, so konnte ich mir wenigstens ein oder zwei Weinchen gönnen. Nach meinem Abschuss letztens hatte ich erstmal genug von Cocktails und in Alkohol getränkten Gesprächen oder Gedanken. Als Lennard die Haustürklingel betätigte und ich anhand der ganzen hochwertigen Autos und dem Lärm schon erkannte, dass wir nicht die Ersten sein würde, klammerte ich mich um die Salatschüssel vor meinem Bauch, als wäre sie mein Fels in der Brandung. Bei Jenny konnte ich wenigstens darauf vertrauen, dass nicht allzu viele dieser Spielerfrauen-Tussen da sein würden, sondern nur die Netten. Schließlich hielt sie selbst nicht so viel von einigen dieser Diven. Auf der großen Terrasse angekommen, die wunderschön dekoriert war lagen natürlich auch alle Augen auf Lennard und mir. Ihn schien das aber nicht zu stören und ich war froh, ein wenig untergegangen zu sein in dem ganzen Trubel um ihn, da die meisten ihn heute das erste Mal nach seiner Verletzung wiedersahen. "Du kannst sie mir geben, dann platziere ich sie auf dem Tisch." sagte Schmelle plötzlich zu mir und grinste mich an, weil ich die Schüssel so fest hielt, dass er sie mir zunächst nicht abnehmen konnte. "Achso, ja. Natürlich." lachte ich die Peinlichkeit gekonnt weg. Ich ließ mein Blick über den Raum schweifen und sah, wie Lennard sich auf den letzten freien Stuhl in der Nähe der Frauen setzte. Mir blieb nur noch der in der Nähe von Marco übrig. Lennard grinste mich doof an. War das sein Ernst? Meine weit aufgerissenen Augen, um ihm zu verklickern, dass er sich gefälligst auf den anderen Platz setzen sollte, ignorierte er. "Hier dein Wein." lächelte Jenny und drückte ihn mir in die Hand, bevor sie wieder verschwand. Überfordert trank ich einen großen Schluck und setzte mich dann tatsächlich in die Nähe von Marco. Das war ja ein super Start für die Party. Die Blicke die Marco mir zuwarf, ignorierte ich einfach.
Natürlich nahm die Party nach dem Essen ihren Lauf. Der Alkohol Pegel der meisten stieg, nur meiner nicht. So eine Situation wie letztens, die konnte ich nicht noch einmal zulassen. Als viele an den Stehtisch gegangen, saß ich relativ alleine auf meinem Platz und schwenkte in Gedanken versunken das Weinglas in meiner Hand hin und her. "Wenn du so weiter machst ist er verschalt." hörte ich Marco plötzlich neben mir. Ich schaute zu ihm hoch und dabei zu, wie er sich neben mich setzte. Dann zuckte ich mit meinen Achseln. Vorsichtshalber ließ ich noch einmal meinen Blick nochmal durch die Menge gleiten. Scarlett war immer noch nicht in Sicht. "Wo ist sie?" fragte ich ihn daraufhin also relativ trocken. Marco brauchte gar nicht zu überlegen: "Scarlett und ich sind nicht wieder zusammen und das war auch kein Racheakt dafür, dass Leon bei euch war." erklärte Marco leise. "Und was war dann das am Trainingsgelände?" fragte ich wieder und warf ihm einen skeptischen Blick zu. "Hättest du es mich erklären lassen, wäre alles halb so wild gewesen, Yve." murmelte er darauf hin und rieb sich genervt die Augen. "Nur weil Leon da war heißt es nicht, dass ich mit ihm ins Bett gesprungen bist, aber genau das scheinst du mit ihr gemacht zu haben." warf ich ihm so leise wie es mit meiner Wut eben ging. Marcos Grinsen brachte mich zur Weißglut: "Da war nichts. Sie hat mit ihrer Freundin, der Frau von Julian, beim Training zugesehen. Dann hat sie mich noch gefragt wie es mir geht, mehr nicht. Wirklich." Ich runzelte meine Stirn und setzte mich auf, um ihm tief in die Augen sehen zu können: "Wie dem auch sei Marco, ich glaube dir kein Wort. Ich hätte nicht gedacht, dass du so bist. Ein Bild sagt mehr als Tausend Worte." warf ich ihm nun etwas lauter an den Kopf. Auf einmal lagen die Blicke förmlich auf uns. Marco sah sich hastig um und mir dann wieder in die Augen. Plötzlich legte er seine Lippen auf meine. Vor all diesen Leuten. Vor all seinen Freunden. Nicht kurz und auch nicht flüchtig küsste er mich unerwartet, sondern so gefühlvoll wie noch nie zuvor. Als er sich dann langsam von mir löste herrschte eine unangenehme Stille, bis Jenny laut klatschend zu jubeln begann und sie einige dabei unterstützten. "Das hat mehr gesagt als tausend Worte." wisperte Marco bloß leise, als ich ihm nach dem Kuss einen völlig schockierten Blick zuwarf.

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Schmetterlingseffekt
FanfictionKann man alles einfach so stehen und liegen lassen für die Profikarriere des eigenen Bruders? Genau dafür entscheiden sich die 26-Jährige Yve Kühnert und ihre Familie. Obwohl sie in ihrem Alter schon für sich selbst sorgt lässt sie gemeinsam mit ihr...