"Du siehst toll aus." lächelte meine Mutter mir zu, als sie sich plötzlich an den Türrahmen meines Zimmers lehnte und grinste. Im Spiegel sah ich, wie ihre Augen von meinen Haaren bis zu meinen Schuhen wanderten. Ich drehte und wendete mich weiter und ließ nicht davon ab mir selbst einen kritischen Blick zu zu werfen. Ein karierter Blazer, ein weißes Top, eine kariert zum Blazer passende lockere Hose und weiße Turnschuhe. "Die werden dich sicher nehmen." baute mich meine Mutter dann weiterhin auf. Ich drehte mich zu ihr um: "Weiß nicht, ich sehe aus wie immer." brummte ich und strich mir über meinen nicht vorhandenen Bart. "Ach iwo. Du siehst modern aus. Das wird schon so passen und wenn du dich jetzt nicht vom Acker machst, dann kommst du zu spät." grinste Mama schadenfroh. Ich warf einen hysterischen Blick auf meine Armbanduhr und verschwand binnen weniger Sekunden aus der Wohnung.
Obwohl ich zu spät kam hatte ich den Job bekommen. Nun war ich zwar nicht mehr Verkäuferin in einem Modegeschäft, sondern in einem Sportartikelgeschäft, aber wie sollte es auch anders sein in Dortmund? Ich würde mich schon in den Fachbereich herein lesen können. Gerade als ich meinen zukünftigen Arbeitsplatz verließ, während ich meine nervtötenden schulterlangen Haare zu einem Zopf band, wurde ich beinahe umgerannt. "Entschuldigung" raunte mir mein Gegenüber zu. Meine Sinne wurden sofort aufmerksam und schlugen Alarm. Diese dunkle Stimme, dieser Geruch und diese eisigen Augen, das alles konnte ich nicht außer Acht lassen. "Leon?" fragte ich irritiert. Als er mein Dasein realisierte erhellte sich seine einst dunkle Miene: "Yvonne" grinste er. Zu diesem Zeitpunkt hätte ich schon meine Augen rollen können. Egal wie ich ihm erklärte, dass mich jeder Yve nannte, mochte er es meinen vollen Namen auszusprechen. Peinlich berührt kratzte ich meinen Hinterkopf und starrte meinen Exfreund an, bevor ich plötzlich von ihm in seine starken Arme gezogen wurde. Es kam mir so vor, als wäre es ewig her gewesen und als wäre er noch trainierter als zu vor. Als er sich endlich von mir löste fuhr er sich durch die Haare und räusperte sich. "Zu dir wollte ich ehrlich gesagt. Deine Mutter hat gesagt, dass ich es hier versuchen sollte." Ich runzelte meine Stirn. Er war bei mir zuhause? Und wollte zu mir? Trotz meiner berechtigten Zweifel nickte ich und bot ihm an einen Kaffee trinken zu gehen. Eigentlich dachte ich, unsere Fronten wären geklärt und es sei endgültig Schluss zwischen uns. Genau das hatte ich doch auch schon Lennard vor knapp einem Monat erzählt. Ich verstand also nicht, was er von mir wollte. Ich hatte damit abgeschlossen und musste ehrlich sein und sagen; meine große Liebe war er nicht. Zusammen mit den Coffee to go Bechern in der Hand liefen wir also durch die Innenstadt und er begann zu erzählen. Ich hörte ihm nur mit einem halben Ohr zu wenn ich ehrlich war, er kam einfach nicht zum Punkt. Als ich die Umgebung beobachtete, fiel mir eine Person auf, die komplett vermummt an uns vorbei lief. Der Hoodie war tief ins Gesicht gezogen, die Kaputze aufgesetzt und eine Sonnenbrille saß auch noch auf der Nase. Ich runzelte meine Stirn und beobachtete diese Person ganz genau. Das konnte doch nur irgendeiner dieser abgehobenen Fußballspieler sein. "Das war doch Marco Reus!" staunte Leon neben mir, der ihm immer noch nach sah. Mein Herz rutschte mir in die Hose, war Blondie denn echt überall wo ich war? "Ach, quatsch." verwarf ich seinen Gedanken und sah der mysteriösen Person, die eventuell der Reus war, noch eine Weile nach. Er konnte es gar nicht sein, dachte ich. Schließlich war Lennard doch beim Training, dann musste er doch ach dort sein.
Nach einer ganzen Weile kam Leon dann auf sein Lieblingsthema zurück. "Jedenfalls, worauf ich hinaus wollte-","Leon komm bitte zum Punkt ich habe nicht ewig Zeit. Ich muss Lennard gleich vom Training abholen." unterbrach ich ihn also endlich. Er nickte: "Ja natürlich. Sorry, ich will deine Zeit nicht weiter beanspruchen. Ich denke bloß, dass es ein Fehler von uns war das aufzugeben was wir hatten." Nun kam er zum Punkt, bloß gefiel mir dieser nicht. Ein wenig perplex blieb ich stehen und starrte meinen Exfreund an: "Du willst mir sagen du machst erst Schluss mit mir, weil du mir mir nicht genug vertraut hast für eine Fernbeziehung und jetzt nach einem Monat kommst du hier einfach so ohne Absprache hin und willst es doch versuchen?" fasste ich diese durchaus banale Situation zusammen, nur damit er zu nicken begann. Nun verdrehte ich wirklich meine Augen und verschränkte dazu auch noch meine Arme vor der Brust. Da brauchte ich gar nicht erst das Grübeln beginnen: "Gegen Freundschaft habe ich nichts. Aber keine Beziehung. Ich bin doch kein Versuchskaninchen." murmelte ich. Er nickte ein wenig geknickt: "Ja das habe ich mir ehrlich gesagt schon gedacht."murmelte er dann. Ich lächelte: "Du kennst mich ja auch. Ich renne keinem hinterher und zweimal etwas versuchen was nicht klappt, das gibt es für mich nicht." erklärte ich ihm dann. Leon musste lachen und steckte mich damit an. Ein Glück konnte ich ihm klar machen, dass es keinen Sinn mehr machte zwischen uns. Ich hoffte bloß, dass es so blieb und ich hoffte, dass Lennard ihn nicht sah. Die zwei verstanden sich zu gut. Hinterher würde Lennard ihn noch zu einem Spiel einladen oder was auch immer. Also musste ich meinen Exfreund unbedingt los werden. Nach einigen stillen Sekunden räusperte ich mich also diesmal, unterbrach die peinliche Stille und legte los: "Äh du, ich muss jetzt leider nach Brackel fahren und meinen Bruder abholen." log ich also. Eigentlich war ich viel zu früh. "Ich kann doch mitkommen" schlug er völlig euphorisch vor, ich jedoch schüttelte meinen Kopf. Das könnte jetzt unangenehm werden. In meinem Kopf ratterte es, ich suchte nach Ausreden. Irgendwann fiel mir dann die beste ein, die ich hätte finden können: "Das ist nicht so leicht, im Vertrag steht ausschließlich, dass nur Familienangehörige das nicht öffentliche Training besuchen dürfen." Ich hatte Glück, dass er mir überhaupt glaubte bei meinen desaströsen Lügenkünsten. Egal, wir verabschiedeten uns und eine große Anspannung fiel von mir ab. Endlich war ich ihn erstmal los.
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Schmetterlingseffekt
FanfictionKann man alles einfach so stehen und liegen lassen für die Profikarriere des eigenen Bruders? Genau dafür entscheiden sich die 26-Jährige Yve Kühnert und ihre Familie. Obwohl sie in ihrem Alter schon für sich selbst sorgt lässt sie gemeinsam mit ihr...