Die Liebenden | 3

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Nash hielt sich an dem Ausschnitt seiner kugelsicheren Weste fest. Seine Heckler&Koch steckte in seinem Oberschenkelholster und die Handschellen klirrten leise, wenn das Metall in seiner Hosentasche aufeinanderprallte.

„Wir sind auf der Ostseite", verkündete Dean, als er sich neben ihn stellte und genau wie er gegen die Motorhaube des Chevrolet Suburban lehnte.

King und sein Team standen kurz vor einer kleinen Razzia und hatten ihre Autos zwei Straßen weiter geparkt, damit sie sich nicht verrieten. Nash und Nolan waren der Ostseite zugeteilt worden. Nash schaute auf den Grundriss des Hauses. Es war klein, hatte dafür aber mehrere Ausgänge, die alle abgesichert werden mussten. Auf dieser Seite lag das Wohnzimmer, das an den Flur angrenzte, in dem wiederum ein Zugang zu der Garage war. Hereinkommen würden sie durch einen Seiteneingang. Alles war genau durchgeplant worden um die drei Männer, denen Vincent im Bestattungsunternehmen nur knapp entkommen war, festzunehmen.

Nolan reichte seinem Partner einen Ohrstecker. „Hat eigentlich jemand rausbekommen, dass du damals nicht alleine warst?"

Er schüttelte den Kopf. „Nein, noch nicht. Ich hoffe nur, dass das auch so bleibt." Er konnte immer noch nicht glauben, dass er wegen einer Frau seine Vorgesetzten anlog.

„Zu schade. Ich hätte das mit dem Sarg nur zu gerne erzählt."

„So ein Pech aber auch", entgegnete Vincent ironisch.

„Was für ein Sarg?", wollte Holly Barron wissen, die gerade hinzu kam.

„Gar keiner", winkte Nash ab.

Holly nickte und sah auf den Boden. „Ich hätte mal eine Frage an Sie beide." Sie kaute nervös an ihrer Lippe, bis sie schließlich wieder aufsah und den Männern abwechselnd in die Augen sah. „Hatten Sie auch schon mal das Gefühl irgendwie... beobachtet zu werden?"

„Inwiefern?", hakte Nolan nach, „Von verrückten Ex-Freundinnen, Kriminellen, Kollegen oder Groupies?" Bei letzterem wackelte er mit den Augenbrauen.

„Oder von King", stieg Nash mit ein, „Er ist die Sorte von Chef, bei dem man Angst haben muss, dass er direkt hinter einem steht, wenn man über ihn spricht."

Doch Barron schüttelte den Kopf. „Mal ehrlich. Noch nie?"

Die Agenten wurden ernst. Nolan legte den Hand auf den Griff seiner Glock, die im Holster steckte. „Sie haben eine Waffe, Barron. Wenn Ihnen jemand auf die Pelle rückt..."

„Nein, das ist es nicht. Ich meine nur ein Auto öfter in der Nähe meiner Wohnung zu sehen, bin mir aber nicht sicher ob es das Gleiche ist oder ich halluziniere..."

„Eine gewisse Paranoia gehört zum Job", versicherte Nash ihr, der nur zu gut wusste, was sie meinte. Als er angefangen hatte Kriminelle zu jagen, hatte er in jedem Menschen einen Betrüger, Dieb oder Mörder gesehen. Er hatte erst wieder lernen müssen Menschen zu vertrauen. Aber das war am Anfang seiner Karriere gewesen. Und Barron war ebenfalls schon eine Weile dabei.

Nash fiel erst jetzt auf wie ausgezehrt sie aussah. „Haben Sie sich das Nummernschild gemerkt?"

Sie schüttelte den Kopf. „Es ist... Ich kann es schwer beschreiben. Es ist eher ein Gefühl. Wenn ich denke, das Auto gesehen zu haben, wird es mir erst im Nachhinein bewusst. Deshalb bin ich mir auch nicht sicher."

Sie seufzte. „Ich glaube, ich werde verrückt."

„Noch mehr als sonst?", fragte Nolan mit einem Grinsen.

Aber Barron war nicht für Scherze aufgelegt. Sie stöhnte genervt auf. „Wissen Sie was? Vergessen Sie es einfach!" Sie drehte sich um und ging.

Nash warf seinem Partner einen vorwurfsvollen Blick zu.

Der zuckte mit den Schultern. „Was? Ich wollte die Sache nur ein wenig auflockern." Er senkte die Stimme und kam näher zu Nash. „Und mal ganz ehrlich. Barron gehört nicht wirklich in den Außendienst, oder?"

Nash war froh, dass King sie unterbrach und allen Agenten befahl auf ihre Posten zu gehen, denn so musste er nicht antworten. Es mochte sein, dass Dean recht hatte, aber es war nicht fair Holly nicht ernst zu nehmen. Auch wenn sie sich alles wahrscheinlich nur einbildete

Die Agenten teilten sich auf und begannen ihre Posten zu beziehen. Durch den Nachbargarten kamen Vincent und Dean in den Garten des Zielobjekts, wo der Seiteneingang lag. Nash duckte sich unter dem Fenster hinweg und drückte sich an die Hauswand neben der Tür. Jetzt wurde es endgültig ernst. Mit Handzeichen gab er Dean zu verstehen, dass er als erstes reingehen würde. Dann warteten sie auf das Signal. Vincent zog seine Waffe aus dem Holster und entsicherte sie. Er wollte das hier auf keinen Fall vermasseln und die Kerle aus dem Bestattungsunternehmen entkommen lassen. Vor allem aber wollte er Antworten.

„Alle auf ihren Posten?", wollte King wissen.

Nacheinander drangen von jedem Team ein leises „Ja" an sein Ohr, auch das von Dean.

„Dann Zugriff!"

Vincent verlor keine Zeit, stellte sich vor die Tür und trat sie ein. Sie schwang auf und knallte mit einem lauten Krachen gegen die Wand. Mit seiner Waffe im Anschlag machte er einige Schritte hinein und stand sofort im Wohnzimmer. Er hörte wie Nolan ihm folgte und seine Kollegen, die zeitgleich eingedrungen waren, sich im restlichen Haus verteilten.

Die überraschten Männer, die an einem Tisch im Wohnzimmer saßen und Poker spielten, erstarrten für eine Sekunde. Als sie begriffen hatten, sprangen sie plötzlich auf. Einer von ihnen griff nach seiner Waffe, die restlichen beiden stürzten in den Flur.

„Stehen bleiben! FBI!", brüllte Nolan, doch wie zu erwarten, dachten sie nicht daran stehen zu bleiben oder sich gar zu ergeben.

Als Antwort zischte eine Kugel nur knapp an Vincents Kopf vorbei, der gerade den restlichen zwei nachlaufen wollte. Er sah zu dem Flur und ihm fiel die Garage wieder ein. Sie war als einziger Ausgang nicht gesichert, da sie gedacht hatten, dass sie gar nicht erst dorthin gelangen würden. Auch nicht, dass einer der Verdächtigen kurzerhand das Feuer auf sie eröffnete. Doch offensichtlich hatten sie sich geirrt.

Vincent gab zwei Schüsse ab und machte zwei Schritte rückwärts, ohne seinen Gegner aus den Augen zu lassen. Ihm blieb nichts anderen übrig, als in Deckung zu gehen, indem er zurück durch die Tür ging, durch die er hereingekommen war. Um aus dem Schusswinkel zu kommen, drückte er sich an die Wand und sah, dass sein Partner genau das gleiche tat. „Werden beschossen. Zwei Verdächtige wollen vermutlich durch Garage fliehen", gab er durch.

Criminal - Krieg der SchattenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt