Masken | 2

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Nur zur Sicherheit war ich in der Masse untergetaucht und hatte mich geschickt aus der Affäre gezogen. Wieder einmal bewies ich, dass es bei der Evolution nicht auf körperliche Stärke, sondern auf Anpassung ankam. Wenn ich es wollte, konnte ich sowohl unsichtbar sein als auch auffallen. Darin war ich wirklich gut und vor allem hatte mich diese Wandlungsfähigkeit mich weiter gebracht als jeder Muskelprotz kommen würde.

Ungesehen verließ ich den Zuschauerraum, um mich spannenderen Dingen zuzuwenden. Wir hatten kurz vor zehn und die Versteigerung war auf zehn angesetzt. Ich ging durch die Gänge des Opernhauses und wenn ich einen Angestellten traf, sagte ich einfach, dass ich die Toiletten suchte.
 
Schließlich war ich an einer Tür angelangt, vor dem zwei Männer in Anzügen standen. „Geschlossene Gesellschaft", grunzte der eine.
 
„Ich habe eine Einladung." Ich gab ihm das Stück Papier, immerhin wollte ich nicht meine eigene Party sprengen.
 
„Ich muss Sie leider durchsuchen, Miss. Keine Waffen erlaubt."
 
Bereitwillig hob ich meine Arme und er kam einen Schritt auf mich zu. Hinter mir erschienen schon die nächsten Gäste, während mich der Türsteher abtastete. Er spürte meine Beretta an meinem Oberschenkel und richtete sich wieder auf. „Sie ist sauber", meinte er und nickte dem anderen zu, der mir wiederum die Tür öffnete.
 
Ich trat ins Innere des großen Raumes. Auch er war im Neobarock gehalten, aber hier waren Stehtische und etwas weiter vorne eine kleine Bühne mit einer Art Rednerpult aufgebaut. Auch hier trugen fast alle Anwesenden Masken und an einer Bar in der Ecke wurden Häppchen und Alkohol serviert. Aber etwas war anders. Die Stimmung war ein wenig angespannter als bei der Hauptveranstaltung und alles schien ein wenig düsterer zu sein. Die Gesichtsausdrücke waren ernster und die Drinks härter. So wie ich es mochte.
 
Ich gab meine Einladung an einem kleinen Tisch direkt neben der Tür ab und Cat nahm sie entgegen. „Willkommen", sagte sie und ich lächelte ihr zu. Sie trug ein hochgeschlossenes, goldenes Kleid und eine ebenfalls goldene Maske. Ihre widerspenstigen Haare hatte sie zu einem hohen Pferdeschwanz zusammengebunden. „Wie war die Oper?"
 
Ich winkte ab. „Langweilig. Ich hasse Champagner. Ich brauche erst mal einen Single-Malt."
 
Sie unterdrückte ein Grinsen. „Dann wünsche ich Ihnen heute Abend viel Spaß und gutes Gelingen."
 
Ich ging zu der Bar und ließ mir ein Glas Whiskey geben. Dann sah ich mich um. Ich kannte jeden einzelnen der Leute, immerhin hatte ich jeden von ihnen vorsorglich nach Vertraulichkeit, Interesse und dem Kontostand ausgewählt. Wenn ich mich nicht irrte, fehlte nur noch Marlow Bates, aber es war alles andere als ungewöhnlich, dass er zu spät kam. Das tat er beim Pokern auch nur allzu gerne. Er liebte den großen Auftritt und er liebte es, wenn alle auf ihn warten mussten. Doch heute machte ich ihm einen Strich durch die Rechnung, indem ich Cat ein Zeichen gab. Sie nickte und sprach wiederum mit einem älteren Mann im Anzug, der danach an den Rednerpult trat.
 
Er klopfte gegen das Mikrofon. Die Menge um mich herum verstummte langsam und als es still war, räusperte er sich. „Ich darf Sie im Namen von Jordan, der diese Veranstaltung ausrichtet, herzlich begrüßen. Ich werde die Versteigerung leiten und kann Ihnen als Gutachter und Restaurator vieler Museen die Echtheit jedes einzelnen der hier angebotenen Stücke garantieren. Die Gegenstände sind das Geld wirklich wert, meine Damen und Herren. Ich möchte Sie noch einmal darauf hinweisen, dass es keine Ratenzahlung oder ähnliches gibt. Wenn Sie etwas ersteigern, können Sie das Geld entweder sofort mit Karte bezahlen oder Bar bei der reizenden Dame in Gold direkt neben der Tür." Er deutete auf Cat. Während der Versteigerung würden einige Angestellte mit tragbaren, elektronischen Cash Terminals herumgehen. Das Geld würde dann auf eines meiner Konten überwiesen werden und Cat würde das Bargeld in einem kleinen Tresor unterbringen.
 
„Sie sehen also, meine Damen und Herren", fuhr der Gutachter fort, „es ist alles geregelt. Und nun darf ich Ihnen noch mit Freude mitteilen, dass uns heute Abend die Ehre zuteil wird Jordan persönlich unter den Anwesenden begrüßen zu dürfen."
 
Ich musste ein Grinsen verbergen, als ein Murmeln durch die Menge ging und die Leute sich gegenseitig musterten. Keiner kam auch nur auf die Idee, mich anzusehen.
 
„Und nun bleibt noch zu sagen, dass ich Ihnen allen viel Glück und viel Spaß wünsche."
 
Klatschen. Ich nahm noch einen Schluck aus meinem Glas. Der Whiskey war mir wesentlich lieber als der Champagner.
 
In diesem Moment brachten zwei Angestellte eine Kiste vom Catering hinein und bahrten einen der darin versteckten Gegenstände vorsichtig auf einem kleinen Podest neben dem Pult auf. „Hier haben wir einen antiken Zeremonien Dolch mit einer Klinge aus Obsidian. Der Griff wurde mit Gold eingefasst und er stammt aus der Maja-Zeit. Das Gebot beginnt bei zweihunderttausend Dollar. Wer bietet zweihundertfünfzig? Die Dame in weiß! Dreihundert? Dreihundertfünfzig! Wir sind bei Vierhunderttausend!"
 
Ich schaltete ab. Ich kannte das alles schon in und auswendig. Einigermaßen spannend würde es erst gegen Ende werden, wenn die wertvolleren Dinge unter den Hammer kamen.

Criminal - Krieg der SchattenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt