Kapitel 57

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Sie hatte das ganze Abendessen über versucht, sich einen Grund auszudenken, um mit Snape zusammenrasseln zu können, aber ihr fiel nichts wirklich Vernünftiges ein, das ihn dazu verleiten konnte, ihr Strafarbeiten zu geben.

Am sichersten war es immer noch, sich mit den Slytherins anzulegen, aber seit Malfoy und seine beiden Bodyguards nicht mehr da waren, verhielten die sich viel stiller als früher.

Und Malfoy selbst war wohl jetzt ein Geretteter..., dachte sie leicht ironisch. Wirklich Pech, nie ist er da, wenn man ihn mal wirklich braucht.

Sie ging mit Harry, Ron und Ginny aus der Großen Halle, während sie den Tränkemeister aus den Augenwinkeln beobachtete. Er erhob sich in seiner geschmeidigen Art und folgte ihnen langsam, dabei scheinbar das Verhalten der noch verbleibenden Schüler überwachend.

Sie waren gerade in der Eingangshalle, als Hermione ein passendes Opfer fand. Nun ja, Opfer war erst einmal jemand anders.

„Aus dem Weg!", raunzte Milicent Bullstrode, offensichtlich über irgendetwas sehr verärgert, und stieß einen Zweitklässler aus Hufflepuff grob zur Seite. Der kleine blonde Junge strauchelte, verlor das Gleichgewicht und fiel hin. Hermione spürte, dass ihr das Blut ins Gesicht schoss. Wie ein Adler stürzte sie sich auf Milicent.

„Sag mal, spinnst du?", fragte sie wütend und versperrte ihr den Weg.

„Halt die Klappe und kümmere dich um deinen eigenen Kram, Schlammblut!", zischte die Slytherin und baute sich drohend vor ihr auf. Obwohl Hermione nicht gerade klein war, überragte sie die andere noch einmal fast um einen halben Kopf, und breiter war sie alle mal.

Sie war wütend. Sie hatte es schon immer gehasst, wenn Schwächere und Underdogs herumgeschubst, gequält und gemobbt wurden. Sie wich keinen Zentimeter. „Du wirst dich sofort bei Cameron entschuldigen!", sagte sie hitzig.

Bullstrode gab ein Schnauben von sich. „Und was, wenn nicht? Wirst du dann deine berühmten Freunde auf mich hetzen?" Sie deutete auf Harry und Ron, die sich rechts und links von Hermione postiert hatten.

„Tretet mal einen Schritt zurück!", sagte Hermione und nickte den beiden zu. Sie warfen sich einen wissenden Blick zu, grinsten humorlos und taten, was sie sagte. Mit einer fließenden Bewegung, fast schneller, als irgendwer verfolgen konnte, hatte Hermione ihren Zauberstab draußen und an Milicents Kehle gedrückt.

„Ich brauche niemanden, um einem reinblütigen, unverschämten Klotz Benehmen beizubringen!" Hermione beugte sich vor und flüsterte diese Worte fast sanft, während sie den Druck des Zauberstabes erhöhte.

Offensichtlich hatten Snapes Methoden auf sie abgefärbt. Wut und Schreien hätten Milicent nicht sehr beeindruckt, doch diese sichtbare Demonstration von ruhiger Gewalt ließ sie erblassen.

„Du wirst dich jetzt bei Cameron entschuldigen!", wiederholte Hermione leise. Die Slytherin ließ ihren Blick hilfesuchend durch die Halle wandern, und plötzlich hellte sich ihr Gesicht auf.

Eine schwere Hand fiel auf Hermiones Schulter, und sie wirbelte herum und drückte ihren Zauberstab in die Kehle ihres nächsten Angreifers. Es war Professor Severus Snape. Er erstarrte und wich mit seinem Kopf ein wenig zurück, nur um zu spüren, dass der Druck des Stabes ihm unerbittlich folgte.

Einen Moment lang starrten sie sich schweigend in die Augen, während ringsherum die sich zusammen drängenden Schüler nach Luft schnappten. Plötzlich ließ Hermione ihren Zauberstab sinken. „Ent- entschuldigen Sie, Professor, das wollte ich nicht! Ich dachte..."

Seine kalte Stimme schnitt sie ab. „Genau das haben Sie eben nicht getan, Miss Granger. Denken! Ts, ts, Bedrohen eines Mitglieds des Lehrpersonals." Er schüttelte gespielt bedauernd den Kopf. Und dann schrie er los, mit einer Vehemenz, dass die Schüler wünschten, sich unsichtbar machen zu können.

„Was glauben Sie eigentlich, wer Sie sind, Sie kleine, unerträgliche Besserwisserin? Denken Sie, Sie stehen über den Schulregeln? Sind Sie der Ansicht, dass es Ihnen zusteht, mit Ihrem Zauberstab andere Leute zu bedrohen?"

„Aber Professor, ich wollte nicht..."

„Es ist mir egal, was Sie wollten! Hier kommt es darauf an, was Sie getan haben!" Offensichtlich war er laut genug gewesen, denn Minerva McGonagall und Flitwick stürzten aus der Großen Halle.

„Was ist hier los? Professor Snape?", verlangte die stellvertretende Schulleiterin zu wissen.

„Offensichtlich hat Ihre Starschülerin Granger einige Starallüren angenommen", erwiderte Snape kalt. „Zuerst bedrohte sie eine Schülerin aus meinem Haus mit ihrem Zauberstab, und dann, als ich intervenieren wollte, richtete sie ihn auch auf mich."

„Ich kann das erklären!", warf Harry hitzig ein und trat beschützend vor Hermione. Severus hatte große Schwierigkeiten, ein genervtes Augenrollen zu vermeiden, und dann half ihm nur noch jahrelange Praxis, ein unbewegtes Gesicht zu bewahren, als er sah, dass Hermione ihre Augen verdrehte.

McGonagall bahnte sich einen Weg durch die Schüler. „Ja, Mister Potter? Ich glaube nicht, dass irgendetwas die Tatsache rechtfertigt, dass Miss Granger eine Mitschülerin bedroht hat. Gehen Sie jetzt!"

Sie machte mit der Hand eine ausschweifende Bewegung. „Sie alle!" Ihre Stimme war so autoritär, dass sofort Bewegung in die Menge kam. „Miss Granger, erklären Sie sich!"

Miss Granger erklärte. McGonagall seufzte. „Wenngleich ich Ihre Motivation durchaus nachvollziehen kann, so bin ich doch mit Ihren Methoden keineswegs einverstanden." Sie drehte sich zu Severus herum. „Die Strafe liegt in Ihrem Ermessen, Professor. Bedenken Sie jedoch, dass auch Miss Bullstrode eine Teilschuld zugerechnet werden kann."

Snapes Blick flammte auf. „Nun gut, in Anbetracht dieser Tatsache werde ich von Gryffindor keine Punkte abziehen und gebe mich damit zufrieden, dass Miss Granger für den Rest des Schuljahres Strafarbeiten erhält!"

„Was? Das kann wohl nicht Ihr Ernst sein, Professor!", schnappte McGonagall. „Maximal einen Monat würde ich sagen, ist wohl angebracht, und auch dann nur, wenn sie nicht die ganze Zeit bei Mister Filch arbeiten muss!"

„Ihre Tat würde sogar einen Rausschmiss rechtfertigen!", fauchte Snape. „Mindestens bis Ende dieses Jahres, und sie wird mir zur Verfügung stehen, denn Poppys Heiltränke sind so gut wie nicht mehr existent, und da kann sie sich wenigstens nützlich machen!"

McGonagall verschränkte die Arme vor der Brust. „Einverstanden. Aber höchstens fünf Mal die Woche, nie länger als bis 11 Uhr abends und zwanzig Punkte Abzug für Slytherin für höchst unkameradschaftliches Verhalten einer Seniorschülerin!"

„Zehn!", hielt Snape entgegen. McGonagall streckte die Hand aus und sie besiegelten die Strafe. Der Tränkemeister wandte sich an Milicent Bullstrode. „Sie kommen nach dem Abendessen zu mir, ich denke, wir werden einmal über den Verhaltenscodex eines Slytherin reden müssen. Und Sie!"

Er wirbelte zu Hermione herum, die einen Schritt zurück wich, „Finden sich um exakt acht Uhr bei mir ein. Ich werde keine Unpünktlichkeit tolerieren!"

Er rauschte davon, ohne noch einen Blick zurück zu werfen; seine Roben bauschten sich hinter ihm auf, als bewegte er sich durch einen Sturm.

A snake, with a Gryffindors heartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt