Kapitel 106

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Harry merkte, dass Ron ihm nicht mehr zuhörte, als dessen Augen ungefähr die Größe von Dobbys Kopf annahmen. „Ähm, Ron? Alles klar, Kumpel? Was haben deine Brüder mit dem Punsch gemacht?"

„Da, da...", stammelte Ron.

Hillary, die schöne Sucherin der Cannonballs, war zwar blond, aber nicht dumm. Sie sah sich um. „Was ist los, Ronnie?"

Der Rotschopf krallte seine Hände in Harrys Arm. „Hermione... Hermione und Snape... sie tanzen!" Die letzten zwei Worte stieß er hervor, als verkündete er den Weltuntergang.

Harry drehte sich herum. „Wow!", sagte er. „Und gar nicht mal so schlecht. Hast du gewusst, dass Hermione so gut tanzen kann?"

„Vielleicht brauchte sie nur den richtigen Partner", sagte Hillary und warf Ron einen bezeichnenden Blick zu. „Der da – wie war sein Name? – kann jedenfalls tanzen."

„Snape", antwortete Ron schwach. „Das ist Snape, die schmierige Fledermaus aus dem Kerker."

„Ronald Weasley", sagte Hillary in einem Ton, dass er den Kopf einzog. „Dieser Snape ist absolut heiß. Er kann sich bewegen. Er kann tanzen. Er ist kein bisschen schmierig. Und...", ihre Stimme wurde etwas lauter, „...er kann fliegen!"

Ihre Prioritäten waren jedenfalls absolut klar.

„Aber... er kann sie doch nicht einfach zwingen, mit ihm zu tanzen!"

„Wenn du mich fragst, Ron, dann sieht Mione nicht gerade so aus, als würde sie sich mit Händen und Füßen gegen Snape wehren!", sagte Harry.

Sie waren nicht die einzigen, die dieses Ereignis beobachteten. „Snape und Hermione tanzen", hauchte eine Siebtklässlerin aus Ravenclaw, die gerade mit Fred Weasley auf der Tanzfläche war.

„Ehrlich?", er drehte sie herum, um selbst einen Blick darauf zu werfen. „Mist", murmelte er dann. „Nie habe ich Langziehohren dabei, wenn ich welche brauche. Ich wüsste zu gern, worüber sie gerade reden..."

„Wie hat es Hermione geschafft, Severus zum Tanzen zu überreden?", fragte auch Stella Sinistra, die sich gerade neben Dumbledore gesetzt hatte.

Albus warf Minerva auf der anderen Seite einen kurzen Blick zu und strich über seinen Bart. „Ich glaube nicht, dass sie dafür viel Überredungskunst gebraucht hat", antwortete er und lächelte liebenswürdig.

Tonks und Remus, die gerade auf der Tanzfläche waren, wirbelten an Severus und Hermione vorbei, grinsten sie an und grüßten. Sie waren nicht erstaunt, als sie weder bemerkt noch mit einer Antwort bedacht wurden.

„Was machst du, Severus?", fragte Hermione.

„Was mache ich denn, Löwin?", murmelte der dunkle Mann warm.

„Ich weiß nicht, ich habe das Gefühl zu schweben..."

Er hatte dasselbe Gefühl, aber er war arrogant genug, um befriedigt zu grinsen. „Hätte ich gewusst, dass ich so eine Wirkung auf dich habe..." Er zog sie etwas näher und seufzte innerlich.

Hermione musterte ihn unter gesenkten Lidern hervor. Sie sträubte sich nicht, als er sie nahe zu sich zog, warum auch? Sie passte so perfekt in seine Arme, und er bewegte sich so weich, dass sie zu fließen schienen, und er duftete so gut... Sie entspannte sich und vertraute sich völlig seiner Führung an.

Severus hatte sie schon öfter in den Armen gehalten, doch noch nie aufgrund gemeinsamen Einverständnisses. Entweder aus Trost oder Angst oder Verletzung... nie hatte er sich dabei so frei und leicht gefühlt. Sie war mit Sicherheit die einzige Gryffindor, die tanzen konnte, aber sie hatte ihm ja erzählt, dass sie einen Kurs besucht hatte.

Es wäre ihm egal gewesen. Sie hätte ihm die Füße zerquetschen können, und er wäre trotzdem noch dankbar.

„Du bist ein hervorragender Tänzer", sagte Hermione leise. „Und du bist so verdammt egoistisch, uns das all die Jahre vorzuenthalten." Tatsächlich tanzte er mit derselben natürlichen Eleganz, die all seine Bewegungen auszeichnete und der Konzentration darauf, die auch für seine Arbeit charakteristisch war.

Vielleicht habe ich ja nur auf die richtige Partnerin gewartet?

Lügner! Du hättest schon beim Abschlussball mit mir tanzen können.

Vielleicht habe ich mich ja nicht getraut?

So viele Vielleicht... Außerdem hast du auf mich noch nie den Eindruck eines Feiglings gemacht.

Es stand ja auch noch nie so viel auf dem Spiel...

Ach! Hermione spürte, wie ihr die Hitze in die Wangen stieg und sie hob ihren Kopf, um ihm direkt in die Augen zu sehen.

Was steht denn auf dem Spiel?

Unsere Freundschaft, Löwin...

Ich verstehe nicht. Sind wir keine Freunde mehr?

Löwin! Ich hege im Moment nicht sehr freundschaftliche Gefühle...

Ihr Atem beschleunigte sich. Konnte es sein, dass er gerade andeutete... Sie sah sich um. Das erste Lied war in ein zweites, dann ein drittes und viertes übergegangen, und sie hatten die ganze Zeit miteinander getanzt.

Hermione konnte nicht verhindern, dass sie rot wurde. Sie lehnte sich noch mehr an den Tränkemeister. .

Wir sorgen schon für Gerede, Severus...

Sie wich nicht zurück, Merlin, Merlin, sie musste genau verstanden haben, was er meinte, und sie ließ ihn nicht abrupt stehen! Konnte es bedeuten....

Er strich sanft über ihren Arm und legte ihn sich um den Hals. „Ich werde dafür sorgen, dass sie richtig was zu reden haben", murmelte er.

Hermione wusste, sie würde gleich einen Herzinfarkt bekommen. Es konnte nicht gesund sein, wenn man solches Herzrasen hatte. Aber es war egal. Severus neigte seinen Kopf.

Halt mich auf, Löwin...

Ich denke gar nicht daran. Angst, Schlange?

Du hast ja keine Ahnung...

Ihre Münder berührten sich, und jegliche Gedanken waren fortgewischt. Das Gefühl seiner Lippen auf ihrer, schmal, aber weich, seine Zunge, die sanft über ihre Unterlippe strich und um Einlass bat, sein Atem auf ihrer Haut...

Sie waren längst stehen geblieben, vergessen waren das Tanzen, der Ball, die Menschen ringsherum, die sie fassungslos anstarrten.

Hermione zog seinen Kopf noch mehr zu sich herunter. Er roch nach seinem Rasierwasser, und er schmeckte ein wenig nach Butterbier und einem Eigengeschmack, der sie in eine Art Wahnsinn trieb. Es war ausreichend, um sie süchtig zu machen. Er berauschte sie mehr, als es der überarbeitete Punsch der Weasley-Zwillinge je vermocht hätte.

Als er seine Hand ausstreckte und mit zitternden Fingern über ihre Wange und ihr Gesicht strich, schoss das Elmsfeuer aus ihnen hervor und hüllte sie in ein blaues Flammenmeer. Es war, als bräche mitten im Saal ein Sturm aus und sie befanden sich genau in seinem Zentrum. Zeit und Raum wurden irrelevant, als die Leidenschaft, die sie so lange unterdrückt hatten, sich ihren Weg bahnte.

Es war nicht genug, es würde nie genug sein. Er vergrub eine Hand in ihrem Haar, die andere strich über ihren Hals, die Schultern, den Rücken...

Sie tauchten aus ihrem Kuss erst wieder auf, als ihnen bewusst wurde, dass die Musik abgebrochen war, doch sie sahen sich nicht um. Severus presste sie noch mehr an sich und ließ seine Stirn auf ihren Kopf sinken. Er schloss die Augen.

Wenn du nicht willst, dass der allseits gefürchtete Tränkemeister von Hogwarts wegen seiner weichen Knie auf den Boden fällt, dann halt mich fest, Löwin...

Sie wollte lachen, doch es entkam ihr nur ein atemloses Seufzen. Festhalten würde bedeuten, dass ich Muskeln habe, aber ich bin mir im Moment nicht so ganz sicher...

Was hältst du davon, wenn wir hier verschwinden?

Das war deine zweitbeste Idee heute Abend, Severus... 

A snake, with a Gryffindors heartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt