Kapitel 111

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In etwa zur gleichen Zeit, als Hermione ihr recht aufschlussreiches Gespräch mit Rita Kimmkorn führte, sah Remus Lupin verwirrt auf seinen Sprössling, der sich vor dem Kamin zusammen gerollt hatte und weinte. Er kniete sich neben ihn und nahm ihn in den Arm. „Hey, Großer, was ist los, hm?"

Teddy schniefte und schluchzte, und schließlich konnte Remus heraushören, dass Teddy jeden Tag in den Kerker gelaufen war und an Severus' Tür geklopft hatte. Doch der Tränkemeister hatte nicht reagiert, und Teddy war jetzt todunglücklich, weil er glaubte, dass sein bester Freund Sevvus nicht mehr sein bester Freund sein wollte.

Remus strich sich nachdenklich über das Kinn, während ein Plan in ihm Gestalt annahm...

Dobby ploppte genauso unverhofft aus dem Nirgendwo wie immer. „Professor Severus, Sir!", jammerte er. „Professor Severus hat wieder nichts gegessen!"

Der dunkle Mann schrak aus seinem dumpfen Brüten hervor und erhob sich aus dem Sessel. „Habe ich dir nicht gesagt, dass ich heute nicht mehr gestört werden will?", knurrte er drohend.

„Ja, das hat Professor Severus gesagt. Aber Dobby dachte..."

„Mir egal, was du dachtest. Verschwinde!"

Der Hauself zuckte mit den Schultern und zog sich unglücklich an den Ohren. „Na gut, Dobby geht. Dann muss der kleine Wolf da draußen eben weiter im kalten Kellergang sitzen und weinen!"

Severus wirbelte herum. „Was hast du gesagt? Redest du von Teddy? Was ist mit ihm? Ist ihm was passiert?"

Mit mehreren langen Schritten war er bei der Tür und riss sie auf.

Vor der Tür stand tatsächlich ein Wolf, aber es war kein kleiner. Es war nur wenige Tage vor Vollmond, und Remus näherte sich seiner größten Kraft. Er packte den Tränkemeister und warf ihn quer durch den Raum. Severus flog über die Couch und prallte auf den Boden. Remus war sofort bei ihm und riss ihn mit einem Arm hoch, als wäre er ein Kind.

„Expelliarmus!", knurrte er, und die beiden Zauberstäbe des Tränkemeisters flogen in seine Hand. Zufrieden ließ er Severus auf die Couch fallen, drehte sich kurz herum und schloss mit einem Wink seines Zauberstabes die Tür.

Dann wandte er sich an Severus, der von der groben Behandlung noch immer etwas benommen war, doch in seinen schwarzen Augen begann bereits ein Glimmen, das stets einem Ausbruch voranging.

„So, ich schätze, jetzt können wir reden!", brummte Remus zufrieden. Die Wolfsnatur in ihm sträubte sich noch ein bisschen, erhitzt von dem kurzen Ausbruch von Gewalt, doch Remus menschliche Sanftheit übernahm schnell wieder die Kontrolle.

Er ließ sich in den Sessel fallen, in dem bis eben noch Severus selbst gesessen hatte. Ohne ihn aus den Augen zu lassen, sagte Remus zu Dobby. „Hör auf, an deinen Ohren zu ziehen, du hast nichts Falsches getan, und ich bin mir sicher, auch Severus möchte nicht, dass du dich bestrafst."

„Geh, Dobby!", sagte Severus rau, und als das Plopp das Verschwinden des Hauselfen anzeigte, bleckte er die Zähne. „Möchtest du mir dieses Theater hier erklären, bevor ich dich – Wolf hin oder her – in Stücke reiße?"

Remus steckte seinen Zauberstab ein und lehnte sich zurück. „Zuallererst möchte ich mich bei dir entschuldigen. Nicht für mein Eindringen hier, das war ehrlich gesagt noch befriedigender als erwartet. Sondern dafür, dass Albus, Minerva, Tonks und ich gewettet haben." Er hob die Hand, als Severus eine wütende Bewegung machte.

„Warte. Lass mich ausreden, und danach, das schwöre ich dir, werde ich mich nicht wehren, wenn du handgreiflich werden willst. Also. Die Wette. Die hat tatsächlich statt gefunden, allerdings nicht so, wie diese Reporterin es beschrieben hat. Es war nämlich bereits auf Hermiones Abschlussball, ihr habt euch gerade unterhalten, und Albus muss euch beobachtet haben.

Jedenfalls schlug er diese Wette vor, und Merlin auch, du hast keine Ahnung, wie sehr ich es jetzt bereue, aber wir haben mitgemacht. Nicht, weil wir dir etwas Böses wollten. Es war nur so, dass Albus so ein – na, du weißt schon – er ist manchmal so ein unerträglicher Know-it-all, und wir wollten eigentlich ihm einmal beweisen, dass auch er sich irren kann.

Wir hätten nie gedacht, dass ihr euch tatsächlich verlieben könntet, aber ich schwöre dir, niemand, absolut niemand hat Hermione zu irgendetwas gedrängt oder gezwungen oder unter Druck gesetzt. Und was noch viel wichtiger ist, auch sie wusste nichts von dieser Wette."

Remus schloss kurz die Augen. Als er sie wieder öffnete, war der Tränkemeister in sich zusammen gesackt und hatte den Kopf in seinen Händen vergraben. Der Werwolf beugte sich vor und berührte ihn sanft an der Schulter. „Severus, ich bitte dich, ich flehe dich an, lass es nicht an ihr aus. Stoß sie nicht fort. Sie ist genau so ein Opfer wie du. Ein Opfer unseres kindisches Spielchens."

Severus rührte sich nicht, und Remus schüttelte ihn leicht. „Sev! Sie leidet. Sie leidet deinetwegen. Ein Blinder mit einem Krückstock kann sehen, dass sie dich liebt, und ich weiß, obwohl du ein fürchterlicher Dickschädel bist, du empfindest nicht anders."

Remus war hilflos. Was sollte er tun? Konnte er überhaupt noch etwas tun? Unschlüssig stand er auf und ging zur Tür. „Ich kann nur wiederholen, Severus, es tut mir Leid, es tut uns allen wahnsinnig Leid."

Er öffnete die Tür, drehte sich dann aber noch einmal um. „Eines solltest du noch bedenken. Glaubst du wirklich, dass sich Hermione mit dir eingelassen hat, weil sie dankbar ist oder Mitleid hat? Weißt du, was du ihr damit unterstellst? Das hat sie wirklich nicht verdient."

Er ging, und er fühlte sich fürchterlich elend, doch sein Elend war nichts im Vergleich zu dem des dunklen Mannes.  

A snake, with a Gryffindors heartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt