Kapitel 70

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Draco Malfoy war ein Slytherin durch und durch. Berechnend, schlau, hinterhältig und jederzeit auf seinen Vorteil bedacht. Als Kind hatte er zudem unter der Allmacht seines Vaters gelitten, hatte versucht, sich jederzeit und vor jedermann zu beweisen.

Er litt noch immer unter der Allmacht seines Vaters, doch jetzt aus anderen Gründen. Noch vor anderthalb Jahren war er stolz darauf gewesen, von Voldemort ausgewählt worden zu sein.

Todesser. Allein dieser Begriff hatte ihn erschauern lassen vor Ehrfurcht. Er wollte ein Todesser sein, und nicht nur irgendeiner, sondern einer aus dem Inneren Kreis. So wie sein Vater. Wie Severus Snape, der Tränkemeister, den sie Giftmischer nannten. Wie Bellatrix Lestrange, seine Tante, die ihn schon immer erschreckte und gleichzeitig seit zwei, drei Jahren seinen Hormonhaushalt durcheinander brachte.

Snape hatte ihn leiten sollen, ihn unterstützen bei seiner Aufgabe. Erst war er stolz gewesen, für eine besondere Aufgabe ausgewählt worden zu sein. Dann hatte er erfahren, wie diese Aufgabe aussehen sollte. Dumbledores Tod. Und er sollte sein Mörder sein. Er hatte mit Hyperventilieren angefangen, als der Dunkle Lord ihm den Auftrag gegeben hatte.

Bellatrix' Gesicht hatte aufgeglüht vor Erregung und Stolz, sein Vater hatte ungläubig geschaut und Snape – nun ja, ein Stein hatte ein ausdrucksvolleres Gesicht als er.

„Du wirst ihm helfen, mein geliebter Giftmischer", hatte Voldemort zu Snape gesagt.

„Ja, mein Lord." Der Tränkemeister klang nie so erhitzt wie Bellatrix, so stolz und gleichzeitig demütig wie sein Vater, so kriecherisch wie Pettigrew. Fast schon ein wenig gelangweilt, wenn es denn jemand wagen würde, im Angesicht des Dunklen Lords gelangweilt zu sein.

Bellatrix hatte ihm einen triumphierenden Blick zugeworfen. „Jetzt wirst du endlich Farbe bekennen müssen, mein Schöner!", hatte sie ausgestoßen.

„Ich bin ein Spion", hatte Snape emotionslos geantwortet. „Ich bekenne niemals Farbe!"

Voldemort hatte daraufhin eines seiner erschreckenden hohen Lachen ausgestoßen.

Draco hatte keine Ahnung, wie jemand Snape als schön bezeichnen konnte, aber Bellatrix war schon immer hinter dem Tränkemeister her gewesen. Sie war sich nicht einmal zu schade gewesen, ihren Neffen über seinen Lehrer auszufragen.

Etwas an ihm musste sie reizen. Ob es sein offenkundiges Desinteresse an ihr war, seine eleganten Bewegungen oder dieses Etwas, das ihn anders machte, als die anderen, dieses... Nichtkriecherische, Draco fand kein anderes Wort dafür.

Er verbeugte sich wie alle anderen vor dem Dunklen Lord, er gehorchte, er ging auf die Knie, doch nie hatte man dieses Gefühl, dass er alles – wirklich alles – für Voldemort tun und geben würde. Er nahm Lob und Bestrafungen mit dem gleichen Stoizismus hin, und er war für Draco der Mensch, der die meisten Schmerzen aushalten konnte.

Der junge Malfoy war sich nicht sicher, wann es begonnen hatte, oder ob es für ihn schon von vornherein beschlossene Sache war, diesen Auftrag nicht auszuführen. Er hatte nicht dagegen protestiert, weil der Dunkle Lord nicht dafür bekannt war, Milde oder Gnade walten zu lassen.

Sein Vater war ihm im Großen und Ganzen egal, aber da war noch seine Mutter. Er würde es immer leugnen bis aufs Blut, aber er liebte seine bleiche, schöne Mutter.

Und dann begannen die Träume. Erst waren sie noch recht angenehm, doch nach dem Unfall, der Katie Bell fast das Leben gekostet hatte, wurden sie schlimmer. Jedes Mal begann es damit, dass er vor dem Dunklen Lord kniete und für seinen Erfolg gelobt wurde. Er sollte belohnt werden. Dunkle Gestalten schleppten ein sich wehrendes Mädchen zu ihm.

A snake, with a Gryffindors heartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt