Kapitel 60

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Der Alptraum war zurück. Sie hatte einige Zeit Ruhe vor ihm gehabt, doch jetzt war sie wieder an die Wand gefesselt. Die magischen Ketten schnitten tief in ihre Handgelenke, und ihr Kopf dröhnte laut, schien ihre Schläfen zu sprengen. Sie sah auf, als Snape mit Slytherin sprach.

Seine höhnische Stimme machte den Horkrux rasend, und die Klingen prallten aufeinander. Und dann dieser schreckliche Moment: die schwarze Spitze des Slytherinschen Schwertes bohrte sich in den schlanken Körper des Tränkemeisters, der an die Wand zurücktaumelte und daran niedersank.

Blut drang aus Mund und Nase des dunklen Mannes und als ihre Blicke sich kreuzten, lächelte er schwach. Dann wurden die nachtschwarzen Augen leer, und Hermione erwachte mit einem Ruck, heftig nach Atem ringend und mit tränennassem Gesicht. Sie wusste, an Schlaf war nicht mehr zu denken, also konnte sie auch genauso gut in den Gemeinschaftsraum gehen und etwas lesen.

Leise schlich sie aus dem Schlafsaal. Sie entzündete das Feuer und rollte sich in einem der Sessel davor zusammen. Nur wenige Minuten später horchte sie auf, als sich die Tür öffnete und jemand verstohlen in den Gemeinschaftsraum huschte. Sie spähte über den Sesselrand. „Ginny? Wo zum Teufel kommst du her?"

Der Rotschopf schrak zusammen und wirbelte herum. „Du meine Güte, Mione, ich wäre fast gestorben vor Schreck!" Röte breitete sich auf ihren Wangen aus. Ein breites Grinsen tanzte über ihr Gesicht, ihre Augen strahlten. „Ich habe mich mit Harry getroffen!", wisperte sie.

„Dann sei froh, dass dich Filch nicht erwischt hat", antwortete Hermione trocken. „Du hast es nämlich nicht einmal geschafft, dich wieder richtig anzuziehen." Ihre Augen wanderten über die nur halb zugeknöpfte Bluse ihrer Freundin. Ginny wurde noch röter.

„Na ja... da war was komisches, weißt du? Wir waren gerade – ähm – beim Küssen, als jemand die Treppen hochkam. Oder eher zwei Leute, glaube ich. Und weil wir uns nicht erwischen lassen wollten, sind wir wie ein durchgehendes Einhorn durchgestartet."

Hermione lächelte über die bildliche Darstellung ihrer Freundin, runzelte dann aber die Stirn. „Es ist zwei Uhr morgens! Wer könnte sich um die Zeit im Schloss rumtreiben? Hast du jemanden erkannt?"

Ginny schüttelte den Kopf. „Wir, hm, waren anderweitig beschäftigt, und dann haben wir gemacht, dass wir davon kamen. Hätte ja auch ein Lehrer auf Patrouille sein können. War halt nur komisch, dass es zwei Leute waren, weißt du?"

„Und wo war das?"

„Im dritten Flur, in der Nähe vom Zauberkunstklassenzimmer."

Hermione stand entschlossen auf und zog ihren Zauberstab. „Ich gehe jetzt nachschauen."

„Es ist weit nach der Ausgangssperre!"

Sie grinste. „Das scheint euch bis eben auch nicht abgehalten zu haben, oder?"

Ginny kicherte leise. „Dann warte mal kurz. Ich hole nur eben meinen Zauberstab. Ich komme mit!"

„Ich hatte gehofft, dass du das sagst."

Während sie durch die nur spärlich beleuchteten Gänge eilten, flüsterte Hermione auf einmal. „Warum hat Harry eigentlich nicht auf der Karte der Rumtreiber nachgesehen, wer das war?"

„Er hat sie nicht."

„Was? Wieso nicht?"

„Die hat er Neville geborgt. Der wollte sich heute mit Luna treffen."

Hermione schnappte nach Luft. „Du? Harry? Neville? Luna? Haben wir eigentlich Frühling oder warum schießen hier allerorten die Hormone quer?"

Sie erreichten das dritte Stockwerk völlig unbehelligt. Falls Filch oder Mrs. Norris unterwegs waren, dann in einem anderen Teil des Schlosses und wer immer heute Nacht der verantwortliche Lehrer für die Patrouillen war, ließ sich nirgendwo blicken. Sie sahen sich um. Auch hier war alles leer, nicht einmal die Geister waren unterwegs.

A snake, with a Gryffindors heartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt