Kapitel 10: Das Date

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Bellas Sicht:

Ich war erleichtert, dass ich Jake und Leah so schnell von meinem Plan hatte überzeugen können. Auch vertraute ich darauf, dass Leah mir die Dokumente besorgen könnte, auch wenn ich nicht sicher war, wer oder ob der Besitz des Cullenhauses kontrolliert würde. Aber schließlich wollte ich auf Nummer sicher gehen. Bevor wir auseinander gegangen waren, hatte ich Leah noch mein mitgebrachtes Geld aufgedrängt, ich wollte auf keinen Fall, dass sie mir etwas schuldig blieb, nachdem was sie für uns tun würde. Dennoch hatte sie es nicht komplett angenommen, sichtlich erstaunt über mein urplötzliches Vertrauen in sie.

Genau das war es was ich für sie empfand. Tiefes Vertrauen. Ich hatte sie eingeweiht und sie war jetzt, ebenso wie Jake meine Partnerin. Wir hatten uns schnell verabschieden müssen, da der Himmel plötzlich aufgebrochen war und es angefangen hatte, wie aus Sturzbächen zu regnen.

Als ich wieder zu Hause war konnte ich mich daher direkt umziehen; ich entledigte mich meiner schmutzigen Sachen und duschte mich schnell ab. Ich machte meine Hausaufgaben gewissenhaft und bereitete dann ein schnelles Abendessen für Charlie und mich zu. Als ich endlich im Bett lag, vergraben unter meinen vielen Decken, brachte ich meine Gedanken auf ein ganz bestimmtes Thema: Edward. Bislang hatte ich mich so verzweifelt geweigert an ihn zu denken, dass es fast zu einem Zwang geworden war, obwohl ich merkte, wie gut es tat, loszulassen und mir einzugestehen, wie sehr ich ihn vermisste und wie wichtig er mir war. Mich in den Gedanken an ihn zu verlieren. Wo er wohl war? Welchen Ort hatte er wohl gewählt, nachdem doch die Halbinsel Olympic eine der regnerischsten Regionen der Welt war. Was er wohl machte. Ob er alleine war, oder bei seiner Familie. Oder vielleicht sogar...

Ich konnte es mir nicht vorstellen. Ich dachte wirklich nicht, dass er so schnell in eine neue Beziehung geflüchtet wäre. Schließlich wusste ich, was wir da hatten, und das war nichts alltägliches, das man einfach hätte ersetzen können.Deswegen hatte es mich immer verwundert, von ihm als meinem festen Freund zu reden. Ich wusste, dass er so viel mehr gewesen war. Die mysteriöse große Liebe, von der ich angenommen hatte, dass es sie nur in Büchern und Filmen gab. Aber nein, in meinem Inneren wusste ich, was er mir bedeutete und was unsere Liebe war, zumindest für mich.

Deswegen glaubte ich ihm einfach nicht, dass für ihn einfach alles so plötzlich geendet haben sollte. Er hatte mich in seinen Bann gezogen, vom ersten Tag an fasziniert und sich ganz langsam, Stück für Stück in meine Gedanken geschlichen und mein Herz vollkommen für sich beansprucht. Und das beste war, es hatte den Anschein gemacht, als beruhten diese besonderen Gefühle auf Gegenseitigkeit. Doch konnte ich offenbar die Emotionen eines Vampirs mehr als schlecht nachvollziehen. Meine Augen füllten sich mit Tränen und Darcy schob sich unter meine Decken und kuschelte sich gegen das Loch in meiner Brust. Ich musste stark sein. Aber Schwäche zuzulassen war ein wichtiger Bestandteil. Ich wünschte so sehr, mit Edward reden zu können. Aber da war keine Chance, von niemandem hatte ich eine Nummer. Mit Tränen in den Augen wusste ich, dass ich ihn noch liebte, vielleicht für den Rest meines Lebens in ihn verliebt bleiben würde. Aber ich hatte ja meine Entscheidung getroffen, ich würde weiterleben, vielleicht sogar glücklich werden...irgendwann. Aber jetzt war erstmal jetzt und ich würde mich auf mein Vorhaben konzentrieren, wenn es auch nur war, um mir etwas damit zu beweisen. Mit diesem Gedanken schlief ich ein.

Am nächsten Morgen war ich spät dran, Charlie war schon gefahren. Seit dem Treffen gestern war ich in seltsamer Betriebsamkeit, der Tatendrang brannte regelrecht unter meinen Fingernägeln. Der Nachmittag konnte nicht schnell genug kommen; ich hatte frei und konnte mich ganz dem Cullenhaus widmen. Ich wollte Jake fragen, ob er und Leah auch vorbeikamen, aber ich hatte es so eilig, dass ich mir den Anruf für die Pause aufschob. Ich schnappte mir einen Müsliriegel, drückte Darcy einen Kuss auf ihre kleine Nase und rannte zum Transporter. Zeitgleich mit der Schulklingel kam ich in Haus 3 an, wo ich heute morgen Mathe hatte. Ich hetzte auf meinen Platz, ohne groß Beachtung von meinen Mitschülern zu bekommen. Viele meiner ehemaligen Freunde hatten es mir übel genommen, dass ich mich so von ihnen zurückgezogen hatte, nachdem Edward die Stadt verlassen hatte und zahlten es mir nun mit gleicher Münze heim und beachteten mich nicht. Sehr erwachsen, dachte ich und verdrehte die Augen. Einzig Angela und Mike waren mir nicht abgeneigt, sondern zeigten Verständnis

Da ich Angela nicht im Klassenraum ausmachen konnte, beschloß ich, meine Klassenkameraden zu meiden und nach der trockenen Mathestunde ging ich sofort los um Jake anzurufen. Doch auch nach mehrmaligem Klingeln ging er nicht an sein Telefon und frustriert ging ich zurück in den Unterricht. Englisch und Geschichte zogen schnell an mir vorbei und ich war froh, aus dem stickigen Gebäude rauszukommen. Ich war so früh am Transporter, dass ich als erste vom Parkplatz steuerte, geradewegs nach Hause. Zu Hause machte ich Pellkartoffeln und gab Darcy ihr Futter. Sie war ebenso aufgekratzt wie ich, da heute Morgen keine Zeit gewesen war um mit ihr rauszugehen. Jetzt rannte sie aufgeregt durch den Garten und sprang auf ihren Sitz, sobald ich den Transporter aufsperrte.

Unser erster Halt war ein Baumarkt ganz in der Nähe. Schnell hatten wir alle Materialien zusammengesucht, in den Wagen gepackt und weitergebraust.

Der nächste Halt war das Cullenhaus. Ich hob die schwere Tasche aus kratzigen Plastikfasern über meine Schulter und hatte schon den Schlüssel gezückt und als ich das stille Haus betrat, überlief mich ein kühler Schauer. Warum hatte ich so sehnsüchtig gehofft, dass jemand da wäre, der auf mich wartete? Ich setze die Tasche ab und Darcy sprang aufgeregt daran hoch. Ich packte unseren Einkauf aus und besah mir alles auf dem Fußboden. Dann ging ich ans Werk.

Zu allererst klebte ich das teure mahagonifarbene Parkett mit Malerfolie und reichlich Kreppband ab. Ich hatte mir überlegt, die Wände des einladenden Wohnzimmers in einem warmen Gelbton zu streichen, die Wand, an der der Flachbildfernseher hing dabei jedoch auszusparen. Dort war Platz für eine Weltkarte so hatte ich beschlossen, die dem ganzen Haus einen internationalen Flair verleihen würde. Ich nahm mir vor für das nächste Mal eine Leiter mitzunehmen, da ich sonst unmöglich oben an der Wand streichen oder die Decke, die ich cremefarben belassen wollte, abkleben konnte. Mit der Farbrolle machte ich mich an die Arbeit, tauchte sie in die sonnengelbe Farbe, strich den Farbüberschuss an dem Gitter ab, das ich an den Farbeimer gelehnt hatte und machte mich über die beigefarbenen Wände her. So arbeitete ich den ganzen Nachmittag und als ich Abends verschwitzt und mit den Hosen und Händen voller Farbe in die Einfahrt zu unserem Haus einbog, erwartete mich dort eine hässliche Überraschung.

"Komm klar Bella, du schiebst doch bloß schlechte Stimmung weil du willst." stand in Aufmerksamkeit heischenden Buchstaben an die Hauswand geschrieben.

Siedend heiß fiel mir meine Verabredung ein, die ich um zwei Stunden verpasst hatte.

„Mike" Ich ärgerte mich über mich selbst, ich war ja schließlich diejenige, die unser Date vergessen hatte, die ich mich eigentlich erst darauf eingelassen hatte. Trotzdem war das kein Grund, solche Gemeinheiten an meiner Hauswand zu hinterlassen. Ich ahnte was er andeuten wollte, und verstand die Kränkung hinter seinen Worten. Doch die Botschaft schmerzte mehr, als hätte er mich beleidigt.

Ich hoffte nur, dass Charlie von alldem noch nichts mitbekommen hatte. Eilig lief ich in die Garage, wo ich einen halbvollen Eimer heller Wandfarbe ausmachte und ihn, zusammen mit einer Farbrolle, mit der ich durch meine nachmittägliche Renovierungsaktion ja bereits geübt war, auf die Vorderseite des Hauses bugsierte. Zügig machte ich mich daran, die gemeine Botschaft zu überdecken und brauchte nicht weniger als vier Schichten Farbe bis sie nicht mehr auffiel. Währenddessen dachte ich fieberhaft daran, was ich morgen in der Schule zu Mike diesem Idiot sagen würde. Ich hoffte wenigstens, dass er jetzt aufhören würde mit seinem unangenehmen Werben. Die Kündigung für Newtons lag bereits ausgedruckt auf meinem Schreibtisch, und das war eine Erleichterung.

Während ich die Malersachen in die Garage zurückbrachte, hörte ich Charlies Polizeiauto in die Einfahrt biegen. Gerade noch rechtzeitig. Ich wollte die ganze Situation ungerne meinem Vater erklären, es war mir unangenehm und ich wollte nicht, dass er mich verteidigte.

Das wollte ich schon selbst erledigen.

(1) Vulnerability is a sign of strength: Bis(s) zum Sonnenaufgang (TWILIGHT-FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt