Kapitel 33: Besucher

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Bellas Sicht

Die ersten Gäste hatten sich für den Neujahrstag angemeldet. Der Schnee hatte uns schon seit Mitte Dezember reichlich Gesprächsstoff beschert und uns in den Umbauarbeiten zur Eile angetrieben. Als das Vamp Camp Hostel dann endlich fertig war, wurde ich von einem ungewohnten Glücksgefühl durchströmt. Die Erfüllung darüber etwas vollendet zu haben, das man sich vorgenommen hatte und die Genugtuung seine Plänen ganz und gar zu erfüllen.

Ich hatte es mir nicht nehmen lassen, einen besonders albernen Namen für unser Hostel auszusuchen und keiner meiner Freunde hatte Einwände gehabt. Leah und Jake hatten bloß laut gelacht und Angela hatte mir etwas unsicher zugelächelt. Sie wusste zwar, dass es Werwölfe gab, zwei ihrer mittlerweile besten Freunde gehörten schließlich einem Rudel an, und clever wie sie war schätzte ich, dass sie noch einige Vermutungen hatte, welche Fabelwesen ebenso der Realität angehörten. Aber sie fragte mich nie über die Cullens und ich nahm an, dass sie es lieber nicht so genau wissen wollte, was mir natürlich zugute kam.

Die letzten Tage der Umbauten waren wehmütig gewesen, obwohl nun erst die eigentliche Arbeit beginnen würde. Ich freute mich auf die neuen Gesichter und die Geschichten unserer Besucher, außerdem erhoffte ich mir von alledem mehr Ablenkung. Durch das Buch der Opalbibliothek hatte ich oft an Vampire gedacht und noch öfter an Edward. Ich versuchte mich damit abzufinden, dass er nicht wiederkäme und es klappte überraschenderweise gut. Meine Zweifel darüber ihn jemals wiederzusehen verschwanden allmählich und ich wünschte es würde auch so erfolgreich mit meinen Gefühlen funktionieren. Dennoch waren sie zum Großteil noch da, auch wenn ich sie verfluchte, jedes Mal wenn ich unbewusst an ihn erinnert wurde. Manchmal war ich froh diese Andenken zu bewahren und in gewissem Sinne war ich sogar dankbar, einmal im Leben von dieser besonderen Art der Liebe naschen zu dürfen. Doch dann erinnerte ich mich daran, wie einseitig diese Liebe gewesen war, wie sehr ich für Edward bloß eine Ablenkung von seinem ewig gleichbleibenden Dasein dargestellt hatte und wurde wütend. Oder traurig. Seitdem begann ich wieder, mir die Rückblicke zu verbieten und mich anderweitig abzulenken. Ich tat so, als würde ich Vampire erst mit dem Buch aus dem Haus der Cullens, kennenlernen, ohne Verbindung zu Edward oder sonst einem von ihnen zu ziehen.

Obwohl ich eine zügige Leserin war, hatte ich Eneas Vermächtnis bislang nicht einmal zur Hälfte durchgelesen. Es war nach wie vor knifflig die winzige Schrift zu entziffern und ich musste oft Pausen einlegen um das Gelesene zu verarbeiten. Doch saß ich fast jeden Tag mehrere Stunden vor dem Buch und staunte über seinen Inhalt und seine Verfasserin.

Mittlerweile hatte ich ein klares Bild von Enea, der Erzählerin ihres Vermächtnisses und stellte fest, dass ich sie von Seite zu Seite mehr bewunderte. Stets auf der Suche nach Wissen über ihre unsterbliche Spezies und Geschichte hatte sie sich zu tief in gefährliche Angelegenheiten gemischt und war so zur Zeugin eines Mordes geworden. Somit war sie gezwungen ihre Familie, die nun nichts mehr als Lügen und übernatürliche Kräfte zusammen hielt zu verlassen und die Tätigkeit, die sie liebte im Dunkeln ausführen zu müssen. Sie war neugierig, aber auch gerissen, und so erkannte ich etwas, nachdem ich eine besonders lange und komplizierte Ausführung über die Zusammensetzung der Nährstoffe in menschlichem Blut beendete: Sie hatte die Chronik der Volturi nicht umsonst einem Lexikon über Vampireigenschaften hinzugefügt. Sie wollte, dass die Welt die Wahrheit über sie erfuhr, wohlwissend, wie riskant das war. Mit besonderer Vorsicht bewahrte ich ihr Vermächtnis auf, jede Nacht legte ich das Buch in seine Schatulle zurück, die ich nun problemlos öffnen und schließen konnte und die nach wie vor absolut dicht war. Ich vermutete, dass es keine Abschriften der Werke aus der Opalbibliothek gab, und das machte mich zu ihrer Geheimniswahrerin. Enea hatte noch mehr verfasst, wie sie in der Einführung des Vermächtnisses erwähnte, aber ich ging nicht davon aus, dass sie sich in einem ihrer Werke wiederholte. Wozu auch, wenn Vampire über ein vollkommenes Gedächtnis verfügten? Das brachte mir eine gewisse Verantwortung ein, auf dieses Buch und sein Wissen acht zu geben.

(1) Vulnerability is a sign of strength: Bis(s) zum Sonnenaufgang (TWILIGHT-FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt