Kapitel 24: Wolfsgeheimnis

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Jacobs Sicht

Während ich vor Bella stand, wich langsam die Anspannung aus ihrem Gesicht. Sie entspannte sich tatsächlich, obwohl sie einem Wolf mit einer Schulterhöhe von zwei Metern gegenüber stand. Das überraschte mich nicht so sehr, wie es vielleicht sollte. Hätte ich es nicht bereits gewusst, so wäre es doch hiermit bewiesen: Was Fabelwesen anging, war sie absolut übergeschnappt. Wie ich Bella kannte, hatte sie so viele schaurige Bücher gelesen, dass sie schließlich nicht mal mehr ein Werwolf erschrecken konnte.

Ich hatte erst vor kurzem gelernt, wie ich selbstständig und aus eigenem Willen die Verwandlung hervorrufen konnte. Dieses ganze Wolfsein war neu für mich, und ich hatte nur mit meinem Dad darüber gesprochen, der zwar von dem Geheimnis wusste, sich aber nicht aus eigener Kraft verwandeln konnte und so musste ich vieles über mein zweites Ich selbst herausfinden. Ich trat einen Schritt auf Bella zu und sie sah mich weiterhin mit großen Augen an.

In diesem Moment hörte ich eine Tür zuschlagen und Leah stürzte hinaus auf die Veranda, das Gesicht vor Schreck verzerrt, während ihre Augen von mir zu Bella flogen.

Dann rannte sie auf uns zu und während sie anlief um die vielen Stufen vom Haus herunterzuspringen, hörte ich das Reißen ihrer Kleider und einen Augenblick später stellte sich mir ein knurrender eisengrauer Wolf in den Weg.

Jake, was soll das? Was zum Teufel tust du denn da? erklang jäh Leahs Stimme in meinem Kopf, als spräche sie zu mir aus einer intensiven Erinnerung und ich zuckte instinktiv zurück. Bella starrte uns erschrocken an, aber Leah schien keine Notiz davon zu nehmen.

Du hast dich gerade vor einem Menschen verwandelt und dann auch noch vor Bella!, wetterte sie.

Ruhig Blut Leah, hast du nicht gerade dasselbe getan? dachte ich und sie rollte ihre dunklen Augen. Gut, wenigstens konnte sie mich auch hören.

Von drinnen sah es so aus, als wärst du kurz davor Bella anzugreifen. Ich wusste nicht, dass du dich schon so gut unter Kontrolle hast und dich frei verwandeln kannst. Wann hast du gemerkt, dass du die Gestalt wechseln kannst?

Erst vor ein Paar Wochen. Mir kam die Erinnerung ins Gedächtnis und ich ließ Leah daran teilhaben. Es war nicht allzu lange her und zum Glück bei uns im Wald in La Push gewesen, in den ich erhitzt und aufgebracht hineingestürmt war, nachdem meine Lieblingsfußballmannschaft zu Null und ich 10 Dollar gegen meinen Kumpel Quil verloren hatte. Eine unbekannte, heiße Wut hatte mich überfallen und zwischen den Bäumen hatte ich ihr Luft gemacht. Als ich mich dann auf vier Pfoten wiederfand war ich zugegebenermaßen echt baff gewesen.

Bella sah unserer stummen Unterhaltung aufmerksam zu, und als sie sicher war, dass von uns keine Gefahr ausging, überbrückte sie die paar Schritte zu mir und begann meinen Kopf zu streicheln. Es fühlte sich sehr angenehm an und ein leises genießerisches Grollen entwich meiner Kehle.

Leah beobachtete gespannt die Erinnerung an meine erste Verwandlung und lachte schließlich bellend auf.

Ein anderes Geräusch lenkte uns ab und Bella ließ ihre Hand sinken um Darcy ihre Hündin, in Augenschein nahm, die angriffslustig mit den Pfoten scharrte und mich anknurrte, als wäre sie und nicht ich ein Wolf von der Größe und Stärke eines Brauereigauls. Bella kicherte über das abwegige Szenario und Leah und ich fielen in ihr Gelächter ein, während sie dem kleinen Golden Retriever beruhigend über den Kopf strich.

Wie lange bist du denn schon ein...was sind wir eigentlich genau? , fragte ich Leah in Gedanken.

Seit ich mich von Sam getrennt habe. Er ist auch einer. Ihre Gedankenstimme bekam einen bitteren Unterton. Also ein Werwolf. Aber ich find es besser uns als Wolfswandler zu bezeichnen, das klingt ernstzunehmender und weniger nach Horrorgeschichte.

Ungeduldig wartete ich auf die Fortsetzung ihrer Erzählung.

Als sie milde den Kopf schüttelte, zog ich den Schluss, dass sie ausnahmslos alle meine Gedanken hören konnte, ebenso wie ich ihre. Das würde ja heiter werden.

Er hat mich quasi hineingeführt in das Dasein als Wolfswandler und dann hat er was mit dieser Emily angefangen. Vollkommen bescheuert, ich konnte doch all seine Gedanken hören. Sie verdrehte die Augen im grauen einmütigen Wolfsgesicht.
Naja, war vielleicht besser so, dann war es wenigstens schnell vorbei und ich hatte endlich meine Ruhe von ihm und seinem Rudel.

Es gibt ein Rudel in La Push? rutschte es mir heraus.

Bislang sind es nur fünf und ich kann ihre Gedanken zum Glück nicht mehr hören. Sie sind jetzt unter sich. Und das heißt wohl...dachte sie schelmisch.

Wir sind ein Rudel? Hätte ich die Worte laut ausgesprochen, hätte meine Stimme vor Überraschung gequiekt.

Leah lachte noch einmal ihr Wolfslachen.

Scheint ganz so, wir hören uns ja schließlich.

Alles klar Alpha, ich zieh mich dann  jetzt wieder um, antwortete ich leichthin und trottete mit meinen Klamotten im Maul auf die Wälder zu um mich zurück zu verwandeln.
Leah war eindeutig die Anführerin unter uns, dachte ich, während Bellas undeutbarer Blick mir zwischen die Bäume folgte. Offenbar war sie nicht die Einzige, die heute einige krasse Neuigkeiten verdauen musste.

(1) Vulnerability is a sign of strength: Bis(s) zum Sonnenaufgang (TWILIGHT-FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt