Charlies Sicht
Den dunklen Flur entlang vernahm ich einen leisen Rocksong aus der Küche.
Merkwürdig, dachte ich. Bella hatte schon seit Monaten keine Musik mehr gehört. Offenbar hatte sie die Erinnerungen, die damit verbunden waren, nicht vertragen können. Armes Ding!
Nachdem ich Bella so lange beim Leiden hatte zusehen müssen, ohne sie aufheitern oder auch nur die leiseste Verbesserung hatte feststellen können, musste ich mir etwas anderes einfallen lassen. Sie lehnte jede Hilfe strikt ab, mit meinen Vorschlägen oder Ideen hatte ich kein Glück gehabt, aber nun hatte ich mir etwas Gutes überlegt. Etwas, das sie unmöglich ablehnen könnte. Auch wenn mir seit Stunden die Nase lief, war ich bereit mein kleines Mädchen wieder zum Lächeln zu bringen! Und das war mir mein Wehwehchen auf jeden Fall wert.
„Hallo Bells", rief ich, während ich meine Stiefel in der Garderobe abstreifte und weiter in die Küche ging.
„N'abend Dad", hörte ich ihre zaghafte Stimme aus dem hell erleuchteten Raum. In meinen Händen trug ich den großen Pappkarton vor mir her, bis ich ihn auf den hölzernen Esstisch stellte und mich zu meiner Tochter umdrehte. „Wie war dein Tag, Spätzchen?"
Ich besah sie mir genauer. Sie sah ziemlich dünn aus und mit ihrer fast durchscheinenden Haut glich sie auf ungesunder Weise einer Ertrunkenen. Ihre dunklen Locken waren an ihrer Taille angelangt, ein Detail das ihrer gespenstische und sogar leblosen Erscheinung keinen Abbruch tat. So hatte ich sie in den letzten Wochen kennenlernen müssen, obwohl es mich jedes Mal aufs Neue wie ein Schlag traf und traurig machte. Traurig und wütend auf diesen dämlichen Ex Freund, der ihr so viel Schmerz zugefügt hatte! Trotz allem konnte ich Bellas Situation nachvollziehen, auch wenn meine schmerzhafte Trennung von ihrer Mom schon mehr als 17 Jahre zurück lag. Wenigstens mein Geschenk, so hoffte ich, würde sie ein wenig auf andere Gedanken bringen. Doch als ich in ihr Gesicht blickte, sah ich etwas Ungewohntes in ihren Zügen, eine Entschlossenheit um den Mund und, als meine Augen etwas höher wanderten, ein kleines Funkeln in ihren.
„Bella, ist alles in Ordnung?" fragte ich sie zögerlich. Was auch immer diese Veränderung zu bedeuten hatte, ich wünschte und flehte, dass sie zu ihrem Besten sein würde. Ich wollte mir nicht allzu große Hoffnungen machte, obwohl ich meine Freunde kaum unterdrücken konnte, denn jede Veränderung, gleich wie klein, war in diesem Moment eine Verbesserung.
„Ja, Dad, ich hab nachgedacht", begann sie langsam, wurde aber abgelenkt.
„Was hast du da mitgebracht?" Sie deutete auf den Karton, der auf dem Tisch erbebte. Ich grinste sie kurz an, dann klappte ich einladend die perforierten Papplaschen auf.
„Ich wollte dir eine kleine Freude bereiten Bells, schau mal rein!" Damit hatte ich endgültig ihre Neugier geweckt und sie schob den Deckel ein Stück weiter auf. Es erklang ein hohes Bellen, als sich mein Geschenk bemerkbar machte und im Handumdrehen stand vor mir eine strahlende Bella, in ihren Händen einen kleinen Golden Retriever Welpen, der verschlafen die winzigen Augen zusammenkniff.
„Oh, wie lieb von dir, Dad. Ist die süß!" sprudelte aus meiner Tochter hervor und sie sah das Kleine liebevoll an. „Woher hast du sie?"
„Die Polizeihunde auf der Wache haben vor einigen Wochen Welpen bekommen und dieses Kleine hier wurde dabei irgendwie übergangen oder verstoßen", erklärte ich etwas holprig. „Jedenfalls, ich meine, die Jungs von der Wache wollten sie zur Adoption freigeben und an irgendein Tierheim senden, aber ich musste an dich denken und dachte, dass du gerade vielleicht gerne einen Gefährten bei dir hättest. Also einen vierbeinigen" stolperte ich über meine Worte und hoffte, dass sie die gute Absicht dahinter erkannte. Sie nickte und ich sah Tränen in ihren Augen aufsteigen.
Oh Nein! Hätte ich doch nur nichts gesagt und sie einfach ihren Welpen bestaunen lassen!, schalt ich mich.
„Bells?" fragte ich zaghaft.
Doch sie schüttelte nur den Kopf, aber ein leises Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus, und sparte ihre Augen nicht wie sonst dabei aus.
„Sie ist genau richtig, Dad! Vielen, vielen Dank. Hat sie schon einen Namen?"
„Bislang noch nicht, du kannst deiner Kreativität freien Lauf lassen", erklärte ich erleichtert
Da schien ihr plötzlich etwas einzufallen.
„Was ist denn mit deiner Hundeallergie? Ist das überhaupt für dich okay, dass wir sie hier im Haus behalten?"
„Darüber mach dir keine Sorgen, Spätzchen" sagte ich, doch in diesem Moment ergriff mich ein Niesanfall, der meinen Einschätzungen nach, das Haus zum Einsturz hätte bringen können.
Bellas Lachen erhellte die Küche und freudige Ruhe füllte mich aus, während ich meine Tochter in den Arm schloss, das erste Mal seit Monaten..
„Wolltest du mir nicht noch irgendwas erzählen Bells?", hakte ich nach. Sie holte tief Luft.
„Dad, ich bin es leid. Ich möchte mein Leben wieder in die Hand nehmen, ich kann so wie bislang nicht weitermachen! Ich muss einfach", sprudelte es aus ihr heraus.
„Dann lass dich nicht aufhalten, Bella! Ich bin so froh, dass du endlich zur Vernunft gekommen bist." Ich war erleichtert, und gleichzeitig perplex, denn mit so guten Nachrichten hätte ich nicht mal in den nächsten Monaten gerechnet. Ich wusste nicht, was das bedeuten sollte, ob sie nun doch endlich die Therapie zuließ um diese depressive Verstimmung zu bekämpfen, aber ich wollte nicht bohren. Doch ich vertraute darauf, dass sie mir alles zur richtigen Zeit erzählen würde.
„Ich muss bin dir eine Entschuldigung schuldig, Dad. Wie ich mich in den letzten Wochen dir gegenüber verhalten habe, war nicht in Ordnung" bestimmte sie beschämt. Sie hatte mich gemieden, beinahe ignoriert, doch ich war ihr keine Spur böse darum. Dafür spürte ich ihren Schmerz zu stark und wusste außerdem, dass es nichts persönliches war. Sie hatte zu jedem den Kontakt abgebrochen, ihre Mutter in Florida war deswegen fast in die Luft gegangen.
„Mach dir keine Gedanken mehr darüber, ich bin nur froh, dass es vorbei ist." Das war das einzig Gute an Liebeskummer, dass er nicht ewig anhielt.
„Und jetzt überleg dir einen guten Namen für deine neue Freundin!"
Während ich sie anblickte prägte ich mir ihr Lächeln ganz genau ein.
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(1) Vulnerability is a sign of strength: Bis(s) zum Sonnenaufgang (TWILIGHT-FF)
VampireBella hat genug und eröffnet im verwaisten Haus der Cullens ein Hotel für Touristen, um sich auf ihre Zukunft anstatt auf Edward, der sie verlassen hat, zu fokussieren. Doch viel zu schnell wird sie von ihrer Vergangenheit eingeholt. Was hat es mi...