Edwards Sicht
Die Dunkelheit sog meine Schritte in sich auf, während ich die Stadt verließ und mich dem Port du Quebec näherte, so schnell, dass ich einem Menschen auf der Straße höchstens wie ein verschwommener Schatten vorgekommen wäre, der nach einem Wimpernschlag wieder vollkommen mit der Nacht verschmolzen war. Glücklicherweise war niemand auf der Straße und ich konnte mich ganz der Geschwindigkeit hingeben. Sie beruhigte mich heute Nacht und hielt mich davon ab die Nerven zu verlieren, jedes Mal wenn ich an das Schicksal des Jungen dachte.
In diesem Tempo hatte ich einen gewaltigen Vorsprung und an der Mole angekommen legte ich mich auf die Lauer um den Wagen abzufangen. Die Straße, von der ich den Laster erwartete, führte an einigen großen Lagerhallen und rostigen Silos vorbei, die einsam im Finstern lagen, weitab vom orangenen Licht der vereinzelten Straßenlaternen. In weniger als einem Herzschlag lag ich versteckt vor menschlichen Augen flach auf dem Dach eines Lagerhauses, meine Sinne aufs höchste geschärft und meine Nervenenden standen wie unter Strom, so angespannt war ich. Wäre Regungslosigkeit nicht der Normalzustand eines Vampirs, hätte ich nervös herumgezappelt, aber so lag ich bäuchlings auf gewellten Metall, das die Sonne den Tag über aufgeheizt hatte und wartete, die Kiefer aufeinander gepresst. Die Sekunden verstrichen gähnend langsam und wie automatisch schlichen meine Gedanken wieder zu Bella. Mir fiel auf, dass diese Rettungsaktion eine der wenigen Momente seit meiner Flucht aus Forks gewesen war, in denen ich nicht an sie dachte. Bis jetzt.
Zum tausendsten Mal wiederholte ich mein Mantra und der ruckartige schneidende Schmerz in meiner Brust strafte mich Lügen.
Ich kann nicht bei ihr sein, es ist besser für sie wenn ich mich von ihr fernhalten. In Dauerschleife zogen diese Worte durch mein Bewusstsein, aber ein Gesicht schob sich immer wieder vor sie und ein Duft vernebelte mein Denken. So lieblich, so exquisit.
Ein anderes Gesicht schob sich in meine Gedanken und meine Augen blitzten zur Hauptstraße, auf die ein klappriger Lastwagen bog. Jetzt durfte ich mich nicht mit anderen Sachen beschäftigen, auch wenn diese Ablenkungen zur Zeit den größten Teil meines Lebens ausmachten. Und mit Sicherheit auch den Schönsten.
Der Transporter fuhr an dem Gebäude vorbei, hielt aber nicht weit entfernt am schmalen Gehweg aus Betonplatten. Obwohl die Straßenlaterne unter der er parkte völlig dunkel war, abgesehen von einem unregelmäßigen Flackern konnte ich den rotblonden Mann ausmachen, den ich im Gedächtnis des Junkies gesehen hatte.
Seine Gedanken waren fast genauso abstoßend wie die des Entführers und das selbst ohne den Einfluss ungesetzlicher Substanzen. Es ließ sogar mich, das eigentliche Monster zusammen zucken. Gewaltfantasien in einem Ausmaß, das ich zuletzt vor über siebzig Jahren gesehen hatte, vernebelten die belauschten Gedanken. Ich erinnerte mich selten und ungerne an jene Zeit, in der ich aus Ernährungsgründen schon einmal menschliche Monster gejagt hatte.
Lautlos ließ ich mich vom Dach gleiten und hielt mich im Schatten versteckt, während der korpulente Mann die hintere Tür des Lasters aufmachte. Er entzog sich meinem Blickfeld, aber ich hörte, wie er den Wagen ablud und zu meiner Erleichterung nahm ich einen zweiten, federnden Herzschlag war. Collin! Er lebte, aber ich roch das Blut im selben Augenblick, in dem sich mit einem leisen Quietschen die Metallwand der Halle öffnete und ich zu meiner Überraschung ein kostspieliges Parfüm roch. Wie kam es an diesem Ort?
Ich folgte dem Fahrer, der das Lagerhaus betreten hatte unauffällig mit einigem Abstand und erblickte nun auch den anderen Mann. Er war fast so groß wie ich und sah neben der abgerissenen Figur des Fahrers geradezu glamourös aus. Mit einem Blick hatte ich seine Motivation für diesen schmutzigen Job erfasst. Es war nicht wie beim Rothaarigen eine irre Lust an der Gewalt, wie ein sadistischer Trieb, sondern es ging dem Herren in weißem Anzug mit adrettem Haarschnitt einzig und allein um das Geld. Ich konnte nicht sagen, welcher der beiden Männer mich mehr abstieß.
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(1) Vulnerability is a sign of strength: Bis(s) zum Sonnenaufgang (TWILIGHT-FF)
VampireBella hat genug und eröffnet im verwaisten Haus der Cullens ein Hotel für Touristen, um sich auf ihre Zukunft anstatt auf Edward, der sie verlassen hat, zu fokussieren. Doch viel zu schnell wird sie von ihrer Vergangenheit eingeholt. Was hat es mi...