Jacobs Sicht
Der Holzvorrat der Cullens war überragend und ich konnte kaum glauben, dass sie neben einer sehr gut funktionierenden Zentralheizung auch noch über einen Holzofen verfügten. Ich bezweifelte zwar, dass es den kalten Wesen wirklich frisch werden konnte, aber vermutete, dass nicht einmal jemand wie sie einen kuscheligen Abend am Ofen ausschlagen könnte.
So hatten wir beschlossen, den Vorrat nicht erschöpfen zu lassen, sondern rechtzeitig mit dem Holzspalten und -Trocknen anzufangen. Ich hatte mich dazu bereiterklärt und Leah war nicht abgeneigt gewesen mir zu helfen. Instinktiv hatte ich mir gewünscht, es wäre Sommer und ich hätte mein T-Shirt ausziehen können während ich Holz hackte. Mir war zwar heiß, aber ich hielt mich zurück, aus Angst, Leah damit vielleicht eher abzuschrecken. Auch wenn wir als Wolfswandler Temperaturen weniger intensiv wahrnahmen und mir im Normalfall immer warm war, vermutete ich, dass es vielleicht zu dick aufgetragen wäre, bei Minus 5 Grad oberkörperfrei herumzulaufen. Ich war nicht eitel, aber meine Muckis waren etwas, das ich sehr an mir mochte und worauf ich stolz war, hatte ich schließlich fleißig daran gearbeitet, in Menschen- und in Wolfsgestalt. Außerdem ich wollte Leah auf mich aufmerksam machen, dachte ich doch ununterbrochen an sie. Wir waren uns in vielen Dingen sehr ähnlich und kannten uns schon so lange, dass es mir schicksalhaft vorkam, mich ausgerechnet in sie zu verknallen. Sie brachte mich ebenso oft zum Lachen wie ich sie und ich war mir sicher, dass unsere Freundschaft etwas besonderes war. Sie war zu kostbar um sie aufs Spiel zu setzen, aber mir dämmerte, dass mir Freundschaft mit Leah nicht genug war. Seufzend ging ich ihr nach durch den verschneiten Wald, kicherte darüber wie sie so vollbeladen mit Holzscheiten über den freigeschaufelten Weg stolperte und meinen Versuchen auswich ihr ein Bein zu stellen. Sie fluchte und beschleunigte um mir zu entkommen. Ich lachte leise und folgte ihr auf den Fuß, selbst bemüht meine Ladung nicht fallen zu lassen.
"Lass das Jake! Ich schmeiße die noch alle runter" lachte sie auf und jetzt rannte sie fast, während sie die Scheite fest umklammerte.
"Komm schon! Kann dein Gleichgewichtssinn nicht mehr ab als zweihundert Holzscheite?"
Doch da waren wir bereits auf dem Platz vor dem Haus angekommen und Bella kam uns entgegen geeilt. Sie hatte wohl von unserem kleinen Wettlauf mitbekommen.
"Hey ihr zwei. Während ihr euch im Wald vergnügt habt sind unsere Gäste angekommen. Und als ich gerade die Website gecheckt habe, hab ich gesehen, dass sich für die nächsten Tage noch vier weitere Leute angemeldet," meldete sie freudestrahlend. Wir würden ein volles Haus haben und konnten so sinnvoll unsere Ferien nutzen.
"Drinnen gibt es heiße Schokolade mit Schlagsahne und unsere Besucher haben kolumbianische Snacks mitgebracht, die müsst ihr probieren. Solche gerösteten Ameisen und die besten Bananenchips der Welt." Leah ließ die Holzscheite polternd in die große Zinkwanne vor der Garage fallen und warf noch ein Stück Rinde nach mir, dem ich grinsend auswich. Die Worte "heiße Schokolade mit Schlagsahne" hatten eine magische Wirkung auf sie und ehe ich mich versah war sie im Haus verschwunden, während ich mich noch über die Ameisen wunderte.
Aber es war meine Gelegenheit, mit Bella das Gespräch von einigen Wochen zuvor weiterzuführen, in dem ich mich ihr als Wolfswandler offenbart und welches deshalb ein plötzliches Ende gefunden hatte.
"Können wir kurz reden?" raunte ich ihr zu und entlastete meine Arme, während das Holz in der Wanne rumpelte. Bella schien überrascht doch nickte schnell auf.
"Na klar Jake. Ist alles okay?"
"Nicht so ganz, also...erinnerst du dich noch an das Gespräch von letztens, hier im Garten?"
Sie lachte. "Du meinst deinen Versuch, mich zu Tode zu erschrecken? Sicher, das weiß ich noch, so schnell hab ich das bestimmt nicht vergessen."
Ich sah nervös zu Boden. "Also, ich möchte es Leah gerne sagen, ich möchte sie...naja...erobern irgendwie. Ich will, dass sie nie wieder an diesen dämlichen Sam denkt, sondern dass sie checkt, dass ich nicht bin wie er. Wir haben nur das Gröbste gemein, aber darüber hinaus sind wir grundverschieden." Das stimmte, Sam und ich waren beide Quileute Jungs und wir trugen beide das Werwolfgen in uns, aber was unsere Charakter und unsere Werte, unsere ganze Überzeugung betraf waren wir durch und durch unterschiedlich.
"Wie meinst du das? Warum siehst du dich denn im Vergleich zu Sam, wenn er doch so anders ist als du?"
"Erstmal ist er Leahs letzter Freund, und auch einziger Ex soweit ich weiß. Er ist der einzige, mit dem ich mich auf diesem Gebiet vergleichen kann und mit dem sie mich auch garantiert vergleichen wird. Abgesehen davon hat sie sich geschworen, nie wieder etwas mit jemandem aus dem Reservat noch mit einem Wolfswandler anzufangen, was ja sowohl auf ihn als auch auf mich zutrifft" stöhnte ich.
"Du musst ihr das zeigen Jake, ihr beweisen, dass du es wert bist, dass sie ihre Schwüre bricht. Du musst ihr Vertrauen gewinnen und ganz ehrlich zu ihr sein. Und du darfst dich nicht mit anderen vergleichen, nicht mit Sam und auch sonst mit niemandem. Das macht bloß unglücklich. Du bist du, Jake und so bist du wundervoll."
"Aber Bella, wie verliebt sich jemand in jemand anderen?"
Da seufzte sie plötzlich tief auf und sah mich aus großen braunen Augen an.
"Ich weiß gar nicht, ob es die eigentliche Person ist, in die man sich verliebt. Klar" Sie sah in mein stirnrunzelndes Gesicht "Klar ist es total wichtig, dass man die Person liebt, und dass es jemand ganz besonderes ist und das alles. Aber der erste wichtige Schritt ist doch eigentlich, wenn man sich auf diese Weise kennenlernt, dass das Zusammensein Herzklopfen auslöst. Du fühlst dich gut beim anderen, weil er dich auf eine ganz besondere Art und Weise wahrnimmt. Wenn er in dir nur das Schöne, das Liebenswürdige, dein bestes Ich sozusagen sieht, kannst du dich damit mit ganz neuen Augen sehen. Wenn dich jemand liebt, dann lernst du dich auch selbst auf eine ganz neue Art lieben."
Irgendwie verstand ich den Sinn hinter Bellas Worten, obwohl ich wusste, an was oder wen besser gesagt sie dachte. War das ihre Erklärung, warum sie so manisch gewesen war, als der Blutsauger sie verlassen hatte? Weil sie nicht nur die Person die sie geliebt hatte, verlor, sondern außerdem sich selbst nicht mehr als liebenswert wahrnehmen konnte?
Und hatte sie nun langsam dieses Gefühl der Wertschätzung und Bestätigung von anderen Seiten wiedererlangt, von uns dreien, Angela, Leah und mir als ihrer Unterstützung und auch aus sich selbst heraus?
Wie auch immer, ich wusste, dass es bei Leah und mir anders war, dass niemals so eine Abhängigkeit entstehen würde wie zu dem Cullen, aber Bellas Worte passten trotzdem . Ich fühlte mich am besten bei Leah und wollte ihr dieses Gefühl auf die gleiche Weise zurückgeben, ich wollte nicht nur, dass ich mich gut fühlte bei ihr, sondern merkte, wie ich automatisch zu meinem besten Ich in ihrer Nähe wurde: Ein gelassener, liebevoller und optimistischer Jacob.
Leah war wie das Universum für mich, unergründlich und, obwohl sie meine buchstäbliche Welt darstellte, blieb sie trotzdem unerreichbar.
Bis jetzt.
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Uuuund? Wird Jake Leah endlich seine Gefühle gestehen? Und meint ihr Leah wird ihre Prinzipien dafür brechen? Oder spürt sie überhaupt etwas für Jacob?? Lasst mich von euren Vermutungen wissen! Ich freue mich immer über Kommentare. Frohe Weihnachten und viele Grüße von VNOW
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(1) Vulnerability is a sign of strength: Bis(s) zum Sonnenaufgang (TWILIGHT-FF)
VampireBella hat genug und eröffnet im verwaisten Haus der Cullens ein Hotel für Touristen, um sich auf ihre Zukunft anstatt auf Edward, der sie verlassen hat, zu fokussieren. Doch viel zu schnell wird sie von ihrer Vergangenheit eingeholt. Was hat es mi...