Kapitel 18: Zur Schauervilla

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Jacobs Sicht

Am nächsten Tag hatten wir ein Treffen mit Bella am Diner ausgemacht. Sie wollte uns das Haus zeigen und uns außerdem mit einer weiteren Eingeweihten bekannt machen.

Leah hatte ihre Arbeit mit Jenkins sauber erledigt und ich hatte keinen Zweifel, dass die Dokumente bald und vollständig vorliegen würden. Sie hatte mich mit ihrer Vorstellung schwer beeindruckt und meine Ehrfurcht vor ihr war sogar noch etwas gewachsen. Wie sie knallhart mit ihm verhandelt hatte, wie sie ihn ohne mit der Wimper zu zucken erpresst hatte, diesen gefährlichen und seriösen Geschäftsmann, an den ich mich noch gut aus den Prozessen um unser Reservat erinnerte.

Leah fuhr über den Highway und ich sah von der Seite, wie ihr dunkles Haar im Fahrtwind des offenen Fensters wehte. Es war ein Anblick wie aus einem alten Film, nur das wir statt in einem Cabrio mit meinem alten Polo unterwegs waren. Er war mein ganzer Stolz.

Leah lächelte mir zu, und mein Herz beschleunigte.

Dummes Herz.

Ich liebte es sie anzusehen, und obwohl ich sie immer schon bewundert hatte, war ich nun Hals über Kopf in sie verknallt.

Nachdem ich mir mein Bein unter dem Auto eingequetscht hatte, lebten bei mir zu Hause also zwei körperlich eingeschränkte Personen: mein Dad im Rollstuhl und ich mit eingegipsten linken Bein. Da war es wirklich praktisch, dass Leah und ihre Mutter Sue ab und an vorbeikamen um uns Arbeit abzunehmen, die wir gehandycapt auf keinen Fall alleine erledigen konnten, natürlich nichts zu Persönliches, nur ab und zu einkaufen und einige Hausarbeit.

Dennoch war Leah an unzähligen Nachmittagen bei uns gewesen und hatte sich mit mir über alles Mögliche unterhalten. Wir kannten uns schon so lange, waren gewisserweise Sandkastenfreunde und meine Gefühle für sie waren in dieser Zeit förmlich explodiert.

Zu meiner großen Frustration gab es zwei Haken, zwei Gründe warum ich vor Leah meine Gefühle geheimhielt. Der erste war ihre sture Abneigung, wenn es zum Thema Liebe und Beziehung kam. Sie hatte vor weniger als einem halben Jahr einen ziemlichen Schock verkraften müssen, als sie ihren langjährigen Freund Sam mit einem anderen Mädchen erwischt hatte. Leah hatte getobt, ihn verflucht und vor allen Dingen geschworen, sich nie wieder auf einen Typen einzulassen, vor allem auf niemandem aus dem Reservat, zwei Kriterien die beide auf mich zutrafen.

Aber da war noch etwas und das machte mir ziemlichen Bammel. Und zwar ging es da um einige der Legenden der Quileute. Viele davon verstand ich eher metaphorisch, nichts, was wörtlich passiert war, sondern etwas, dessen abstrakter Inhalt uns eine Lektion erteilen sollte. Wie eine Fabel. Ganz anders Leah, sie war sicher, dass sie fundiert waren, mehr noch, dass es einen aktuellen Bezug zu ihnen gab.

Dass sie sogar mit uns Quileute verbunden waren, auf uns zutrafen wie eine Prophezeiung.

Das konnte ich unmöglich glauben, und es war mir nur zu recht, dass Leah jedes Mal schnell ein anderes Thema anschnitt, wenn wir auf die Legenden zu sprechen kamen.

Bella war noch nicht da, als wir auf den Parkplatz bogen. Manchmal war ich verlegen in Leahs Gegenwart, ein wirklich ätzendes Gefühl, mit dem ich nicht besonders vertraut war, daher begann ich herumzualbern und Witze zu reißen. Dass die Cullens kalte Wesen waren wusste jedes Kind im Reservat, auch wenn mir nicht ganz klar war, was das überhaupt bedeuten sollte.

„Ob sich Bella schon einen Namen für ihr Hostel überlegt hat?"

Leahs Mundwinkel zuckten. „Sowas wie Villa zur kalten Hand?"

Ich grinste zurück. „Übernachten sie heute Nacht in der Schauervilla der kalten Wesen und wenn sie morgen aufwachen und nicht vor Schreck gestorben sind bekommen Sie ihr Geld zurück."

„Ich hoffe wirklich, dass die keinen ihrer Särge vergessen haben oder so. Und dass der Vorgarten kein Friedhof ist" flehte sie.

„Das wäre ne verdammte Arbeit, die ganzen Grabsteine rauszureißen. Aber alles für die Gäste" Ich deutete eine Verbeugung an und Leah kicherte über meine lächerliche Verrenkung.

„Eigentlich ist es doch Quatsch, wenn Bella schonmal da war, denke ich nicht, dass die irgendwas zu auffälliges herumliegen haben."

„Sei bloß nicht so voreingenommen. Das war ihr Haus, wo sie ganz sie selbst sein konnten. Da denke ich schon, dass irgendwas auf ihr Wesen schließen lässt. Vielleicht nicht gerade Blutflaschen im Kühlschrank, aber bestimmt andere Indizien."

„Wir können ja wetten," schlug ich vor. „Wenn dieses Haus nicht auf die kalten Wesen hindeutet und so ist wie jedes andere, geb ich dir einen aus."

Sie blickte siegessicher.

„Aber wenn wir merken, dass da irgendwas komisch ist, verspukt oder so, oder eine Sammlung von Silberkugeln, dann gibst du mir einen aus."

„Abgemacht" schlug sie ein.

Während wir darüber diskutierten ob die Abwesenheit von Spiegeln ein Hinweis war, stieß Bella zu uns, begleitet von einem großen dunkelhaarigen Mädchen mit südost-asiatischen Zügen und wir wechselten das Thema und begrüßten uns.

„Ich bin Angela" sagte sie und als sie mir die Hand schüttelte merkte ich, dass sie fast so groß wie ich war.

„Schön dich kennen zu lernen" sagte Leah. „Woher kennst du Bella?"

„Wir gehen auf dieselbe Schule und haben uns im letzten Jahr angefreundet. Und ihr?"

„Von noch ganz früher, wenn Bella hier in der Gegend zu Besuch war, ihr Dad hat sie dann mit zu uns ins Reservat genommen und wir haben sie immer zu den Meerwasserteichen gelockt, bis sie so weit im Schlick versunken war, dass sie nicht mehr alleine herauskam.Da haben wir sie dann verhungern lassen." Ich lächelte, während ich die nostalgischen Erinnerungen vor ihnen ausbreitete.

„Da hast du dir ja nette Freunde ausgesucht" lachte Angela und wir fielen ein.

„Die Besten", sagte Bella ernsthaft und blickte dankbar in die Runde.

„Okay, hört mal Leute, ich bin wirklich, überwältigt davon, dass ihr alle eure Hilfe angeboten habt, aber ich möchte euch nocheinmal die Wahl lassen: Wenn ihr denkt, dass das keine gute Idee ist, was wir vorhaben, dann müsst ihr euch nicht wegen mir verpflichtet fühlen, hier mit zu machen. Und wenn wir irgendwelche Probleme bekommen, weil wir uns...nun ja, strafbar hiermit machen, dann läuft das auf meine alleinige Verantwortung. Ich möchte nicht, dass ihr in Schwierigkeiten geratet, nur weil ich nicht in Seattle studieren will." schloss sie ihre kleine Rede.

„Nun mal halblang Bella," sagte Leah. „Mach dir nicht zu große Sorgen, das wird schon alles gutgehen. Jenkins lässt dir nächste Woche den Vertrag hier im Diner und dann sind wir auf der sicheren Seite, auch rechtlich. Aber ehrlich gesagt, ich glaube nicht, dass es da Probleme gibt"

„Das denke ich auch nicht, außerdem ist die Idee ja gefestigt und in gewisserweise tun wir ja auch Forks einen Gefallen." Angelas Ton war sachlich. „Und wir sagen einfach unseren Eltern, dass das Haus ein Erbstück von meinem Großvater ist. Eure Eltern gehen nicht zur Kirche oder?"

Leah und ich schüttelten die Köpfe.

„Dann ist es ziemlich unwahrscheinlich, dass sie mal über ein Hostel ins Gespräch kommen."

„Brilliant" nickte Bella und in ihren Augen standen tatsächlich Tränen.

„Danke für eure Hilfe, ich weiß echt nicht wie ich sonst weitermachen würde."

Ich zog sie in den Arm und ließ sie erst wieder los, als ich sicher war, dass sie sich gefasst hatte.

„Genug von dem sentimentalen Gerede! Zeig uns lieber die Bude."

Auf der Ladefläche des Transporters lag einiges an Malerzubehör, das wir mitnahmen und über meiner Schulter lastete eine ausziehbare Leiter und so folgten wir Bella in den großen Wald.

(1) Vulnerability is a sign of strength: Bis(s) zum Sonnenaufgang (TWILIGHT-FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt