„Still mit dem Aber! Die Aber kosten Überlegung." ~Gotthold Ephraim Lessing
Nikolai stand allein und verlassen auf dem Gehweg, einige Straßen von Alaktas Haus entfernt, in der Dunkelheit und wusste nicht, wohin er jetzt eigentlich gehen sollte.
Zu Clara ging ja nicht, aber sonst hatte er nicht viele Freunde. Gar keine um genau zu sein.
Also was jetzt?
Vielleicht könnte er bei Jakob unterkommen, seinem ältesten Freund und Bekanntem, aber dann müsste er sich auch den Rebellen stellen.
Mit etwas Glück würde Jakob ihm verzeihen, aber seine Freunde würden ihn wohl kaum mit offenen Armen aufnehmen.
Nikolai wusste zwar, wo das Hauptquartier der Rebellen war (Alakta hatte es irgendwann mal ausfindig gemacht, aber bisher hat die kleine Gruppe ihnen noch nie so Probleme gemacht, weshalb es unsinnig schien, sie dort abzufangen), aber sollte er das wirklich tun? Dorthin gehen? Bestimmt hassten ihn alle. Und er konnte es ihnen nicht mal verübeln.
Aber es half ja alles nichts, schließlich hatte er sich von den Mitraern abgewandt, jetzt musste er sich auch etwas nützlich machen.
Seufzend winkte Nikolai ein Taxi zu sich.Als er endlich an dem Haus ankam, brannten drinnen zum Glück noch alle Lichter; jetzt vor verschlossenen Türen zu enden, wäre auch großes Pech gewesen.
Er klingelte und eine junge blonde Frau, die Nikolai nicht kannte, öffnete die Tür.
„Ja, bitte?", fragte sie leise. Nikolai fragte sich, ob er sich bei der Adresse vertan hatte.
„Ich...ähm...", er wollte sich schon entschuldigen und das richtige Haus suchen, als von weiter hinten jemand fragte:
„Wer ist denn da?", und ein bekanntes, verweintes Gesicht kam hinter der Schulter der jungen Frau zum Vorschein. Es war Billy. Hat er geweint?! Aber weshalb...?
Billy schien Nikolai ebenfalls erkannt zu haben, denn er musterte ihn zunächst ungläubig. Eine unangenehme Stille trat ein, in der Nikolai nervös von einem Fuß auf den anderen wechselte, Billys Gesicht immer zorniger wurde und die Fremde verwirrt zwischen den beiden hin- und hersah.
„Du...", stieß Billy aus, packte Nikolai am Kragen seines Hemdes und zog ihn in den Gang, vorbei an der Frau, die eilig zur Seite sprang.
Krachend fiel die Tür zu und Billy presste den anderen mit dem Rücken zuerst daran.
„Was willst du hier?!"
„Ich will euch helfen; bitte, ich weiß ich habe Fehler gemacht, aber ich will es wieder gut machen und das kann ich auch: Ich habe Informationen; über Alaktas Plan.", antwortete Nikolai schnell.
„Und woher der plötzliche Sinneswandel, wenn ich fragen darf?", höhnte der Blonde, wobei er seinen Griff um Nikolais Hals noch verstärkte. Nikolai hätte sich leicht verteidigen können, unterließ es aber bewusst, um zu zeigen, dass er es ernst meinte.
„Ich wurde daran erinnert, dass wir alle Fehler machen.", meinte er nur schlicht.
Billy beobachtete ihn misstrauisch von Kopf bis Fuß, und fragte dann:
„Hast du irgendwelche Waffen dabei?", Nikolai holte stumm seine Pistole, die er immer für Notfälle dabei hatte, aus seiner Jacke hervor; das Ganze war etwas umständlich, weil Billy ihm immer noch sehr nahe stand, aber es war möglich.
„Finja, nimm ihm die Knarre ab.", befahl Billy und die junge Frau, Finja, sprang eilig vor und nahm mit spitzen Fingern die Waffe entgegen.
Sie hielt sie flach in beiden Händen, um ja keinen Schuss zu lösen.
„Lilie, komm mal bitte her.", brüllte der Amerikaner jetzt halb über die Schulter und eine dunkelhäutige Frau betrat den Raum, gefolgt von einem jungen asiatischem Mädchen.
Beide sahen genauso traurig und niedergeschlagen aus wie Billy; dem Mädchen drohten sogar noch jetzt Tränen über das Gesicht zu laufen.
„Durchsuchen wir ihn?", flüsterte Billy der Frau, wahrscheinlich Lilie, sanft ins Ohr. Nikolai konnte ihn nur verstehen, weil er so nah bei ihnen war.
Lilie nickte kurz und beide machten sich daran ihn fachmännisch nach weiteren, versteckten Waffen zu durchsuchen.
Aber wie erwartet kamen nichts Neues zu Tage.
Endlich ließ Billy Nikolai auch los und dieser entspannte sich erleichtert wieder. „Na, dann erzähl uns mal schön alles. Ach ja, und wenn du auch nur einen Versuch unternimmst, uns irgendwie zu schaden, bist du tot, verstanden?", knurrte Billy; Nikolai nickte ernst, doch bevor etwas sagen konnte, spürte er wie sich das Schloß der Türe in seinem Rücken durch einen Schlüssel drehte und jemand von außen versuchte diese zu öffnen. Nikolai drehte sich um und sprang eilig aus dem Weg.
Verwirrt schauten alle auf die beiden Jungs, die auf der anderen Seite zum Vorschein kamen. Die beiden schauten genauso verdattert zurück.
Dee eine war Jakob, ihn kannte Nikolai ja schon, aber der andere war ihm gänzlich unbekannt.
Jakob und sein Begleiter hatten sich aber schon wieder gefangen, denn der Mexikaner schien seinen alten Freund zu erkennen.
Dass sie mal Freunde waren, hielt ihn aber nicht davon ab, mit erhobener Faust auf Nikolai loszugehen. Dieser hob schon beschützerisch die Arme über den Kopf, doch Jakob wurde überraschenderweise von Finja aufgehalten.
„Warte", sagte sie und packte Jakobs Handgelenk, „Er hat gesagt, er will uns helfen, er hat wichtige Informationen. Billy und Lilie haben ihn schon gefilzt, er scheint sauber zu sein.", fasste sie zusammen.
Nikolai hatte mitbekommen, dass die Rebellen eine Energiewerferin auf ihrer Seite hatten, und fragte sich ob das Finja war; musste sie wohl, sie war die einzige, die er noch nicht kannte.
Jakob sah zuerst von Finja zu Nikolai, dann wieder zurück; schließlich ließ er langsam den Arm sinken und schaute Nikolai mit einem unergründlichen Blick an.
„Und wer ist das?", fragte Lilie mit zitternder Stimme, während sie auf Jakobs unbekannten Begleiter deutete.
„Das ist Jamie, er will uns auch helfen. Er hat mich sogar geheilt, ich denke er wird uns nützlich sein.", erklärte Jakob, der den Blick auf den Boden gerichtet hatte.
„Wieso geheilt?", fragte Finja besorgt und verwirrt zugleich, „wurdest du angegriffen?"
Nikolai räusperte sich: „Sasja und Mikos, oder? Geht's dir soweit gut?"
Jakob sah kurz vom Boden hoch, nickte mit zusammengepressten Lippen, bevor er den Blick wieder von Nikolai abwandte. Anscheinend konnte er seinen Anblick nicht lange ertragen, was den Russen zwar traurig machte, er konnte es Jakob aber nicht verübeln.
„Die Mitraer haben die 13 Könige. Na ja, zumindest 12 davon; der letzte ist noch in Jerusalem. Wir haben bis Freitag, wir haben noch zwei Tage, dann will Alakta das Portal öffnen. Sie haben sogar Tyler Lake, einen Portaleur, entführt.", platze Nikolai mit den unguten Nachrichten heraus.
Weil es ihnen zu doof wurde die ganze Zeit im Gang rumzustehen, wanderten alle ins Wohnzimmer und verteilten sich auf der Couch oder dem Boden.
„Das ist...schlecht.", schloß Jakob entmutigt.
Auf einmal runzelte er die Stirn und sah in die Gesichter seiner Freunde:
„Alles gut bei eich? Habt ihr etwa geweint? Oh Gott, was ist passiert? Und wo ist...wo ist Theia?", fragte er panisch.
Das Mädchen, Nikolai glaubte sich daran zu erinnern, dass ihr Name Saki war, fing an unterdrückt zu schluchzen, Lilie brach in Tränen aus und Billy vergrub das Gesicht in seinen Händen. Seine Schultern zuckten.
Jakob sah Finja flehend an
‚Bitte nicht.', schienen seine Augen zu rufen, doch Finja sah ihn nur düster an und schüttelte den Kopf.
Es war als hätte man alle Kraft aus Jakobs Körper entlassen; er sank kraftlos auf den Platz zwischen Billy und Lilie auf dem Sofa, und nahm Saki kn den Arm, die ihm um den Hals gefallen war.
Finja, Nikolai und Jamie verzogen sich in die Küche; der kleine Junge hatte die ganze Zeit so arg gegrinst, als würde ihm das Ganze immensen Spaß machen, aber selbst er besaß den Anstand die trauernden Freunde in Ruhe zu lassen.
In der Küche stand eine Tüte mit eingepackten Sandwiches, von denen Jamie die meisten aß, aber auch Finja nahm eins und bot Nikolai ein zweites an, das er dankend entgegennahm.
Schweigend aßen sie; es war nicht leicht das Weinen aus dem Wohnzimmer auszublenden.
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Projekt Pandora
FantasyFinja ist eine ganz normale 18-Jährige, bis sie eine sehr seltsame Erfahrung bei der Arbeit macht. Als sich dann aber die Ereignisse überschlagen, findet sich Finja in einer magischen Welt wieder mit Kreaturen älter als die Zeit und Geheimnissen, di...