Kapitel 32

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„Der Anfang ist nicht die Hälfte des Ganzen, sondern er erstreckt sich bis ans Ende." ~Polybios

Jakob erwachte durch die Stille.
Nachdem er vor Sasja und Mikos geflohen war, die ihn (mal wieder) umbringen wollten, hatte er mitten in der Teleportation das Bewusstsein verloren. Deshalb hat er jetzt auch keine Ahnung, wo genau er gelandet war.
Stöhnend öffnete Jakob die Augen einen spaltbreit, nur um die Silhouette eines kleinen Jungen zu sehen. Er kniete neben dem Verletzten und hielt seine Hände dicht über Jakobs Wunden.
Aus seinen Fingern schwebte sacht ein beruhigendes blaues Licht und verteilte sich über die Brandblasen.
Es hatte eine lindernde Wirkung, worüber Jakob sehr dankbar war.
Der Mexikaner hatte dies schon oft gesehen: es war die Magie der Heiler.
Der Junge versorgte ihn und seine Verletzungen.
Der Unbekannte hatte mittlerweile auch erkannt, dass Jakob aufgewacht oder zumindest bei Bewusstsein war, denn er sagte:
„Ah...da bist du ja wieder? Schön geschlafen?"
Jakob antwortete darauf nichts. Es war ja wohl offensichtlich, dass er einen Scheißtag gehabt hatte. Ausgelaugt und müde versuchte er sich aufzusetzen, nur um von dem fremden Jungen mit sanfter Gewalt wieder zurückgestoßen zu werden.
Vielleicht war es doch besser, wenn er etwas liegen blieb. Ihm wurde schon wieder schwindelig und alles drehte sich; Jakob fasste sich an den Kopf, der sich anfühlte, als wäre ein Panzer drübergefahren.
Er brauchte dringend etwas Ruhe; die Teleportationen, der Angriff in der Bibliothek, die Explosion und der versuchte Mordanschlag hatten ihn ziemlich erschöpft.
Sasja und Mikos hatten doch tatsächlich versucht ihn mit einem Kissen zu ersticken!
Wie originell
Beinahe hätte er gelacht, aber das tat noch zu sehr weh, weshalb er es nur zu einem leichten Schmunzeln schaffte.
„Was gibt es denn da zu grinsen?", fragte der Fremde misstrauisch. Der Junge war mit seiner Behandlung anscheinend fertig und betrachtete sein Werk, Jakobs genesene Haut, zufrieden.
„Wer bist du?", fragte Jakob, während sich der Unbekannte im Schneidersitz niederließ und ihn aufmerksam anblinzelte.
„Jamie.", war die einfache Antwort.
Das half Jakob nicht unbedingt weiter; natürlich war er Jamie für seinen Einsatz dankbar, aber der Junge sollte schnell zu seinen Eltern zurückkehren.
„Aha, alles klar, Jamie. Vielen Dank für deine Hilfe, aber du solltest jetzt gehen; ich hab nämlich noch zu tun. Wo sind deine Eltern?" Jamie lachte leicht auf und zwinkerte verschwörerisch Jakob zu.
„Ich hab dir doch nicht einfach so geholfen! Jetzt musst du auch etwas für mich tun: Nimm mich mit zu euch. Den Rebellen; ich will auch dabei sein, wenn ihr versucht die Welt zu retten."
Jamie erinnerte Jakob an Saki, die genauso jung war.
„Kommt überhaupt nicht in Frage! Du bist viel zu klein. Geh wieder nach Hause, Jamie!"
„Ach, Jakob, ich hatte eigentlich geglaubt, dass gerade du es verstehen würdest, wenn man nicht seinem Alter entsprechend aussieht.", seufzte Jamie.
Jakobs Kreislauf schien sich stabilisiert zu haben, denn als er sich langsam vorsichtig aufsetzte, ging es ihm weiterhin gut. Nach einem kurzen Blick auf seine Umgebung, sah Jakob, dass sie sich in einer einigermaßen sauberen Nebengasse befanden; es konnte nicht weit weg vom Krankenhaus sein, denn er konnte in seinem vorherigen Zustand nicht weit gereist sein und auch Jamie konnte ihn nicht allzu weit weg getragen haben.
Aber wie meinte der Junge das? War er auch ein Zeit-Ort-Reisender? Es musste so sein, anders könnte Jakob sich das ganze nicht erklären.
Jetzt, wo Jamie sein Alter erwähnte, fiel Jakob auch auf, dass seine Augen tatsächlich so aussahen, als hätten sie schon viel zu viel für einen 13-jährigen gesehen. Jakob wusste aus eigener Erfahrung, dass man solch einen Ausdruck weder vortäuschen noch verbergen konnte.
„Also sind deine Kräfte Heilung und das Reisen?", fragte er trotzdem nochmal nach, sicher war sicher.
Jamies Grinsen wurde sogar noch etwas breiter.
„Ich hab gar keine Kräfte, ich bin nicht mal ein Mentiker.", kicherte der Junge.
Was?? Aber wer (oder was) war er dann?
Jakob fragte nach, doch bekam keine Antwort. Stattdessen stand Jamie auf und streckte Jakob seine Hand entgegen, um dem anderen aufzuhelfen.
Woher kennt er eigentlich meinen Namen und weiß, dass ich zu den Rebellen gehöre...?
Jakob hatte auf einmal ein sehr ungutes Gefühl bei Jamies Anblick, nahm aber trotzdem dessen Hand.
Konnte er dem Fremden vertrauen? Sein Bauchgefühl sagte eher Nein, aber immerhin hatte Jamie ihn gesund gepflegt und Jakob und die anderen konnten gut jegliche Hilfe gebrauchen, die sie bekommen könnten.
Wer weiß, vielleicht hatte der quirlige Junge noch mehr geheime Fähigkeiten auf petto?
Jakob fühlte sich immer noch etwas außer Atem; auch in diesem körperlichen Zustand würde er nicht teleportieren können.
„Los jetzt, es ist langweilig, nur hier dumm rumzustehen.", quengelte Jamie und hüpfte schonmal los.
„Es ist aber ein ziemlich weiter weg und ich kann nicht teleportieren, sicher dass du mitwil-",
„Dann sollten wir uns lieber beeilen", unterbrach Jamie ihn munter und zusammen liefen sie los.

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