Kapitel 40

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„Schwache Naturen rächen gern die Folgen ihrer Fehler an anderen." ~M. Herbert

Clara hatte zwar 12 der 13 Könige zu den Rebellen gebracht; das Problem war nur (und das war auch der Grund für Billys Reaktion), dass Jamie, Lilie, Jakob und Nikolai schon losgestürmt waren, um genau diese zu stehlen.

Es wäre untertrieben, zu sagen, Sana sei nur angepisst. Sie war verdammt wütend. Jetzt hatte sie sich schon den ganzen Weg zu Alaktas Haus gequält, ausgerechnet mit Kris Hartmann im Schlepptau, der ihr ständig Avancen machen wollte! Mittlerweile war es nicht mal mehr lustig, sondern nur noch peinlich und nervend!
Sie wollten mit Mikos, Sasja, Nikolai und Clara den weitern Plan besprechen, jetzt waren die aber gar nicht da!
Nach einem sehr hitzigen Telefonat, erfuhren sie schließlich, dass Nikolai schon vor Stunden ausgerissen war und gerade auch Clara getürmt war, mit den 13 Königen natürlich! Aber die waren ja noch nicht mal zu 13., denn einer fehlte ja auch noch!
Gott verdammt! Bekam hier denn niemand etwas auf die Reihe?
„Reg dich nicht so auf. Soll ich dich vielleicht massieren?", fragte Kris begeistert.
„Nein!", zischte Sana gereizt zurück.
Wie konnten sich Sasja und Mikos nur ausgerechnet von Clara überwältigen lassen? Sana dachte an die etwas pummelige junge Frau und schüttelte den Kopf.
Jetzt waren die beiden natürlich los um Clara wieder einzufangen, hatten aber ihren Gefangenen, Tyler Lake, unbewacht zurückgelassen.
War sie denn nur von Idioten umgeben?
Seufzend setzte sie sich auf die Couch und schloß für einen Moment die Augen.
Kris versuchte ihr Pasta zu kochen, ließ sie aber anbrennen. Sie tauschte ihren weißen Anzug gegen eine dunkelgraue Jogginghose und ein einfaches T-Shirt und bemerkte, dass sich schon einige Strähnen aus ihrem geflochtenem Zopf gelöst hatte. Egal.
Sana könnte sich selbst verfluchen: Nur weil sie so müde war und sich einen Moment erlaubte sich kurz auszuruhen, ging alles den Bach runter, als plötzlich die Haustür aufgerissen wurde und vier Personen hineinstürmten.
Klirrend fielen die Teller, die Kris in der Hand hielt, auf den Boden.
Zwei von den Eindringlingen waren Rebellen: Jakob und Lilie; dazu noch ein kleiner Junge und Nikolai, der Verräter.
Sie hatten sich, genau wie Sana und Kris, in Kampfstellung begeben, griffen aber noch nicht an.
„Wir müssen nicht kämpfen. Gebt uns einfach die 13 Könige und wir sind wieder weg.", versprach Jakob arrogant. Als ob! Das glaubte der Kleine doch selbst nicht.
Sana lachte höhnisch:
„Das würden wir wirklich liebend gern tun, doch ich bedaure: wir haben die Könige nicht mehr. Deine kleine Freundin..", sie deutete mit dem Kopf zu Nikolai, „hat sie schon gestohlen."
„Oh, das war ja so klar!", fluchte der unbekannte kleine Junge.
Sana lachte; das war zu perfekt!
Dann wandte sie sich an Lilie:
„Wann ist eigentlich die Beerdigung deiner Freundin, du weißt schon der Arabe-", weiter kam sie nicht, denn Lilie raste unter Wutgeschrei auf sie zu; Sana schaffte es gerade noch so, sie durch eine Eiswand abzulenken; doch sie konnte die Dunkelhaarige nicht daran hindern, ihr einen Wurfstern in die Wade zu treiben. Fluchend zog Sana ihn raus und rammte Lilie ihren Ellenbogen ins Gesicht, was dazu führte, dass die Gläser ihrer silbernen Brille zerschlagen wurden.
Mittlerweile hatten sich auch die anderen in Bewegung gesetzt: der kleine Junge war auf Sana zugesprungen und hatte seine kleinen scharfen Zähne in ihren Arm gebohrt. Schreiend ließ sie diesen Teil ihrer Haut gefrieren und der Junge wich kreischend zurück. Sein Mund blutete.
Nikolai stieß auf einmal Jakob aus dem Weg, bevor er sich zu einer Kugel zusammenrollte, als würde er zitternd auf irgendetwas warten. Jakob war genauso verwirrt wie Sana, bis sie beide begriffen, dass Kris ihm irgendeine Illusion vorspielen musste.
Als der erwartete Schlag oder was auch immer, ausblieb, schaute Nikolai überrascht auf; doch die Illusion war verschwunden, denn Jakob hatte sich mit fliegenden Fäusten auf Kris gestürzt, der dadurch abgelenkt wurde.
Sana hatte aber gar keine Zeit, sich groß um ihn zu kümmern, denn Lilie hatte sie am Arm gepackt und durch die Gegend geschmissen, sodass die Wintermentikerin jetzt die Treppe in den Keller runterkullerte und am Treppenabsatz stöhnend liegenblieb.
Leicht perplex schaute sie ihn Lakes ängstliches Gesicht.
Den hatte sie ja fast vergessen! Lake war ihr wertvollster Besitz, ihn durften sie nicht auch noch verlieren!
Sana musste ihn so schnell es ging aus dem Haus schaffen, nur wie?
Während Lilie und Nikolai auf Sana hinterher stürzten, verprügelte oben Jakob weiterhin Kris; zumindest bis Jamie  sich auf den Mann stürzte und seine Reißzähne in seinem Hals vergrub.
Schreiend versuchte Kris sich zu befreien, doch es war zwecklos: Schon hatte der Junge ihm die Kehle rausgerissen.
Dunkelrotes Blut verteilte sich auf dem Boden und Kris holte noch einmal gurgelnd und röchelnd, bevor er mit schreckensgeweiteten Augen starb.
Jamie wischte sich das Blut vom Mund und Jakob nickte ihm dankend zu.
Im Keller hatte es Sana mittlerweile geschafft Lake von den Ketten zu befreien, als Nikolai sich auf sie stürzen wollte. Sie drehte sich im letzten Moment um und ließ ihn fast schon automatisch zu einem Eisblock erstarren.
„Nikolai!",schrie Lilie entsetzt, denn Nikolai bekam unter dem Eis keine Luft mehr und konnte sich auch sonst nicht bewegen.
Sana, die Lake schnell die Treppe hochzerrte, war vergessen; Lilie machte sich daran mit ihrem Feuer den Russen, der schon etwas blau angelaufen war, aufzutauen.
Sana führte Lake durch die Tür, wobei sie Jamie und Jakob noch schnell mit einem eisigen Wirbelwind abwehrte; dann erschuf sie mit letzter Kraft einen weiteren Schneewind, der sie und ihre Geisel hochhob und zu Sanas Winterpalast bringen sollte.
Dort angekommen, nahm sie ihr Handy und wählte wutentbrannt Mikos' Nummer. Eigentlich war sie todmüde, aber der Zorn gab ihr neue Kraft.
„Ihr Idioten!", schrie sie Mikos anstelle einer Begrüßung an. „Rate mal, wer gerade bei uns war, und die 13 Könige stehlen wollte:", sie ließ dem Tschechen gar keine Zeit zu antworten: „Genau! Die Rebellen! Kris ist tot, aber zum Glück konnte ich mit Lake fliehen. Ihr beiden beschattet jetzt das Rebellenhaus und sagt mir Bescheid, wenn Lilie, Jakob, Nikolai und so ein kleiner Rotzbengel wieder da auftauchen, kapiert?!"
Der sonst so schlagfertige Mikos fühlte sich seltsamen klein bei Sanas harten Worten und flüsterte nur ein leises „Ja."

In Alaktas Haus hatten sich die vier Rebellen zum Großteil unverletzt, zusammengefunden.
„Denkt ihr Clara wollte zu euch gehen", fragte Nikolai, immer noch etwas außer Atem.
Bevor ihm jemand antworten konnte, klingelte Lilies Handy. Sie meldete sich mit den Worten:
„Billy, was gibt's?"
Während des kurzen Gesprächs, hellte sich ihre Miene merklich auf. Sie legte auf und verkündete, dass Clara tatsächlich bei Billy war. Gesund und munter und, was das wichtigste war, mit den Königen.

Sasja und Mikos beobachteten, wie die restlichen Rebellen an ihrem Haus ankamen. Sie waren aber nicht so dumm sie anzugreifen; schließlich waren sie hoffnungslos in der Unterzahl.
Kurz verständigten sie Sana und schlichen entmutigt zu Alaktas Haus zurück, wo sie auf die Hausherrin warteten, die ihnen hoffentlich sagen konnte, was sie, um Gottes Willen, jetzt tun sollen.

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