4. Kapitel

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Elijah

Der Abend würde ruhig verlaufen, dachte ich.
Entspannt, nachdem ich mein Handy ausgeschaltet hatte und der Whisky wie Öl meine Speiseröhre entlang floss, doch Fehlanzeige.

5 Uhr morgens und ich saß in der Notaufnahme.
Meinen Trip nach New York hatte ich mir eigentlich besser vorgestellt.

Ich stützte meine Ellenbogen auf meinen Knien ab und fuhr mir über mein Gesicht.

Nachdem ich Ava vor der Bar sah, fühlte ich es.
Ich fühlte die kleine Flamme in mir, die für einen Moment wieder aufleuchtete wenn ihre Augen auf meine trafen.

Doch die Flamme erlosch schneller als erwartete, denn sie verschwand und ein quietschen der Reifen blieb hallend in meinen Ohren zurück.

Dennoch zuversichtlich begab ich mich zurück in die Bar, zu Cassandra, die immer noch einen Tequila nach dem anderen trank.
Ich ließ mich wieder auf den Barhocker neben ihr fallen und bestellte noch einen Whisky.
Daraufhin folgte der dritte, vierte und fünfte.

Wir schütteten uns zu und verließen die Bar, gemeinsam Richtung Taxi.

Zufrieden zog sie mich hinter sich her, in Sichtweite des Taxis, als keine 2 Minuten später ein dumpfer Schlag mich zu Fall brachte.

Mein Blickfeld verschwomm und der nasse Beton machte sich unter mir bemerkbar.
Mein Umfeld nahm ich nicht wahr und mein Kopf drehte sich, bevor ich die Stimmen und die Schmerzen nach einigen Minuten endlich wieder mitbekam.

Ein sanftes streichen über meinen Hinterkopf, während ich mich aufsetzte, verriet mir das die Wunde mehr als nur leicht blutete und das ich vereinzelte Tritte gegen die Rippen bekommen hatte, als ich plötzlich erkannte das all meine Wertsachen fehlten.

"Klasse Johnson." fluchte ich vor mir her und richtete mich vorsichtig auf.

Besser konnte der Abend nicht laufen, was meint ihr?

Die Schwester brachte mir mittlerweile den dritten Eisbeutel, während ich immer noch im Wartebereich saß, ohne Geld, meine Zimmerkarte, Handy oder sonstiger Wertsachen.

Missmutig lief ich zum Empfang und versuchte noch einmal ein paar Worte mit der älteren Dame zu wechseln.

"Mr. Johnson, es tut mir leid, doch ohne den Nachweis Ihrer Person müssen Sie bis zum Schluss warten."

Ein seufzend schlich mir über die Lippen, während ein paar sanfte Worte hinter mir ertönten.

"Judith, seine Daten stimmen, keine Sorge."

Ein stechender Schmerz machte sich in mir breit.

Ihr sanfter und dennoch starker Körper schob sich neben mich an den Empfang und legte etwas auf den Tresen.

Die ältere Dame schob ihre Brille nach oben und bestarrte das Cover überrascht.

"Unglaublich."
"Jetzt behandelt den Schnösel endlich, bevor morgen seine 1000$ Anwälte hier stehen und das Krankenhaus verklagen."

Da war sie wieder, unverändert wie immer mit ihrer Art Menschen zu verscheuchen.

"Entschudligen Sie Mr. Johnson, Sie sind in ein paar Minuten dran, ich hole sofort Doctor Meyer."

Die ältere Frau hastete wie wild los und verschwand in einem der langen Gänge.

"Was hab ich gesagt." sprach sie selbstsicher und stützte sich auf den Tresen, um an den Tisch der älteren Dame zu kommen.

"Was machst du da?" platzte es unüberlegt aus mir, ohne ihr Rechenschaft abzugeben.

"Manche Menschen haben keine Privatversicherung Johnson."

"AVA!" rief die ältere Dame stur.

"Bring nicht schon wieder meinen Schreibtisch durcheinander! Ich hab ihn eben aufgeräumt." meckerte sie los.

"Judith, ich will dir nur Arbeit abnehmen."
"Ja ja, arbeit abnehmen, du bist mir eine. Du bist doch diejenige die uns am meisten Arbeit macht.
Wir müssen bald deine Dritte Akte anlegen."
"Dir soll ja nicht langweilig werden."
"Ach Kindschen, wann wirst du es jemals lernen."
"Nie." stieß sie ihr entgegen und füllte den Zettel aus, den sie vom Schreibtisch der Dame geklaut hatte.

"Was hast du denn dieses mal angestellt, mh?"
"Doof gestürzt, nichts weiter."
"Doof gestürzt also.." stieß eine raue und dennoch jüngere Stimme hinter uns entgegen.

"Doctor, lange nicht gesehen." sprach sie mit sarkastischen Unterton.

"Für deine Verhältnisse muss ich sagen, haben wir uns schon beinahe Sorgen gemacht."
"Und, wer hat dieses mal gewonnen?" fragte sie und verschränkte ihre Arme vor der Brust.

"Tina."
"Das erklärt wieso Judith so gereizt ist heute."

Ein kurzer Blick nach hinten und dann betrachtete sie die ältere Dame kurz.

"Wer ist denn dein Freund Ava?"
"Freund? Alte Bekannte, wenn überhaupt."

Ouch.

Anscheinend schaute ich etwas zu entsetzt über ihre Aussage, denn alle Blicke fielen auf mich.

Ich räusperte mich.

"Johnson. Elijah Johnson ist mein Name." sprach ich leicht perplex.

"Mr. Johnson also."

Neugierig betrachtete der Arzt uns.
Ava lehnte sich derweil gegen den Tresen und verschränkte erneut ihre Arme vor der Brust.

"Folgen Sie mir Mr. Johnson."

Der Arzt lief voraus, während ich ihm zu nickte und letztendlich folgte.

"Ava, du auch!" rief er, als nur unsere Schritte im Empfangsbereich der Notaufnahme halten.

Ava stöhnte und folgte uns dennoch.

"Setzen Sie sich." bat der Herr, anfang 40 mich und zeigte auf die Liege an der gegenüberliegenden Wand des Raumes.

Dankbar nickte ich, während Ava sich stur an die Wand neben die Tür lehnte.

"Können Sie mir erzählen was passiert ist Mr. Johnson?"

"Mein Kopf wurde als Baseball genutzt und meine Rippen als Boxsack." sprach ich schlichtweg um den Abend nicht erneut durchgehen zu müssen.

Skeptisch betrachtete der Arzt mich.

"Sind Sie verwandt?"
"Lieber sterbe ich." sprach Ava hektisch und griff sich an den Kopf.

Der Mann lachte und untersuchte meine Kopfwunde.

"Also ist es Zufall das ihr beide gleich einfallsreich seid? Ungewöhnlich." redete er ungehindert weiter.

Strangers againWo Geschichten leben. Entdecke jetzt