● Kapitel 7

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15. Dezember

»Ich habe die Ehre, dass du schon drei Tage hintereinander gekommen bist, was?«, fragt Erin grinsend.

Ich lache: »Tolle Begrüßung. Ich freue mich auch, dich wiederzusehen. Wie es mir geht? Ganz gut und selbst?«

»Du bist doch blöd«, grinst sie. »Mir geht's auch gut.«

»Was meintest du eigentlich mit drei Tage hintereinander?«, frage ich lächelnd und lehne mich mit dem Rücken gegen das Geländer.

»Nun ja, deine Reihenfolge war immer so, dass du einen Tag hier warst, dann zwei Tage später, dann den Tag darauf wieder und dann wieder zwei Tage darauf«, meint sie grinsend. »Und bevor du dich fragst, warum zur Hölle ich mir das merken kann, ich weiß es nicht.«

»Schön zu wissen, auch gut«, grinse ich sie an und sie legt die Unterarme auf das Geländer, lehnt sich etwas über das Geländer.

»Was für ein Auto gefällt dir?«, fragt sie mich und ich kann mir keinen Reim daraus machen, wieso sie jetzt auf Autos kommt.

»Porsche... Audi...«, sage ich und sie nickt einmal. »Wieso fragst du das?«

»Mein Bruder will sich ein Auto zulegen«, sagt sie dann. »Er fragt mich, deshalb.«

Ich sehe kurz zu ihr: »Was für Autos magst du?«

»Ich mag gerne Range Rovers, Ford und Audi«, sagt sie. »Letztens hat mir mein Bruder eine ach so witzige Story aus der Zeitung erzählt. Familie Benz hat Nachwuchs bekommen und hat die kleine Tochter Mercedes genannt. Also heißt das Mädchen jetzt Mercedes Benz.«

»So witzig finde ich das nicht«, gestehe ich und sie lacht leise auf.

»Ich auch nicht«, sagt sie und zuckt mit den Schultern. »Der Erfinder von Mercedes Benz hatte das Auto nach seiner Tochter benannt. Also... Mercedes Benz. Ich mag den Namen Mercedes, keine Ahnung wieso. Aber viele denken einfach nur an das Auto.«

»Sag mal, magst du BMW?«, frage ich sie wie aus heiterem Himmel und sie grinst mal wieder.

»Bayrischer Mistwagen, hatte meine Mutter mal gesagt«, meint sie dann und ich muss leise lachen. »Bayern ist ein Bundesland von Deutschland.«

»Ach so«, sage ich grinsend. »In Deutschland kenne ich mich nicht so aus.«

»Das macht gar kein Problem, so oft wie du da bist«, meint sie kichernd. »Meine Cousine war letztens so in depressiver Stimmung, das ging gar nicht. Da machte das Skypen überhaupt keinen Spaß mehr.«

»Was war los?«, frage ich und sie grinst schief.

»Ihr war bewusst, dass sie euch niemals sehen würde. Ihr Vater hätte nicht viel Geld, um ihr eine Konzertkarte zu kaufen und außerdem wohnt sie nicht in der Nähe von Düsseldorf.«

»Dusseldorf?«, frage ich nach und sie lacht los.

»Dusseldorf? Es heißt Düsseldorf«, sagt sie grinsend. »Ja, für dich heißt es Dusseldorf, weil die Briten kein Ü kennen.«

Mit gerunzelter Stirn schaue ich sie an: »Bitte was kennen Briten nicht?«

»Guck mal hier«, sagt Erin, holt ihr Handy raus und öffnet ihre Notizen auf dem Handy, worauf auch die Tastatur erscheint.

»Englische Tastatur, und jetzt?«, frage ich sie und sie verdreht kurz die Augen, dann wischt sie einmal über die Leerzeichentaste und die Tastatur verändert sich. »Was ist das da?«

»Das, mein Lieber, ist die deutsche Tastatur. Und dieses A, O und U mit jeweils zwei Pünktchen oben drauf sind die sogenannten Ä, Ö, und Ü.«

Sie schreibt auf ihr Handy Dusseldorf und schaut mich an.

»Dusseldorf, sag ich ja«, grinse ich und sie lacht.

»Ne«, sagt sie und schreibt nochmal Dusseldorf hin, aber sie benutzt das U mit den zwei Pünktchen. »Im Deutschen heißt es Düsseldorf. Wäre ich komplette Britin, dann würde ich höchstwahrscheinlich auch Dusseldorf sagen, beziehungsweise würde nicht mal wissen, dass es diese Stadt gibt.«

»Interessant...«, sage ich und vergesse sofort wieder, was das mit Ä, Ö und Ü zu bedeuten hat. Ich werde sowieso kein Deutsch lernen.

»Im Dänischen gibt es auch noch Æ, Å und Ø«, sagt sie und schaut gedankenverloren in die Themse. »Dänisch ist meiner Meinung nach nicht wirklich eine schöne Sprache. Es hört sich witzig an, keine Frage, aber ich finde Englisch tausendmal schöner. Oder was würdest du denken, wenn ich Hej, jeg hedder Erin og jeg elsker dig sage?«

Mein Gehirn rattert ein bisschen und dann fällt mir auf, dass das Dänisch gewesen sein muss. Oder war es doch Deutsch?

»Hey«, lacht sie, als sie mich anschaut. »Was machst du denn für ein Gesicht? Hab ich dich mit Dänisch-Deutsch-Zeug überfordert?«

»Zugegebenermaßen ein bisschen schon... ich bin mir nicht sicher, ob das vorhin Dänisch oder Deutsch war«, sage ich und sie lächelt.

»Es sieht süß aus, wenn du überfordert bist«, schmunzelt sie leicht. »Es war Dänisch.«

»Okay... zumindest musst du irgendwie gesagt haben, dass du Erin bist«, sage ich. »Oder so.«

»Ja, hatte ich«, grinst sie. »Zumindest konnte man das wegen meinem Namen heraushören.«

Ihr Handy gibt einen Ton von sich und sie holt es ohne zu zögern heraus.

»Hey Erin, kannst du mir jetzt sagen, welche Marke du magst?«, ertönt es von ihrem Handy, als sie eine Sprachnachricht von WhatsApp anmacht.

Sie drückt auf den Knopf: »Hey Sweety, ich mag Audi ganz gerne, ansonsten mag ich Range Rovers. Erzähl mir später, für welche Marke du dich entschieden hast, okay?«

»Sweety?«, frage ich leise lachend, als sie den Knopf loslässt.

»Joop, mein großer Bruder«, sagt sie grinsend. »Zwei Jahre älter als du.«

»Einer aus dem 89er-Jahrgang«, sage ich eher zu mir, als zu ihr, und beobachte sie dann dabei, wie sie eine neue Nachricht liest.

»Oh verdammt«, sagt sie leise. »Ich habe die Zeit völlig vergessen. Ich muss los. Meine Schwester will ihren 23. Geburtstag feiern.«

»Sie ist also 9 Tage älter als ich?«, frage ich schmunzelnd und sie nickt kurzgebunden. »Wir sehen uns in den nächsten Tagen, Erin.«

»Bis dann«, sagt sie, drückt mir flüchtig einen Kuss auf die Wange und läuft von der Tower Bridge runter.

Sie ist ein wundervolles Mädchen und ich erwische mich selbst dabei, wie meine Hand zu meiner Wange wandert, um die Stelle, welche sie geküsst hat, zu berühren.

Tower BridgeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt