● Kapitel 49

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Bevor ihr euch fragt, ob das mit dem Zurückspulen geht, sage ich euch lieber, dass es geht. Meine Freundin kann so etwas mit ihrem Fernseher machen, dazu braucht man die richtigen Sender und zudem erst den richtigen Resiver. Da ihr diese Message jetzt höchstwahrscheinlich nicht verstehen würdet, solltet ihr das Kapitel lesen. Ich wünsche euch viel Spaß. ☺

»Logan Marin«, meldet sich der Nachrichtensprecher, als sein Handy klingelt. Seine Tochter, Leonora Marin, steht neben ihm und lächelt vor sich hin. Sie würde ihre Schwester wiedersehen. »...was?«

Leonoras Blick schießt augenblicklich zu ihrem Vater, der fassungslos ins Leere schaut, dann hört sie sein schweres Schlucken. Er nickt. Sie weiß nicht, wieso.

»Wir werden kommen«, sagt er und Leo schaut ihn besorgt an. Wieso hört es sich so an, als wäre ein Klos in seinem Hals?, fragt sie sich. »Dankeschön.«

Ihr Vater legt auf. »Daddy, was ist los? Wieso bist du so blass...?«, fragt sie etwas alamiert, als er sich mit der Hand über das Gesicht wischt. Danach schüttelt er den Kopf und lässt seine Gefühle raus. Das erschwerende Gefühl seines Herzens macht sich auch auf seinen Tränendrüsen breit. Tränen laufen.

Leos Kopf dreht sich zum Fernsehbildschirm, als sie die Breaking News hört.

»An der Tower Bridge hat sich vor wenigen Minuten ein schwerer Autounfall zugetragen, wobei das Taxi sich dreimal überschlug und der Mercedes Benz gegen zwei andere Autos fuhr. In diesem Unfall sind sechs Personen eingebunden worden, darunter ein Todesfall. Eine junge Frau musste reanimiert werden. Um wen es sich allerdings handelt ist unbekannt. Mehr darüber später«, sagt die Nachrichtensprecherin Bonnie McBennett.

Erins Schwester sieht aus dem Augenwinkel, wie ihr Vater wieder den Kopf schüttelt.

»Was ist los?«, fragt Liam, der mit Mike in das Wohnzimmer kommt.

Der Vater fängt sich etwas. »Erin hatte ein Unfall«, sagt er dann.

»Nein...«, flüstert Leo. »Bitte, Dad, sag mir nicht, dass sie bei dem Unfall an der Tower Bridge war...«

»Welchen Unfall?«, fragt Liam irritiert.

Mike nimmt die Fernbedienung und spult zurück, worauf man den ganzen Bericht nochmal sehen kann.

»Sie liegt auf der Intensivstation«, sagt der Vater.

Liam schluckt. »Das kann nicht dein Ernst sein...«

»Sollen wir geliebte Menschen immer an der Tower Bridge verlieren?!«, fragt Mike, wird dabei lauter und schnappt nach Luft.

»Wir sollten zum Krankenhaus«, sagt Liam.

»Ich kann das nicht«, sagt Logan Marin und schüttelt den Kopf. Er setzt sich hin und stützt seinen Kopf. »Ich kann es nicht.«

»Bleibt ihr hier, ich gehe mich nach Erin erkundigen«, sagt Leonora und lächelt alle gezwungen an, doch der Schock steht ihr immer noch mitten im Gesicht geschrieben.

»Ich komme mit!«, ruft Mike auf einmal laut.

Leo schüttelt den Kopf: »Nein, Mike. Bleib bei Dad und Liam, sag den Anderen Bescheid und vergiss nicht bei Emily in der Kanzlei anzurufen.«

Ihr kleiner Bruder nickt, dann schnappt sich Leonora die Autoschlüssel und verschwindet ohne ein Wort aus der Villa.

Sie steigt schnell ins Auto ein und steckt den Schlüssel ins Zündschloss. Doch anstelle das Auto anzumachen, fährt sie sich durch die Haare und haut dann aufs Lenkrad, woraufhin ein lautes Hupen zu hören ist. Etwas erschrocken zuckt Leo zusammen und dreht den Schlüssel im Zündschloss um, woraufhin das Auto aufbrummt und sie langsam vom Hofplatz fährt.

Leo malt sich die verschiedensten Dinge aus, wie Erin aussehen mag, wie es ihr im Allgemeinen gehen würde – natürlich muss es ihr schlecht gehen, ansonsten wäre sie nicht auf der Intensivstation – und ob sie in Lebensgefahr schwebt.

Die Autofahrt zum Krankenhaus kommt ihr wie eine halbe Ewigkeit vor, doch endlich kommt sie an und steigt aus, um schnellstens reinzulaufen.

Erins Schwester meldet sich bei der Rezeption und wird dann in das Zimmer eines Arztes geleitet.

Ein Arzt, welcher sich als Dr. Brennan herausstellt, schüttelt Leonora die Hand und fragt nach der Beziehung zu seinem Patienten.

»Ich bin ihre große Schwester«, sagt Leo und der Arzt nickt.

»Wir haben vom Unfallort diese Tasche mitbekommen«, sagt der Arzt und deutet auf eine Tasche, die in der Ecke seines Büros liegt. »Ist es Miss Marins Tasche?«

»Ja, das ist sie«, sagt Leo. »Darf ich?«

»Nur zu«, sagt der Arzt und Leo geht zur Tasche, bückt sich zu dieser runter und zieht den Reißverschluss auf. Sie sieht einen verunstalteten Laptop, der für die Tonne bestimmt ist. Neben der Tasche ist eine kleine Kiste, indem sich ein Portemonnaie und ein Samsung S5 befindet. Erins Sachen.

»Wie steht es um Erin?«, fragt Leo, steht auf und dreht sich wieder zu Dr. Brennan.

»Ihre Schwester hat innere Blutungen davongetragen, sowie drei gebrochene Rippen und eine Gehirnerschütterung. Sie musste reanimiert werden. Derzeitig befindet sie sich im Koma«, berichtet ihr der Arzt. »Es ist ungewiss, wann und ob sie aufwachen wird.«

Leonora nickt schluckend. »Kann ich zu ihr?«, fragt sie mit gebrochener Stimme. Dr. Brennan nickt und führt sie ohne weiteres zur Intensivstation.

»Sie müssen leise sein, Miss Marin«, meint der Arzt mahnend. Leo nickt und geht langsam in das Zimmer rein.

Sie sieht ihre Schwester, wie sie an unzähligen Kabeln hängt. Ein Beatmungsgerät, eine Maschine, wie aus den unzähligen Filmen, an dem man den Herzschlag sieht. Das Piepen ertönt, als ihr Herz ein weiteres mal schlägt. Darauf wieder eins, und noch eins, und noch eins.

Die Dunkelhaarige setzt sich auf den Stuhl, der neben dem Bett steht, und legt ihre Hand auf Erins. »Erin«, sagt sie leise. Sie fühlt sich etwas dumm, da sie mit dem Körper ihrer bewusstlosen Schwester redet, doch bei den Filmen geschehen auch immer wieder diese Wunder, dass die Koma-Patienten die Anwesenheit ihrer Angehörigen bemerken. »Ich dachte, wenn du wieder da bist, kommt wieder mehr Leben ins Haus. Ich dachte, es würde wie früher sein, dass du wieder da bist, uns Essen machst, wenn wir zu Faul sind, uns hilfst, falls wir deine Hilfe benötigen und dass wir immer wieder gemeinsam lachen können, wie uns danach ist. Doch jetzt liegst du hier... an vielen Kabeln und ein Beatmungsgerät... bitte, Erin, verlass mich nicht. Das kannst du Dad nicht antun und auch nicht Mike – er wäre am Boden zerstört! Was soll ich Louis erzählen, wenn du nicht wieder aufwachst und er wieder nach dir fragt? Ich kann das doch nicht einfach ignorieren, Erin! Bitte mach deine Augen auf und sag mir, dass das ein schlechter Scherz ist!«

Ein lautes Schluchzen entflieht ihrem Mund und sie hält sich die freie Hand vor dem Mund, um weitere, laute Schluchzern abzudämpfen, damit es nicht all zu laut ist.

Sie wischt sich grob mit dem Handrücken die Tränen von ihren Wangen weg, doch Neue benetzen wieder ihre weiche Haut.

»Bi-itte Erin, wa-ach auf...«, weint Leonora und klammert sich an Erins Hand. Leonora versucht ihre Gedanken zu sortieren. »Ich flehe dich an... verlass mich nicht.«

Tower BridgeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt