Wieder endete ein schier unendlich langer Tag, wieder war ich alleine gewesen und nach fast drei Wochen der Schufterei verlor ich langsam auch meine Geduld mit Nick. Er war kaum mehr zu erreichen und wenn ich dann das große Glück hatte ihn doch mal kurz zu Gesicht zu bekommen, war er nicht wirkich bei der Sache.
Nun, eine halbe Stunde bevor ich das Cafe schießen wollte, tauchte er auf und wirkte mehr als nur neben der Spur. Was war nur los mit ihm?
Da sich zu diesem Zeitpunkt keine Gäste mehr im Cafe befanden, beschloss ich die Gunst der Stunde zu nutzen und früher zu schließen um mit meinem besten Freund ein ernstes Wörtchen zu sprechen. Ich schloss die Tür ab und beobachtete wie er sich selbstverständlich die Reste aus der Auslage einpackte. Stirnrunzelnd verschränkte ich meine Arme vor der Brust "Nick... wir müssen wirklich miteinander reden..." sprach ich ihn an.
"Was gibts denn?" wollte er wissen, sah mich jedoch nicht an - ebenfalls höchst ungewöhnlich für meinen Geschmack! Ich seufzte und bemühte mich um Geduld und einen möglichst ruhigen Ton - nicht so einfach, wenn man in den letzten Wochen nur extrem wenig Schlaf abbekommen hatte, weil der Tag nicht genug Stunden hatte und man irgendwie seine Existenzgrundlage am Laufen halten wollte.
"Lass uns setzen" schlug ich vor und wies auf den Tisch hinter uns. "Jess ich habe keine Zeit für Kaffekränzchen. Was gibt es denn so Wichtiges, dass du mich Tag und Nacht mit Anrufen und Nachrichten bombardierst?" seine Stimme klang gereizt und sein Blick wirkte genervt als er mich nun endlich ansah. Seine Augen waren gerötet, wie ich überrascht feststellte.
"Was es gibt? Nun Nick, UNSER Cafe ist seit einigen Wochen eröffnet und seitdem glänzt du hier hauptsächlich mit Abwesenheit und überlässt mir die Arbeit" ich atmete tief durch - mich jetzt aufzuregen wäre sinnlos. Nick hob die Augenbrauen "Ich bin doch hier... hatte dir doch erklärt, dass ich eine Auszeit brauche. Ich dachte das hättest du verstanden..." seine Stimme hatte etwas trotziges und ich hatte Mühe mich unter Kontrolle zu halten als ich ihm antwortete "Tue ich auch, nur seit du in dieser neuen Beziehung bist, bist du kaum erreichbar und wir müssen eben auch mal übers Geschäft reden. Ich stehe hier Tag und Nacht alleine, bediene, mache die Abrechnung, backe... " erklärte ich ihn und warf meine Arme in die Luft um meiner Hilflosigkeit Ausdruck zu verleihen.
"Ich wusste, dass das kommt...Tom hatte mich ja gewarnt!" ein trockenes Lachen entfuhr ihm und seine Stimme bekam etwas ätzendes - wer war dieser Mensch da vor mir? Fragend hob ich die Augenbrauen, vielleicht war es besser nun nichts zu entgegnen. "... du bist eifersüchtig! Eifersüchtig darauf, dass ich endlich Jemanden habe und du immer noch alleine versuchst mit Gewalt irgendwelche Männer an dich zu binden"
Wow der Treffer saß! "Und weil du das nicht schaffst, versuchst du mich mit diesem Laden hier zu erdrücken" endete er und funkelte mich an. Woher stammte denn diese Feindseeligkeit? Solange ich mich zurückerinnern konnte, hatten Nick und ich zwar auch mal unsere Unstimmigkeiten diskutiert, doch war dies nie so... so verletzend geworden.
"Ich...was?" endlich hatte ich meine Sprache wieder gefunden "Nick ich bin der letzte Mensch auf der Welt, der dir dein Glück nicht gönnt..." versuchte ich es erneut ruhig und sachlich, dennoch spürte ich wie mein Puls zu rasen begann. Er lachte trocken "Deshalb erdrückst du mich auch mit deinen ständigen Anrufen und dem Gejammer darüber, dass wir reden müssen!".
"GEJAMMER?" wiederholte ich und merkte, wie sich in mir ein Schalter umlegte "Nick es geht hier um unsere Existenz nicht um unser Privatvergnügen!" meine Stimme wurde lauter als ich es beabsichtigt hatte. "Der Laden läuft doch, was also willst du?" entgegnete er schulterzuckend. "Der Laden läuft, weil ICH dafür sorge! ICH, ALLEINE!" meine Stimme wurde lauter und meine Hände begannen zu zittern - ich verstand nicht was los war und wieso mein bester Freund plötzlich so fremd wurde.
"Du hast doch sonst nichts worum du dich kümmern müsstest also reg dich ab Jess..." erneut zuckte er die Achseln. "Gut, dann stellen wir Personal ein" lenkte ich ein, in der Hoffnung diesem Albtraum ein Ende setzen zu können. "Darüber hatten wir gesprochen. Wir können uns kein Personal leisten... Himmel Jess nun gönng mir doch einfach mein Glück und hör auf dich so weinerlich anzustellen. Es ist ja auch dein Laden oder?" Nick griff nach seiner Tasche und ging zur Tür.
Sprachlos sah ich ihm nach, unfähig noch irgendwas zu entgegnen. "Vergiss nicht, mir mein Gehalt pünktlich zu überweisen. Ich muss nun los, Tom wartet" rief er mir vom Eingang zu, ehe er die Tür hinter sich zufallen ließ.
Sprachlos und enttäuscht blickte ich vor mich hin und spürte wie heiße Tränen in mir aufstiegen.
In zwanzig Jahren, die Nick und ich nun schon Freunde waren, hatte er sich nie so verhalten - Beziehung hin oder her! Er war oft launisch, dickköpfig und wir hatten uns natürlich auch in den Haaren gehabt, aber diese Art der Auseinandersetzung fand gerade auf einem neuen Level statt - ein Level den ich mir absolut nicht erklären konnte. Verletzt ließ ich mich an einen der Tische sinken und begrub mein Gesicht in den Händen - es schien als würde ich gerade die einzige Familie verlieren die ich jemals hatte.
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Heartbeat Nights
Fanfiction- PAUSIERT - "Ich bin weltoffen und cool und habe eine Affäre mit Tony Stark" so Jess, die nach einer jahrelangen, öden Beziehung endlich mal ihre Freiheit genießen will. Doch leider läuft nicht alles so, wie sie es sich vorgestellt hat - Was passi...