Schnelles Wiedersehen

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Entgegen meiner Pläne sollte es nicht bis zum Abend dauern, bis ich mich erneut bei Tony meldete...Sein Auftauchen und seine Wut hatten mich überrascht, aber eben auch nicht überrascht - was hatte ich denn erwartet? Es schien doch Einiges in den letzten beiden Tagen schief gelaufen zu sein, weshalb ich ihm seinen Ausbruch nicht ganz so übel nehmen konnte wie ich wollte. Nach dem Gespräch mit Steve Rogers jedoch, wollte ich dessen Ratschläge erstmal in die Tat umsetzen und mir Nick zur Brust nehmen, bevor ich mich in aller Ruhe um Tony kümmerte. Steve und ich waren uns einig darin, dass ich alleine Nick nicht helfen konnte und er hatte mir ein paar hilfreiche Kontakte gegeben, die eben dies konnten. Nicht, dass ich Nick im Stich lassen wollte, aber nach Allem was passiert war, war ich sicher nicht der beste Ansprechpartner für sein Problem. Ich würde ihm weiterhin zur Seite stehen, doch den Schritt gegen seine Drogensucht musste er wohl oder übel alleine gehen - auch hier hatte mir Captain America die Augen geöffnet. Tatsächlich war ich unsagbar froh diesem Mann ausgerechnet heute über den Weg gelaufen zu sein und ich war sicher, dass sich zwischen uns eine tolle Freundschaft entwickeln konnte. Ich mochte ihn von Anfang an, auch wenn Tony hier komplett anderer Meinung war.Als ich mich von Tony verabschiedet hatte, war ich mit einem wesentlich leichterem Gefühl die Treppen zu meiner Wohnung hinauf gestiegen und so lächelte ich, als ich den Schlüssel ins Schloss steckte um die Tür zu öffnen. Stirnrunzelnd bemerkte ich das flaue Gefühl in meiner Magengegend, als ich ins Innere trat und die Tür hinter mir schloss. Irgendwas war anders, ich konnte nicht genau sagen was es war - es war eine seltsame Stimmung, doch vielleicht spielte mir mein Kopf auch einfach nur einen Streich."Nick?" rief ich und warf einen Blick ins Wohnzimmer, wo ich wie erstarrt stehen blieb. Dort wo ich ihn vorhin schlafen zurück gelassen hatte, lag nur noch die Wolldecke und dort wo einst mein Laptop auf meinem Schreibtisch stand, war nun... nichts mehr. Irritiert sah ich mich weiter um und registrierte erst nach und nach, dass nicht nur mein Laptop, sondern auch mein Fernseher fehlte und sämtliche Türen der Schränke offen standen - einige Papiere lagen verstreut auf dem Boden oder auf dem Schreibtisch. Aufgebracht lief ich von Raum zu Raum um festzustellen, das sämtliche Elektronik, sämtlicher Schmuck aus meiner Wohnung verschwunden war - inklusive Nick. "Nein... Oh Nick..." stöhnte ich betroffen und starrte fassungslos auf den leeren Platz in meinem Wohnzimmer, wo vorhin noch ein Fernseher stand. "Ruf die Polizei..." schoss es mir durch den Kopf, doch tief in mir wehrte sich Etwas dagegen Nick anzuzeigen und so wählte ich die einzige Alternative, die mir helfen konnte."Das ging schnell... War deine Sehnsucht so groß?" ertönte Tony's amüsierte Stimme, als ich seine Nummer wählte und mich tief getroffen mitten auf dem Boden setzte. "Tony?" murmelte ich "Ich brauche deine Hilfe... Kannst...?" ich seufzte ehe ich fortfuhr, doch er beendete meinen Satz. "Bin auf dem Weg. Nicht, dass ich in den fünf Minunten weit gekommen wäre" scherzte er, ehe ich auflegte. Tatsächlich hatte ich keine Ahnung was ich mir von Tony erwartete, dennoch brauchte ich ihn jetzt hier bei mir. Auch wenn er in manchen Dingen eine völlige Katastrophe war, so war sein analytischer Verstand doch unersetzbar. Ja, wäre Nicks Bitte um Geheimhaltung nicht gewesen, hätte ich sicher auch erst ihn wegen dieser Sache um Rat gebeten. Doch ich - dumm wie ich nunmal war - wollte unbedingt Rücksicht auf die Gefühle meines alten Freundes nehmen und ihn nach wie vor beschützen. Sicher ahnte er, wie Tony auf ihn reagieren würde und sicher würde Tony auch auf diese Sache nicht neutral reagieren. Es dauerte nur wenige Minuten, bis es an der Tür klingelte und ich mich stöhnend erhob um diese zu öffnen. "Also ein sexueller Notfall kann es ja nicht sein, du trägst ja noch deine Kleidung" scherzte er, als er mich erblickte. Halbherzig erwiderte ich sein Lächeln und seufzte dann "Leider brauche ich in diesem Fall eher dein Hirn als deinen..." ich blickte kurz zu der Stelle in seinem Schritt und verzog den Mund. "Wie schade..." erwiderte er - wirkte jedoch ein wenig ernster als zuvor. "Also, was kann ich für dich tun, nachdem du mich vorhin weggeschickt hast?" wollte er wissen, als er mir zurück in die Wohnung folgte. "Es tut mir leid... wenn ich dir gleich erkläre was geschehen ist, verstehst du mein Dilemma vielleicht und verzeihst mir..." entschuldigte ich mich und blickte ihn über die Schulter hinweg an. "Tja, da ich dir ja bereits gestanden habe, dir vollkommen verfallen zu sein..." erwiderte er gut gelaunt, ehe er beim Anblick des chaotischen Durcheinanders in meinem Wohnzimmer die Augenbrauen hob und verstummte. "Jess..." murmelte er und blickte mich ernst an "...ich hoffe du willst mir hiermit verständlich machen, dass du die Kontrolle über deinen Haushalt verloren hast...". Ich verzog das Gesicht und konnte nicht glauben - ich konnte noch immer nicht glauben -, dass ich dies jemals sagen würde "Ich wünschte es wäre so...".Während Tony sich aufmerksam umsah, erzählte ich ihm von Nick, seinen Problemen, seiner Bitte um Geheimhaltung und seinem unrühmlichen Abgang mitsamt aller Wertgegenstände aus meiner Wohnung. Ich merkte selbst, wie unwirklich all dies klingen musste, denn das tat es für mich ja auch. Hatte ich mich wirklich so sehr in Nick getäuscht? War ihm unsere Freundschaft denn wirklich gar nichts mehr wert? Erneut überkam mich pure Verzweiflung und ich dachte an Steve's Worte. "Wichtig ist nur, dass du nichts von dem persönlich nimmst was er sagt oder tut... DU musst in dieser Sache an erster Stelle stehen, hörst du?" riet er mir und ich hatte mich gefragt woher er dieses Wissen nahm. "Ich helfe ab und zu in diesen Selbsthilfegruppen aus - Captain Amerika ist scheinbar sehr motivierend" hatte er erklärt und dabei gelächelt."Wow... Du solltest wirklich die..." bemerkte Tony schließlich und sah mich an "...die Polizei rufen, ich weiß..." beendete ich seinen Satz und nickte müde. "Lass mich raten, der erste Betrug und auch dieser Raub haben dir noch nicht gereicht und du möchtest dich gerne noch einmal von ihm verarschen lassen?" fasste er gereizt zusammen und hob die Augenbrauen. Ich verdrehte seufzend die Augen "Ja... ich meine nein... ich..." ich warf die Arme in die Luft und blickte ihn zweifelnd an. Tony schüttelte ernst den Kopf und schlang seine Arme um mich "Wie kann man nur so dumm sein? Eine Chance okay, eine zweite... naja... aber nun noch Eine?" murmelte er, als ich meinen Kopf an seine Brust sinken ließ. "Du bekommst doch auch immer wieder welche..." stellte ich klar und blickte halbherzig lächelnd zu ihm auf - eigentlich war mir ganz und gar nicht nach Witzen zumute. "Weil ich die verdient habe und einfach ein Hauptgewinn bin, Schätzchen" entgegnete er etwas milder gestimmt und blickte auf mich herab. Stöhnend verdrehte ich die Augen "Da ich deine Hilfe benötige, kann ich da jetzt schlecht was dagegen sagen, oder?" murmelte ich und sog seinen vertrauten Duft ein. "Richtig." stimmte er mir zu und seufzte "Was also ist der Plan, wenn nicht die Polizei - was immer noch die vernünftigste Lösung wäre..." wollte er wissen und ich genoss das sanfte Vibrieren seiner Stimme unter meinem Ohr. "Tony, ich weiß es nicht... wirklich nicht. Ich..." ich runzelte die Stirn und löste mich von ihm, um ihn anzusehen. "Was würdest du tun, wenn es Rhodey wäre oder Happy? Würdest du einen der Beiden anzeigen?" wollte ich wissen, denn tatsächlich war ich mir im Moment nicht ganz sicher welcher Weg der Richtige war. Nun runzelte auch Tony die Stirn und erwiderte meinen Blick, ehe er langsam nickte "Ich weiß was du meinst..." gestand er ernst und blickte sich erneut um. "Wahrscheinlich ist es richtig, dass du erst mich gerufen hast... Wir überlegen uns eine Lösung, okay?" bot er an und schenkte mir ein aufmunterndes Lächeln. "Dafür musst du allerdings mit zu mir kommen, denn hier ist es...." er verzog das Gesicht "...echt unordentlich, so kann ich nicht nachdenken.". Lachend blinzelte ich die aufkommenden Tränen weg "Du verstehst es wirklich Frauen zu umgarnen..." erwiderte ich und genoss die streichelnde Berührung seiner Hand auf meinem Rücken "...aber in dem Fall kann ich wohl schlecht ablehnen, oder?" gab ich nach und fühlte mich tatsächlich etwas besser bei dem Gedanken heute nicht alleine zu sein.

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