Hintergedanken

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Er spürte die Wärme von Jess' Körper durch ihr Kleid strömen, als er seine Hand auf ihren Rücken legte und sie zum Fahrstuhl dirigierte. Als er sie eben in der Eingangshalle stehen sah, kam soetwas wie Nervosität in ihm auf und er fühlte sich wie ein Teenager. Was zur Hölle war nur los mit ihm?
Tony überließ Jess den Vortritt und folgte ihr dann in den Fahrstuhl, bevor er den Knopf in den obersten Stock drückte und dies mit seinem Fingerabdruck freischaltete. Sicher würde Jess nicht begeistert davon sein, wenn er sie in seine Privaträume brachte, er hatte jedoch nicht die gerinste Lust sie unter den Augen seiner Angestellten zu treffen. Pepper wusste nicht, dass sie hier war und sie wusste auch nichts von seinem Plan ihr vorerst auf geschäftlicher Ebene näher zu kommen um ihr Vertrauen zurück zu gewinnen. Als der Fahrstuhl sich in Bewegung setzte, warf er einen nachdenklichen Blick auf die Frau neben ihm. Sie wirkte angespannt und starrte die Tür vor sich an, als hätte sie Angst jeden Moment von ihm überfallen zu werden. Er betrachtete ihren Scheitel und das rote Haar und spürte ehrliche Reue in sich aufsteigen - Reue darüber, ihr das Lächeln in seiner Gegenwart genommen zu haben. Tony seufzte leise und zuckte unmerklich zusammen, als sie den Kopf drehte und ihn urplötzlich ansah. Ihr Blick wirkte fragend und sie runzelte die Stirn - was würde er dafür geben, ihr jetzt ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern!
"Ist irgendwas?" ergriff sie schließlich das Wort und strich sich eine Strähne aus dem Gesicht. Er setzte ein lässiges Lächeln auf und zuckte mit der Schulter "Nope, alles in Ordnung. Wir sind da." bemerkte er erleichtert und nickte in Richtung der sich öffnenden Fahrstuhltüren. Was hätte er denn jetzt auch antworten sollen?
Jess wirkte dermaßen angespannt und vorsichtig, dass er befürchtete, sie würde sofort die Flucht ergreifen wenn er auch nur irgendeinen Fehler begann. Jess trat aus dem Fahrstuhl und sah sich aufmerksam um - er jedoch konnte den Blick kaum von ihrem Hinterteil nehmen, der in diesem engen, blauen Wollkleid perfekt zur Geltung kam. Tony schluckte und bemühte sich, seine schmutzigen Gedanken unter Kontrolle zu halten, dies war wirklich nicht der richtige Zeitpunkt dafür!
Er trat an ihr vorbei und wies in Richtung des großzügigen Wohnraumes, woraufhin sie erneut misstrauisch die Augen zusammenkniff und sich zu ihm umdrehte. Sie wirkte wütend und in diesem Moment wusste er, dass es ein schwerer, langer Weg werden würde um ihr Vertrauen zurückzugewinnen und vielleicht eine zweite Chance zu erhalten.
In den letzten Tagen - seit er sie zum ersten Mal wieder gesehen hatte - wurde ihm mehr und mehr bewusst, dass er sie an seiner Seite wollte. Er schien tatsächlich dazu in der Lage zu sein, Gefühle für eine Frau zu entwickeln und je mehr ihm dies bewusst wurde, umso mehr hasste er sich für sein Verhalten in der Vergangenheit. Er war sicher kein Romantiker und er glaubte auch nicht an Liebe auf den ersten Blick und solchen Kram - dennoch... dass der Zufall sie nach zwei Jahren in die selbe Stadt geführt hatte... es war wie ein verdammtes Zeichen!
"Oh nein...." entfuhr es Jess und sie versuchte an ihm vorbeizueilen. Geistesgegenwärtig streckte er seinen Arm aus um sie aufzuhalten "Wir fangen mit Sicherheit nicht wieder mit sowas an! Ich sagte recht deutlich, dass diese Beziehung rein geschäftlich wird, oder?" ihre Augen funkelten wütend und mitten in diesem Funkeln konnte er einen Hauch Verletzlichkeit erkennen. Erneut überkamen ihn die Schuldgefühle und erneut fragte er sich, was diese Frau mit ihm angestellt hatte.
"Rein geschäftlich." wiederholte er ernst und erwiderte ihren Blick, bemüht sich sein Gefühlschaos nicht anmerken zu lassen. Jess kniff die Augen zusammen und trat einen Schritt zurück um sich von seiner Berührung zu befreien "Nun, das wirkt hier nicht gerade geschäftlich..." sie wies mit einer ausladenden Geste auf seine Privaträume "Müsste ich raten, würde ich behaupten, dies wären deine Wohnräume" ein säuerliches Lächeln trat auf ihr Gesicht.
Er könnte sie jetzt natürlich belügen, doch Jess war schlau genug um dies zu durchschauen, also entschloss er sich für die Warheit.. oder zumindest das, was der Wahrheit am Nähesten kam. "Dies sind durchaus meine Privaträume, ich habe leider kein eigenens Büro, aber wir können uns gerne oben in der Werkstatt unterhalten - ist weniger kuschelig als hier" erwiderte er in lockerem Ton und zuckte mit der Schulter. Jess schien darüber nachzudenken, ob sie ihm diese Erklärung glauben sollte und sah sich einen Moment lang nachdenklich um.
"... wir können uns sonst gerne auch hinunter in eines der Großraumbüros setzen, werden da aber sicher ständig gestört" schlug er vor und wies mit seinem Arm in Richtung des Fahrstuhles hinter ihm. Jess seufzte ergeben und schüttelte den Kopf "Schon okay... lass uns nach oben gehen. Vielleicht habe ich dir unrecht getan.." murmelte sie und verzog den Mund. Wenn sie wüsste wie sehr sie mit ihrer Vermutung recht hatte! Er würde Alles daran setzen, um diese Frau für sich zu gewinnen.
"Hab ich eben richtig gehört? Du...du gibst zu, mir unrecht zu tun?" wiederholte er in gespielt überraschtem Ton und zog beide Augenbrauen in die Höhe als er sie ansah. Jess verdrehte die Augen und folgte seinem ausgestrecktem Arm, um die Treppe zu seiner Werkstatt zu betreten. "Übertreib es nicht Stark!" rief sie ihm über die Schulter zu und schenkte ihm einen kurzen Blick "...so unrecht ist es dann nämlich doch nicht. Typen wie du haben immer Hintergedanken..." murrte sie und sah ihn abwartend an, als sie oben ankam.
Tony unterdrückte ein Lächeln, sie hatte ja recht! Dennoch waren seine Hintergedanken längst nicht mehr darauf beschränkt sie einfach nur ins Bett zu bekommen, doch das konnte Jess ja nicht ahnen.
Er öffnete die Tür zu seiner Werkstatt und ließ sie eintreten, bevor er ihr folgte. Jess' Augen wurden groß, als sie sich umsah - selbst in der Vergangenheit hatte er sie nie in sein Allerheiligstes gelassen und der Anblick all seines technischen Schnickschnacks schien sie gerade etwas milder zu stimmen. "Wahnsinn..." murmelte sie und schien für einen Moment ihren Schutzmechanismus zu vergessen.
Er schob die Hände in seine Hosentaschen und lehnte sich an den Türrahmen um sie einen Augenblick zu beobachten. Ein leises Lächeln trat auf Jess' Gesicht, als sie ihren Blick durch den Raum schweifen ließ und Tony spürte sehr deutlich, wie sich sein Herzschlag beschleunigte. Es schien wohl tatsächlich so, wie Pepper es von Anfang an vermutet hatte - einer von Beiden würde sich verlieben. Doch war es diesmal nicht die Frau, die sich in ihn verliebte...

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