Jess teilt aus

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"Schätzchen... Jess..." rief Tony mir nach und folgte mir aus dem ramschigen Pfandhaus - in einer der schlimmsten Ecken Brooklyns - auf den schummrig beleuchteten Gehweg. "Nun bleib doch..." fluchte er leise und griff nach meinem Arm um mich am Weitergehen zu hindern. "Das war unnötig Tony" stellte ich säuerlich klar und sah ihn an - bemüht mein Temperament in Zaum zu halten und mich daran zu erinnern, dass er es nur gut meinte. Tony hob die Augenbrauen und blickte mich an "Kommt drauf an aus welchem Blickwinkel man es betrachtet..." bemerkte er entschieden. Mein Blick wanderte zu den Männern, die neugierig zu uns herüber sahen und lässig an der schmutzigen Hauswand lehnten. "Hier geht es um MEINEN Blickwinkel Tony..." erinnerte ich ihn und fixierte die Männer mit finsterem Blick, die uns noch immer beobachteten."Was glotzt ihr denn so dämlich?!" rutschte es mir lautstark heraus - scheinbar musste ich die Sache mit meinem Temperament noch ein wenig üben. "Bist du denn..." fluchte Tony leise und blickte über seine Schulter zu den Männern, die sich nun von der Wand abstießen und scheinbar darüber nachdachten uns Gesellschaft zu leisten. Okay, ich bereute meinen Ausbruch ja schon! "Sorry Jungs..." rief ich - doch diesmal nur halb so laut. "Jess! Hör auf damit..." zischte Tony erneut und lotste mich mit festem Griff zu seinem Wagen, ohne die "Jungs" dabei aus den Augen zu lassen.Die jungen Männer blickten uns neugierig nach, als Tony mit lautem Motorgeheul aus der Parklücke schoss und sich konzentriert in den Verkehr einordnete.


"Tu...das nie wieder!" knurrte er und warf mir einen finsteren Seitenblick zu. Reumütig verzog ich den Mund, blickte ihn jedoch nicht an "Das ist mein ernst Jessica... Dein feuriges Temperament in allen Ehren, aber du hast ein Händchen dich mit den falschen Leuten anzulegen..." tadelte er mich und bewirkte damit, dass ich trotzig mein Kinn nach vorn schob.Ja, Tony hatte recht... aber ich war frustriert und wütend und konnte dies ja schlecht an dem Mann auslassen, der Alles tat um mir zu helfen, oder? "Du hattest kein Recht dazu..." maulte ich stattdessen leise und spielte damit auf sein Verhalten in dem Pfandhaus an. Tony war typisch Tony und hatte den superreichen Milliardär heraushängen lassen um den dicken Kerl hinter dem Tresen zu erpressen und mein Zeug zurück zu kaufen. Im Anschluss daran hatte er gedroht nicht nur ihn, sondern auch Nick lebenslang hinter Gitter zu bringen - zur Not mit der Menge an Kontakten die er bei Polizei und Staatsanwaltschaft hatte. "Du wirst mein Zeug nicht zurück kaufen, hörst du? Ich möchte das nicht und schaffe das schon alleine..." stellte ich zum wiederholten Male klar und blickte ihn fest an. "Ich möchte doch nur..." begann er und warf mir einen schnellen Seitenblick zu, doch ich unterbrach ihn. "...ja du möchtest helfen und das tust du... Aber du kaufst NICHT meine Sachen zurück und wirst auch Niemanden und schon gar nicht Nick in Tony Stark Manier ins Gefängnis bringen, okay? Egal was Nick getan hat, er..." ich seufzte tief und schloss die Augen "...er ist... Nick war immer für mich da, mein ganzes Leben lang war er Alles was ich hatte... zwing mich nicht, mich zu entscheiden Tony, denn das werde ich nicht. Niemals..." machte ich ihm meinen Standpunkt klar und atmete tief ein.


Stirnrunzelnd lenkte Tony den Sportwagen an den Straßenrand und stellte die Warnblinkanlage an, ehe er sich zu mir drehte und mich streng ansah. "Ich werde dich nicht vor die Wahl stellen, Jess - niemals, denn ich halte dich für intelligent genug das Richtige zu tun wenn es soweit ist..." erwiderte er in ruhigem Ton "Aber du solltest wissen, dass ich keine Sekunde zögern werde, wenn es darum geht dich vor Etwas oder Jemanden zu bewahren, der dir auch nur ansatzweise schadet. Geht es um die Wahl zwischen ihm und dir, dann gibt es für mich keine Wahl und auch keine Diskussionen darüber - klar, soweit?" sein Blick wirkte ernst, als er die Augenbrauen hob und mich fest ansah. Schluckend nickte ich und fragte mich, ob ich in diesem Moment eine andere Wahl hatte als dem zuzustimmen - Tony würde so oder so seinen Willen durchsetzen, denn er schien fest entschlossen. "Glasklar..." murmelte ich leise und senkte den Blick - es war einfach eine schwierige Situation für uns Alle und ich durfte ihm gegenüber nicht unfair sein. Er versuchte mir zu helfen und das Richtige zu tun, doch Tony hatte einfach keinerlei Beziehung zu Nick und war dadurch auch wesentlich objektiver in seiner Einschätzung. Ich konnte es ihm nicht verübeln, dass er die Dinge so sah wie er sie nunmal sah - doch andersherum durfte er dies auch nicht. Seufzend blickte ich geradeaus auf die Straße und beobachtete die vorbeiziehenden Lichter der Straßenlaternen.


"...und solltest du noch einmal vorhaben jugendliche Gang-Mitglieder auf offener Straße anzuschreien, sag mir bitte vorher Bescheid damit ich meinen Wagen in Sicherheit bringen kann - es wäre wirklich ärgerlich, wenn er Beulen oder Kratzer davon tragen würde, wenn du diese Jungs eigenhändig platt machst..." fügte er schmunzelnd hinzu und scherte den Audi schwungvoll zurück in den Verkehr.


GANG-MITGLIEDER?!Erschrocken riss ich die Augen auf und schluckte - vielleicht sollte ich ernsthaft an meinem Temperament arbeiten, denn andernfalls konnte ich mich mit meiner großen Klappe in ernsthafte Schwierigkeiten bringen. Tony's leises Glucksen und der bemüht ernste Gesichtsausdruck verrieten mir, dass er meinen erschrockenen Blick bemerkt hatte. Konzentriert versuchte ich meine Gesichts-Entgleisung zu kontrollieren und mir den kleinen Schock nicht weiter anmerken zu lassen - dennoch war ich mir sicher, dass ich diese Geschichte noch ein oder zwei Male zu hören bekommen würde.

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