Neuanfang

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Zwei Jahre später...

"Herzlichen Glückwunsch, wir haben den ersten Tag erfolgreich überstanden! Ihr wart toll, danke dafür!" lächelte ich meine beiden Mitarbeiter Josh und Karen an und vermutlich strahlte ich über das ganze Gesicht. "Du wirst doch jetzt nicht etwa weinen, oder?" bemerkte Josh und sah mich skeptisch an.
Tatsächlich hatte mich der Neuanfang hier in New York viele Tränen gekostet und ohne die Beiden hätte ich es sicher nicht gewagt.
Nach dem Desaster mit Tony Stark, folgte das nächste Drama - und zwar mit Nick! Er schien nach und nach ohne mein Wissen im Cafe aufzutauchen um sich regelmäßig am Safe zu bedienen - bis es irgendwann auffiel und ich ihn zur Rede stellte. Nach etlichen Wochen hin und her, hatte ich dann endlich herausgefunden, dass er dank seines neuen Partners Tom mehr und mehr in den Drogensumpf abrutschte und sich durch die kleinen "Zuschüsse" aus unserem Safe sein neues Hobby finanzierte.
Ich war gelinde gesagt am Boden zerstört gewesen und hatte Nick unter Tränen immer und immer wieder angefleht sich von mir helfen zu lassen - mit dem Ergebnis, dass er jeglichen Kontakt zu mir bis heute unterband. Durch Zufall hatte ich herausgefunden, dass er seine Zelte in Florida aufgeschlagen hatte. Zwar hatte ich ihm noch ein letztes Mal zugesichert, dass er immer zu mir kommen könne - sollte er jemals Hilfe benötigen, doch hatte ich nie mit einer Anwort gerechnet.
Während ich nur noch ein Schatten meiner Selbst war und verzweifelt versuchte All dies zu verarbeiten, ließ Tony über mehrere Wochen und Monate hinweg nicht locker - er suchte immer wieder das Gespräch mit mir, bis ich irgendwann beschloss aus Allem auszubrechen.
Zu dieser Zeit hatten auch Karen und ihr Verlobter Josh beschlossen nach New York zu ziehen... Aus einem spontanen Impuls heraus, entstand dabei die Idee des kleinen Bistro's. Josh und Karen hatten sich in dieses kleine Unternehmen mit eingekauft und waren somit nicht nur meine Mitarbeiter, sondern auch meine Partner - und sie halfen mir auf unglaubliche Weise aus diesem tiefen, dunklen Loch zu entrinnen in dem ich gefangen war.
Nach etlichen Monaten des Schweißes und der Entbehrungen - Nick hatte ein erhebliches Loch in mein Budget gefressen - hatten wir heute unseren ersten Tag offiziell eröffnet. Das kleine Pre-Opening vor einigen Tagen, an dem eine handvoll erlesener Gäste, sowie die Presse anwesend waren, war bereits ein kleiner Erfolg gewesen - doch heute hatten wir voll abgeräumt!
Ich blickte Karen an, die trotz oder gerade wegen ihrer Kurven eine der schönsten Frauen war die ich kannte - auch innerlich. Ohne sie hätte ich die letzten beiden Jahre mit Sicherheit nicht überstanden, denn sie erwies sich als wahre Freundin in der Not. Zusammen mit ihrem Josh hatte sie hier mächtig mit angepackt und mir vor wenigen Monaten sogar noch Obdach gewährt, als ich mein Geld für eine neue Bleibe zusammenhalten musste.
"Ich heule nicht..." entgegnete ich bestimmt und sah den dunkelhaarigen Mann mit den wansinnigen blauen Augen an "...aber ich bin eben froh, dass dies hier so toll geklappt hat!".
"Na Gott sei dank ist endlich Schluss damit." murrte Josh und grinste dann froh in die Runde. Karen schüttelte den Kopf und sah ihren Verlobten vorwurfsvoll an - die Beiden waren wirklich einmalig!
"So, ich werde jetzt hier aufräumen und ihr seht zu, dass ihr nach Hause kommt!" beschloss ich und wedelte mit der Hand in Richtung des Paares. "Wir können doch noch helfen Jess..." widersprach Karen und sah mich stirnrunzelnd an. "Nichts da, ihr habt diesen kleinen Moment der Zweisamkeit mehr als verdient. Also husch, husch!" erwiderte ich streng und blickte meine Freundin an. "Na gut... Mach aber nicht zu lange" lenkte sie schließlich ein und gab mir einen Kuss auf die Wange, ehe sie zusammen mit Josh ihre Sachen holte und dann breit grinsend den Laden verließ.
Seufzend sah ich den Beiden nach, ich hatte wirklich großes Glück gehabt sie in meinem Leben zu haben, als ich es am Dringendsten brauchte! Das Bistro hatte uns einige Mühe gekostet, aber es wirkte mit dem kleinen Kamin in der Ecke mehr als gemütlich und selbst die wenigen Sitzplätze vor der Tür hatten dank Karens grünem Daumen etwas heimeliges. Ich strich über die Lehne einer der bequemen Sessel, die wir statt normaler Stühle im Innenbereich nutzten und blickte auf die vielen, kleinen Details, die diesen Ort an ein Wohnzimmer bei Freunden wirken ließen - selten war ich stolzer gewesen als in diesem Moment.
Lächelnd trat ich vor die Tür um die Tische und Stühle zusammen zu stellen und anzuketten, damit diese nicht den örtlichen Langfingern zum Opfer fielen. Als ich vor dem Stapel Stühle kniete, fragte ich mich urplötzlich, was Nick wohl gerade tat und ob es ihm wohl gut ging - noch immer tat dieser Verrat an unserer Freundschaft weh - wenn ich auch wusste, dass er da in Etwas hineingeraten war, aus dem er sich schwer befreien konnte. Noch immer hoffte ich jeden Tag, dass er sich einfach bei mir melden würde und wir diesen Albtraum beenden konnten.
Seufzend erhob ich mich und strich meine rote Haarsträhne aus dem Gesicht - wenn sich in meinem Leben auch Einiges verändert hatte, so hatte ich zumindest die Farbe behalten.
"Herzlichen Glückwunsch Jess..." ertönte hinter mir eine leise Stimme, die ich nur zu gut kannte. Eine Stimme, die ich zwei Jahre lang versucht habe zu vergessen und die mich noch manchmal Nachts in meinen Träumen verfolgt hatte - eine Stimme die mich so sehr verletzt hatte und die mit dazu beigetragen hatte, dass ich in dieses dunkle Loch abgestürzt war. Mit klopfendem Herzen drehte ich mich um und starrte direkt in die braunen Augen von Tony Stark - doch statt Freude spürte ich in diesem Moment nur völlige Leere.

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